Gebäude war ein „aput cimiterium in dote ecclesie sancti Stephani"(am Fried hofaufdem Widum der St. Stephanskir che) stehendes, dem Kloster Zwettl ge höriges Haus,^^ das wir bis 1228 zurück verfolgen können.^' Damals war es an den „cementarius" (Maurer) Johannes vermietet gewesen;dessen Witwe war es von Herzog Friedrich II. von Österreich (reg. 1230-1246)entzogen worden,ein im Jahre 1255 gefällter Schiedsspruch hatte es ihr zurückgestellt.^"' Unter der Regie rung des Abtes Ebro (1273-1304) wurde das Kloster Zwettl zum Verkauf des Hauses genötigt; ein Ordenschronist be richtet darüber:''® „quia ex adverso chori sita erat, coacti sumus vendere civibus pro quinquaginta marcis argenti puri" (weU es dem Chor im Wege stand, wur den wir gezwungen, es den Bürgern Wiens um 50 Mark reinen Silbers zu verkaufen).^' Der Verkauf des Hauses auf dem Stephansfreithof muß vor dem 20. Dezember 1303, an welchem Zwettl ein Ersatzgebäude erwarb,^"erfolgt sein; die Ausstellung einer Urkunde in dem „alten" (d. h. ehemaligen) Haus des Abtes am 1. Februar 1304^® deutet an, daß dieses damals schon im Besitz der Bürger war. Wenig später dürfte es abgebrochen worden sein. Das zweite Gebäude,das dem geplan ten Chorbau zum Opfer fiel, hatte dem Kaplan der Katharinenkapelle im soge nannten Greifensteiner Haus(Stephans platz 6) als Wohnsitz gedient. Das Grei fensteiner Haus hatte im Jahre 1214 dem Passauer Domherrn und herzoglichen Protonotar Ulrich gehört,'® die von ihm damals gestiftete Katharinenkapelle be fand sich im Obergeschoß der zum Ste phansfriedhof gerichteten Front. Von Ulrich, der 1215-1221 Bischofvon Passau gewesen war, waren Haus und Kapelle ans Bistum Passau gekommen und noch 1234 in dessen Besitz gewesen." 1237 ist bereits Konrad von Greifenstein, Ange höriger eines Rittergeschlechts, das in passauischen, später in österreichischen Diensten stand, als Kapellenpatron und damit als Hauseigentümer bezeugt."^ Konrads Enkelin Margarete und ihr Gemahl Otto von Steyr hatten Haus und Kapelle 1301 um 140 Mark Silber an Gundakar von Passau und dessen Frau Elisabeth veräußert.'-' Der Weiterver kauf an das Stift Zwettl um 340 Mark wurde am 20. Dezember 1303 von Bür germeister und Rat der Stadt Wien genehmigt, allerdings erst nach Inter vention des damaligen Landesfürsten König Albrecht I. und seiner Gemah lin," Damit hatte Zwettl einen Ersatz für sein früheres, den Bürgern überlassenes Haus gefunden; Ansprüche einer Alhaid von Greifenstein wurden am 1. Februar 1304 mit4Mark abgegolten. Der Weltgeistliche, der als Kaplan die Katharinenkapelle betreute und ihr Ver mögen verwaltete, wohnte nicht im Greifensteiner Haus, sondern in einer „domus cappellarii contra capellam"'" (einem Kaplanhaus gegenüber der Ka pelle), also gegenüber der heutigen Hausfront Stephansplatz 6 und damit auf einem Teil des für den Chorbau vorgesehenen Areals. Stift Zwettl war mit dem Erwerb des Greifensteiner Hau ses am 20. Dezember 1303'"' Patron der Katharinenkapelle und ihres Vermö gens, zu dem auch das erwähnte Ka planhaus gehörte, geworden. Doch liest man im Zwettler Stiftungsbuch: „cives wiennenses nolebant admittere ut domum capellani sancte Katherine in Wienna teneremus,sed ad hoc nos impulerunt ut eam quantocius venderemus""'(die Wiener Bürger wollten nicht zulassen, daß wir das Haus des Kaplans von St. Katharina behalten, sondern bedrängten uns, es vielmehr zu verkau fen). Die Zwettler holten hiezu die Er laubnis des Bischofs von Passau ein, die am 23. Dezember 1304 erteilt wurde.'" Unter demselben Datum inkorporierte der Bischof die Katharinenkapelle samt ihrem verbliebenen Vermögen dem Stift Zwettl,"'® am 3. Februar 1305 wiederholte er die Inkorporation mit der Begrün dung „quod domus seu dos dicte Capelle quam capellarius inhabitare consuevit et debuit est ab eadem capella irrecuperabiliter alienata propter quod per capellarium carentem certo hospicio dicta ca pella non bene poterat provide gubernari"'"' (weil dieses Haus oder Widum der genannten Kapelle, das der Kaplan zu bewohnen pflegte, von der Kapelle unwiederbringlich veräußert worden ist und weil die Kapelle von einem Kaplan, der eines besonderen Wohnsitzes ent behrt, nicht ordentlich verwaltet werden kann). Die letztwUlige Widmung von 10 Pfund „hinz sand Stephan zu dem Chore" durch Margarete Preußlin, Toch ter des prominenten Wiener Bürgers Otto vom Hohen Markt,am 16. Novem ber ISOG"^ zeigt an, daß der Bau des neuen Chores damals schon begonnen hatte. Der Tauschvertrag zwischen dem Wie ner Rat und dem Deutschen Orden von 1309 Durch den Chorbau ging auch ein Stück des bisherigen Friedhofsgeländes verloren. Um Ersatz zu beschaffen, schlössen Bürgermeister und Rat der Stadt Wien als oberstes Gremium der Bürgerschaft mit dem Komtur und der Bruderschaft des Deutschen Ordens zu Wien (Stephansplatz 4) „in den veyrtagen ze den ostern" 1309, d. h. zwischen 30. März und 2. Aprü d. J. einen Tausch vertrag."'' Demzufolge erhielten Bürger meister und Rat „zu unsern vreithof der pfarre Sand Stephans" von den Deut schen Herren „im cheler, der da leit bei dem alten charner untz an die hintern chamer, diu da hayzzet ir futer gadem, vnd auch dabei ein chamer, diu da haizzet diu rot chamer, ze negste bei dem alten charner"; Holz- und Steinma terial dieser zum Abbruch bestimmten Gebäude sollten dem Orden verbleiben, desgleichen die innere Mauer,die fortan als „fridmaur" des Ordensgeländes zu dienen hatte. Außerdem überließen Bür germeister und Rat den Deutschen Herren „dio vreien strazze, diu da gie zwischen irm haus vnd der herren der priester hous, vnd der priester hous so vil dar zu, daz si als weit da gewinnen, sam si vns an irm cheler geben habent, vnd zu derselben weit geben wir in danoch vier daumeilen von der vorge nanten priester hous vnd von ir garten, vnd geben in auch die vorgenanten weite an der lenge von der Priester ekke auzdem vreithofuntz in die Sunichinger strazze auz vnd auz, vnd dar zu avch fünfzich pfund pfeninge wienner mvnse. Si soln auf dieselben hofmarich powen irn cheler mit zwain tueren, ain in den vreythof und ain in die Sunichingerstrazze..." Das Abbruchmaterial vom abgetretenen Teil des Priesterhauses verblieb der Stadt. Sollte diese zu einem späteren Zeitpunkt auch den vom Orden neu zu erbauenden Keller benötigen,sei dies ein Jahr vorher anzuzeigen, die 50 Pfund seien auch in diesem Fall an den Orden zu entrichten. Den Keller und die rote Kammer, die der Stadt Wien zum Abbruch für die Erweiterung des Friedhofsgeländes überlassen wurden, haben wir offenbar dort zu suchen, wo die heutige Fassade des Deutschordenshauses (Stephans platz 4) gegenüber der Südostseite des gotischen Chores auffallend abgeschrägt ist. Das an den Orden abgetretene und zur Verbauung bestimmte Gäßchen ver lief vermutlich in Richtung des Durch ganges, der heute von der Singerstraße in den ersten Hofdes Deutschen Hauses führt; der westlliche Eingang zur Deutschordenskirche, heute von diesem Durchgang zugänglich, dürfte sich bis 1309 zu dem erwähnten Gäßchen geöff net haben. Der dem Orden überlassene Teil des Priesterhauses und -gartens, zum Umbau in einen von der Singer straße bis zum Stephansfriedhof rei chenden Keller bestimmt, reichte ver mutlich von jenem Gäßchen bis zur heutigen Churhausgasse, die demnach erst 1309 als Ersatz für das verbaute ältere Gäßchen angelegt wurde. Bei dem Priesterhaus, über welches Bürgermeister und Rat 1309 verfügten, dürfte es sich um die erste Unterkunft jener Korporation gehandelt haben, die von Gerhard, Pfarrer zu St. Stephan (1252-1271) vor dem 25. November 1267 unter dem Titel „zecha sacerdotum ec clesie Sancti Stephani" (Zeche, d. h. Bruderschaft, der Priester von St. Ste phan)gegründet worden war"'' und spä ter als „Our" oder „Chur" (von cura animarum,Seelsorge)bezeichnet wurde; sie bestand aus einem Curmeister(Chor meister) und acht weiteren Priestern, die man „octogenarii" (Achter) nannte, sowie vier Vikaren."""' Nach teilweisem Abbruch des Priesterhauses dürfte die Our, wie aus einer Urkunde von 1342 erschlossen werden kann, in ein Haus auf dem heutigen Areal Stephansplatz 5 übersiedelt sein;""' den Rest des einsti gen Priesterhauses, der einen Teil des heutigen Areals Stephansplatz 3 ein nahm, bestimmte die Stadt Wien zum Sitz der Steinhütte (Bauhütte) von St. Stephan.'*' Aus dem Tauschvertrag von 1309 geht schließlich auch die Lage des ersten Karners von St. Stephan hervor; er stand südöstlich der spätromanischen Kirche im Winkel zwischen Chor und südlichem Querhaus und wird, wie schon erwähnt, 1227 erstmals genannt."'" 1309 wird er als alter, d. h. ehemaliger 8
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