Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

am 30.September 1934'-. 1935 ging P. Eliseus Gabelseder als Rektor der Scholastiker in das von ihm gegründete Kolleg in Graz. Der Zeit punkt des Pfarrerwechsels erschien ihm in Hinblick auf die Neuorientierung in der Richtung auf die Kath. Aktion gün stig. Er meinte: ,.Es wird meines Erach tens eine mühsame Arbeit sein. Wir waren seit Jahren darauf bedacht, die diesbezüglichen Vorarbeiten zu lei sten'". Leider waren der Katholischen Aktion vor dem Krieg nur wenige Jahre der Entfaltung beschieden. Das kommende Unheil warf seine Schatten voraus: Sprengstoffattentate und NS-Terror be dingten die Errichtung von Standgerich ten und die frist- und pensionslose Ent lassung von nationalsozialistischen Be amten. P. Eliseus wollte die ihm seelsorgUch Anvertrauten vor Unbesonnen heiten bewahren, die sich so schrecklich auswirken könnten und ganzen Fami lien den materiellen Ruin,ja selbst den Zerfall bringen könnte. Laut erhebt er seine Stimme: „Ich bitte und beschwöre euch, laßt euch nicht in Abenteuer ein. die so namenloses Elend über euch bringen würden. Lieben wir doch unser schönes Vaterlandl Gott ist mit uns. Es wird alles wieder gut werden! Die kranke Welt kann nur am Geiste des Christentums gesunden - das liegt bei uns!"" Zusammenfassung: P. Eliseus Gabels eder hatte einen gesunden Sinn für die Bewältigung gestellter organisatorischer Aufgaben. Der Primiziant errichtete in Rekordzeit den Klosterbau zu Hamberg in Oberösterreich, fuhr nach Nordame rika. um neue Methoden der Seelsorge kennenzulernen. Nach Europa zurück gekehrt,stürzte er sich in die Vereinsar beit und faßte die losen Vereine in Bünden zusammen. Durch das ..System der drei Ringe" suchte er den Mädchen bund religiös zu vertiefen. Für die Pfarrseelsorge erfand er das „System der Pfarrdiakonissinnen". Durch Ideen die ser und ähnlicher Art suchte er das Pfarrleben zu Mariahilf zwischen 1923 und 1935 zu modernisierenWenn auch die Durchführung seiner Ideen im man cher Hinsicht ein Torso geblieben ist, so war es doch verdienstvoll, hier einen Anfang gemacht zu haben. P. Eliseus Gabelseder war im wahrsten Sinn des Wortes ein rastloser Seelsorger im Um bruch der Zeiten. Anmerkungen: 'Nekrolog d. österr. Provinz d. Salvatorianer,6. März 1943. ^ P. Pancratius Pfeiffer, P. Franziskus v. Kreuze Jordan,Rom 1930,S.311 ff. 'Chronik d. Marienkollegs... in Ham berg bei Passau, 1900-1936,S.58. 'Die Salvatorianer in Geschichte u. Gegenwart,Rom 1981,S.276 f. '* Generalat Korrespondenz, Mappe 4, 1909/10, Nr. 70, Archiv d. österr.-ungar. Provinz. "Wien 10, Mappe 13. Nr. 50, Archiv d. Österr.-ungar. Prov. 'P. Eliseus Gabelseder, P. Gregorius Gasser Salvatorianer. Ein soziales Prie sterleben d, Gegenwart,Wien 1915. "Manuskript im Nachlaß Gabelseder. Kollegsarchiv Mariahilf. "Chronik d. Salvatorianer-Kollegs Wien VI-Mariahilf(Abk. Ch) 1923-1935, S.3f. Ebenda S. 14. '' Mariahilfer Liebfrauen-Bote (Abk. MLB), 1925, Nr. 2, S. 4, und Mariahilfer Pfarr-Bote,32.Jg.Nr.3, 1964. '-MLB,1925, Nr. 2,S.2. "MLB.1925, Nr.3,S.3f. '' Wiener Diöz.-Blatt, Nr. 8, 31. Aug. 1924. • MLB,1926, Nr.5/6. S.2f. MLB,1926,Nr.7/8,S.2ff. "Neues Münchner Tagblatt, 6./7. 11. 1926. '"MLB,1926, Nr. 7/8,S. 12 f. '-'MLB, 1927, Nr.9, S.2. MLB,1935, Nr.34,S. 2. MLB,1931, Nr.20,S.2. -'-MLB, 1928, Nr. 11,S.5. -'MLB,1928, Nr. 12,S.2f. MLB.1930, Nr. 17. S.6. Ch.S.18. -" MLB,1935, Nr.35,S.4f. Die Salvatorianer, Gedenkblätter zu ihrem 50jährigen Bestand, 1881-1931, Wien 1931,S. 162. 1. Gedenkbuch über die Versamm lungen d. Pfarr-Diakonissinnen im Pfarrsprengel Mariahilf, 1928-1937, S. 3, Kollegsarchiv Mariahilf. MLB,1932, Nr.24.S.2f. ""Ch 10. April 1932,S.62. MLB,1929, Nr. 14,S.4. MLB,1934,Nr.32/33,S.2ff. MLB,1935,Nr. 35,S.3. =" MLB,1934,Nr.31,S.9f. Nach seinem Weggang von Maria hilf war P. Eliseus Gabelseder Superior, Rektor der Scholastiker und Familien seelsorger in Graz. Er ging dann in die süddeutsche Provinz der Salvatorianer und starb als Superior des Kollegs Griesbach im Rottal am 6. März 1943 (Nekrolog zitiert Anm.1). Erlebnisbericht eines Zeitzeugen zur Einführung der Kirchenbeiträge Von Johannes Hessel Vor 50 Jahren kam es durch staatliche Anordnung des damaligen nationalsozia listischen Regimes zur Einführung der Kirchenbeiträge in Österreich bzw. der „Ostmark". Es gibt wohl nicht mehr sehr viele Zeitzeugen, die dieses Ereig nis an der Basis der Kirche miterlebten. Mein persönlicher Erlebnisbericht als damaliger Kooperator in einer Randge meinde Großwiens kann vielleicht etwas Licht in eine für die Kirche unserer Heimat bedeutende Umwälzung bringen und falsche Vorstellungen bei derjünge ren Generation abbauen helfen. Das mit 28. April veröffentlichte und bereits mit 1. Mai 1939 in Kraft tretende „Gesetz über die Einhebung von Kir chenbeiträgen im Lande Österreich" ließ allein in seinem Wortlaut schon erkennen, daß man hier vom Regime her einen kräftigen Schlag gegen die Kirchen zu führen beabsichtigte. Offen sichtlich sollte vor allem die katholische Kirche an ihren finanziellen Grundlagen erschüttert werden. Daß dieser Plan schließlich fehlschlug, konnte damals niemand erkennen. Die Maßnahme wirkte zunächst wie ein Schock und hatte Auswirkungen in verschiedene Richtungen. Zunächst wurde sie als eine Exi stenzbedrohung für uns Geistli che erlebt, Die bisherige Regelung un serer Besoldung durch eine ebenfalls seinerzeit vom Staat diktierte Schaffung des „Religionsfonds" unter Joseph II. hatte manche Nachteile für eine freie Entfaltung der kirchlichen Tätigkeit, sicherte aber durch die „Kongrua" un sere finanzielle Existenz. Für uns Kooperatoren langte das vom Staat ausbezahlte Gehalt kaum. Die Entlohnung für die Religionsstunden, von uns gewöhnlich „Schulgeld" ge nannt, bildete eine wesentliche Ergän zung unseres Einkommens.Mit der Ein gliederung der Gemeinde, in der ich damals tätig war, in den Bereich von „Großwien" hatte man uns bereits die ser finanziellen Quelle beraubt. Denn im Raum von Großwien durfte der noch geduldete „Konfessionsunterricht" nicht mehr von Geistlichen erteilt werden,die an der zugehörigen Pfarre angestellt waren. Die Entfernung der pfarrlichen Seelsorger von den Schulen sollte vor allem den Kontakt zwischen Pfarre und Schule zerstören. Wenn ich mich an diese Zeit zurück erinnere, bestand meine Haupttätigkeit als Kaplan, wie wir nun genannt wur den, neben der sehr eingeengten Seelsorgetätigkeit im Ausfertigen von Aus zügen aus den kirchlichen Standesbü chern und entsprechenden Eintragun gen in den „Ahnenpässen" zum Zweck des geforderten „Ariernachweises". Bei diesem Geschäft saß ich oftmals bis in die Nachtstunden in der Kanzlei der Pfarre. Sicher völlig unbeabsichtigt vom herrschenden System, war damit doch auch ein gewisser Kontakt mit den Menschen ermöglicht, der uns bei der sonst aufgezwungenen Isolierung auf Kirche, Sakristei und Pfarrhof seelsorg lich zugute kam.Da bei älteren Kirchen büchern vielfach ein Namensindex fehlte, legte ich in mühsamer Arbeit Generalregister zu allen Taufen, Trauungen und Sterbefällen an. Mein damaliger Pfarrer hatte mir fast aus schließlich die Ausstellung von Matri kenauszügen übertragen, wohl auch mit 52

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=