Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

der herzoglichen Kanzlei und in der gesamten landesfürstlichen Verwaltung. Wiederholt wird er als obrister Schreiber der fjirste7i in Osterreich'^\ einmal auch als Chantzler"- bezeichnet. Oft wohnte er den Abrechnungen landesfürstlicher Ämter und Mautstellen bei""; gelegent lich fanden diese Abrechnungen in sei nem eigenen Haus statt"'. 1324 war er gemeinsam mit dem Herzogen Albrecht und Otto Zeuge der Entscheidung päpst licher Inquisitoren in einer Streitsache des Propstes Stephan von Klosterneuburg""'. 1333 war er mit den Bi schöfen von Passau und Lavant, dem Landmarschall und weiteren Adeligen Garant für die Einhaltung des zwischen dem Bischof von Freising und den Her zogen vor Osterreich geschlossenen Ver gleiches"". Den Herzogen half er gele gentlich auch mit Geldsummen aus"'. Die enge Beziehung Pfarrer Heinrichs zu den Habsburgern zeigt auch die Tat sache, daß er den Fronleichnamsaltar in der Stephanskirche auch zu deren See lenheil gestiftet (in remedium animarum videlicet serenissimi Principis dive memorie Domini mei Romanonm Regis Friderici necnon progenitorum atque Fratrum suorum, dominorum meorum, ülustrium ducum Austrie et Styrie eorumque heredumj"'* und das Patronatsrecht über diesen Altar dem Herzog vorbehalten hat. Die Stiftungsurkunde"" für den Fron leichnamsaltar beweist auch das pastorale Bemühen des Pfarrers Heinrich. So mo tivierte er diese Stiftung auch mit seiner Sorge für den Fortschritt der Seelsorge der ihm anvertrauten Pfarrgemeinde(de commissa michi plebis cura profectu sollicitus). Die Feier des Fronleichnams festes, das für die Gesamtkirche erst kurz zuvor eingeführt worden war, war von Pfarrer Heinrich von Luzern früh für seine Pfarre übernommen worden. So bestimmte er, das Fronleichnamsfest sollte auch in Zukunft auf die gewohnte und bisher von ihm geübte Weise(more solito et usque nunc per me peracto) gefeiert werden. Auch die feierliche Fronleichnamsprozession war 1334, als Pfarrer Heinrich den Fronleichnamsal tar stiftete,schon eine vertraute Einrich tung (processio consueta et solempms). Pastoral begründet war auch die Be stimmung, der jeweilige Kaplan des Fronleichnamsaltares müsse Priester sein (non aiius nisi presbyter et in sacerdocio constitutus) und persönlich am Ort seiner Stiftung residieren. Es war dies ein Versuch, den Auswüchsen des Pfründenwesens zu begegnen. In der Urkunde von 1334 wird auch ein Verwandter Heinrichs genannt, nämlich sein verstorbener Onkel Hein rich, der Pfarrer von Laa gewesen war (avunculi mei Magistri Hainrici, Plebani de La). Dieser hatte die Pfarre Laa seit etwa 1310 innegehabt und war Schreiber und Kaplan Herzog Friedrichs gewesen"". Er starb vor dem 15. Juni 1334. Die Quellen nennen mit Rudolf von Frienbach auch einen Bruder des Pfarrers von St. Stephan'". Dessen Tochter Margaretha, also seiner Nichte, versprach Pfarrer Heinrich eine Aus steuer von 400 Gulden anläßlich ihrer Hochzeit mit Rudolfvon Iberg"^. Heinrich von Luzern, der demütige Diener und Pfarrer der Kirche zum hl. Stephan in Wien(ecclesiae S.Stephani in Wienna humilis minister et plebantisj"" starb am 11. Juni 1336. Er wurde in der Stephanskirche begraben. Da die Partner des Vertrages vom 9. Anril 1323 auch 1336 noch dieselben waren, dürfte der auf Heinrich von Luzern folgende Pfarrer von St.Stephan wieder einhellig bestellt worden sein. Diesmal fiel die Wahl auf Albrecht von Hohenberg""; dieser war ebenfalls ein Verwandter der Habsburger:sein Vater, Rudolf Graf von Hohenberg,Rottenburg und Haigerloch war ein Neffe der Anna von Hohenberg, der Gemahlin König Rudolfe I. Um 1303 geboren, hatte er 1317 schon die landesfurstliche Pfarre Großrußbach und ein Kanonikat in Kon stanz, wo er studierte, inne. Zusätzlich besaß er drei Pfarren in Schwaben, die dem Patronat seines Vaters unterstan den.In Paris erwarb er das Lizentiat im Kirchenrecht (Iicentiatus in decretis) und hielt hier auch Vorlesungen. In dieser Zeit erhielt er auch eine Domher renstelle in Straßburg. 1329 wurde er in einer zwiespältigen Wahl zum Bischof von Konstanz gewählt, konnte sich aber nicht als Bischof durchsetzen. In den dreißiger Jahren erwarb er sechs wei tere Pfründen, darunter - wohl bald nach dem Tod Heinrichs von Luzern - die Pfarre St. Stephan. Als Pfarrer von St. Stephan ist er urkundlich erstmals am 7. Jänner 1338 bezeugt"'. Höhere Weihen hatte er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht empfangen. Albrecht von Hohenberg war zunächst Parteigänger Ludwig des Bayern. In dieser Zeit war er auch kaiserlicher Landvogt im Elsaß, seit 1340 auch Kanzler Kaiser Ludwigs. 1342 wurde er von Papst Klemens VI. dazu bewogen,den Dienst beim gebann ten Kaiser aufzugeben und in den Dienst der Kurie zu treten. Bis 1345 war Al brecht von Hohenberg dann wiederholt in Avignon.1344 war er wieder Kandidat für das Bistum Konstanz, wurde aber nicht gewählt. Als Entschädigung wurde er 1345 vom Papst mit dem Bistum Würzburg betraut; dafür sollte er aber seine bisher innegehabten sieben Pfar ren-darunter auch St.Stephan-aufge ben. Da er sich aber zunächst nicht als Bischof in Würzburg durchsetzen konnte, erhielt er die Erlaubnis, die genannten Pfründen noch beizubehal ten. Schließlich erhielt er am 7. Oktober 1349 das Bistum Freising. Wieder wurde ihm erlaubt, die übrigen Pfründen - auch St. Stephan -bis zur tatsächlichen Besitzergreifung des Bistums Freising beizubehalten; gleichzeitig wurde ihm aber auferlegt, wenigstens die Subdiako natsweihe innerhalb eines Jahres zu empfangen. Schließlich wurde Aibrecht von Hohenberg am 21. August 1351 im habsburgischen Familienkloster Königsfelden zum Bischofgeweiht. Er starb als Bischof von Freising am 25. April 1359. Ob Albrecht von Hohenberg angesichts seiner zahlreichen Pfründen eine engere Beziehung zur Pfarre St. Stephan,die er vor dem 31. Mai 1350 aufgab'"', hatte, ist nicht bekannt.In den Urkunden,die ihn als Pfarrer von St. Stephan nennen"", wird er jedenfalls stets nur als Grund herr genannt. Am 31. Mai 1350 wird erstmals Leo pold von Sachsengang als Pfarrer von St. Stephan genannt"'. Auch er dürfte seine Ernennung dem Landesfursten verdankt haben, hatte er doch mit der Pfarre Guntramsdorf 1342 schon eine andere landesfürstliche Pfarre inne"'. Leopold von Sachsengang war der letzte selbständige Pfarrer von St. Stephan: 1365 gingen die Rechte des Pfarrers von St. Stephan auf den Propst des von Herzog Rudolf IV. gegründeten Kollegiatkapitels an der Stephanskirche über."" Leopold von Sachsengang ver zichtete auf die ihm angebotene Propst würde und resignierte am 16. März 1365 auf die Pfarre St. Stephan. Als Entschä digung erhielt er die Pfarre Großruß bach. Er starb am 1. Februar 1366 und wurde in der Stephanskirche begraben. Anmerkungen: 'Vgl. Rudolf Zinnhobler, Die Passauer Bistumsmatrikeln für das westliche Offizialat. Bd. 1. Passau 1978(=Neue Veröf fentlichung des Institutes für Ostbairische Heimatforschung 31a)8-18. - Rudolf Zinnhobler (Hrsg.), Die Pas sauer Bistumsmatrikeln , Bd. 5, Passau 1989(= Neue Veröffentlichung des Insti tutes für Ostbairische Heimatforschung 45b)311. " Zum Patronatsstreit um St. Stephan vgl. bes. Ernst Klebel, Zur Frühge schichte Wiens, Wien 1932(= Abhand lungen zur Geschichte und Quellen kunde der Stadt Wien 4) 39-49; Viktor Flieder, Stephansdom und Wiener Bis tumsgründung. Eine diözesan- und rechtsgeschichtiiche Untersuchung, Wien 1968 (= Veröffentlichungen des Kirchenhistorischen Instituts der Katho lisch-Theologischen Fakultät der Uni versität Wien 6)58-70. 'Vgl. dazu die jüngste zusammenfas sende Darstellung von Richard Perger, 850 Jahre Tauschvertrag von Mautern, in: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte 28(1987)34-37. •' QGStWI/l,Nr. 1. " Vgl.Flieder(wie Anm.3)59f. 'QGStW I/l, Nr. 23 und 24(Regesten). Druck der Urkimde in: Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, Bd.2, Wien 1955, Nr. 364; als Datierung wird dort der 24. September 1240 angegeben. " Vgl. Alfred Kostelecky, Die Rechtsbe ziehungen zwischen den Seelsorgern und dem Kapitel am Wiener Dom.Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung, Wien 1963(= Wiener Beiträge zur Theo logie 1)49. "Zu ihm vgl.FUeder(wie Anm.3)61-63. Flieder,ebd.61. "Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger (wie Anm. 7). Bd. 2, Nr. 382. QGStW 1/3, Nr. 2810; Druck: Joseph von Hormayr (Hg.), Wien, seine Ge schicke und seine Denkwürdigkeiten, 2. Jg., 1. Bd., 3. Heft, Nr.CXCVII. Vgl.Flieder(wie Anm.3), 171-174. '' Vgl. Flieder(Anm.3)51-53. Ebd.51.

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