Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Führer,er solle ihn zum Hochaltar,zum Throne seiner Hoffnung,zur Mutter der Gnaden führen. Der Bub tat dies. Dann ging er nach Hause und versprach dem blinden Antonius, etwa um 12 Uhr wie derzukommen und ihn zurückzuführen. Der arme Blinde erweckte Akte der Hoffnung als eine feste Grundlage, und nicht umsonst; Nachdem er einigen hei ligen Messen beigewohnt und seine ein fachen glühenden Gebete zu Gott und der seligen Mutter gerichtet hatte, ver spürte er, während die Glocken zur Erhebung der Hostie läuteten, ein Krib beln in den Augen, eine Beunruhigung; er berührt die Augen, er reibt sie, er sieht ein schwaches Licht und herumste hende Menschen, wenn auch ver schwommen. Wer kann beschreiben, mit weicher Bewegung des Herzens er die ses Wunder in sein neues Licht aufge nommen hat? Mit welcher Hingabe, mit welchen Seufzern und Gebeten? Wenn diese Gebete auch noch so einfach wa ren, sie waren zweifellos um so dankba rer der Wohltäterin gegenüber, die auf die Demütigen,auf die einfachen Herzen schaut. Er sagte, so gut er konnte, der seligen Jungfrau und Helferin Dank.Vor Freude verstand er sich selbst nicht, er ging in seiner Einfachheit, ohne jeman dem etwas zu sagen, allein ohne Führer aus der Kirche, und da er nicht wußte, ob er zum Blauen Bock links oder rechts gehen müsse, fragte er, welcher Weg dorthin führe. Dies wurde ihm gezeigt, und er kam dort glücklich an. Er fand bei der Pforte den Buben,der ihn zuerst geführt hatte. Dieser wunderte sich und führte ihn zu den Kameraden. Diese saßen gerade beim Mittagessen. Er grüßt, er schaut sie schon von der Weite an, er umarmt sie und nennt die einzel nen beim Namen,er erkennt und unter scheidet sie. Er berichtet ihnen über die einzigartige Gnade unserer Helferin und Mutter. Obwohl die Kameraden schon über fünfzig Jahre alte Männer sind, weinen sie mit ihm, sie freuen sich über den unerwarteten Ausgang, sie umar men ihn, sie bieten ihm Speisen an, sie befragen ihn während des Essens, ob er diese einzigartige Gnade nur ihnen an vertrauen oder weitersagen wolle. Anto nius antwortete, er sei nach der Erlan gung der Sehkraft so vor Freude außer sich gewesen, daß er in der Einfachheit des Herzens, außer Atem, nach Hause gekommen sei, um dies alles den Kame raden mitzuteilen. Die Klügeren haben ihn, nachdem sie das gehört hatten, gleich in die Sakristei geleitet. Hier weilte gerade der ViceProvinzial Don Antonius Schölhammer", der hier gerade eine heilige Messe zele briert hatte. Sie haben den Blinden zu ihm geführt und über die ganze Ge schichte Bericht erstattet. Es war gerade 12 Uhr und die Zeit zum Mittagessen. R.P. Vizeprovinzial bestellte diese für den Nachmittag. Da der R.P. Superior des Hauses, P. Don Johannes Lang", in Mähren weilte, habe ich, der dieses berichtet, als Senior, Diskretarius und Kanzler des Kollegs, alles, was sie sag ten, ihre Erklärungen angehört und ihnen befohlen, am anderen Tag in der Früh wieder zu kommen, wo eine amt liche Prüfung des Antonius Schmiedel und seiner drei Kommilitonen durch Herrn Severin Huber, Richter des hoch würdigen Capitulums von St. Stephan, in ähnlichen Verfahren geübt, stattfin den solle. El ist ein guter Freund unse res Kollegs. Zuerst wurden Antonius Schmiedel und seine Zeugen ernst er mahnt, nicht etwa aus Gewinnsucht mit der Gnade der selig.sten Mutter und uns ein Spiel zu treiben. Gott sei ein stren ger Richter. Wir haben alles weitgehend geprüft und ihre Aussagen notiert. Sie mußten sich vornehmen, mit großem Eifer nur die Wahrheit zu sagen und aus keinem anderen Ziele als die Ehre Got tes und seiner seligsten Mutter. Sie mußten bereit sein, alles Jederzeit durch einen feierlichen Eid zu bestätigen. Wir haben, nachdem wir sie entlassen haben, die Aussagen geordnet und auf Anordnung des Vizeprovinzials zum Revdssm. Vicarius Generaiis und Offizialis" gebracht. Er war unserem Orden und besonders unserem Kolleg sehr geneigt. Dieser befahl, unser P.Superior soll nach seiner Rückkehr in einem Brief die Einrichtung einer kanonischen Befragung (inquisitio) beantragen, dies an den Herrn Fürstbischof und Ordina rius senden,zuerst aber den ganzen Akt noch einmal überarbeiten. Man mußte nicht lange warten. R.P. Superior kehrte aus Mähren am 29. dieses Monats nach Hause. Er war wegen der Strenge des Winters und den Beschwerden der Reise total erschöpft. Er kam gerade beim Mittagessen an. Mit ungeheurer Freude hat er das Geschehene vernom men, ihn aber sprechen und begrüßen konnte man erst am nächsten Tag. Er war sehr traurig über den Tod seines einzigen, äußerst geliebten Bruders, der gerade heute, am 29. in der Früh, ver starb. Er vergoß in zarter Bruderliebe Tränen. Die einzigartige Gnade, die vor dem Gnadenbilde unserer seligsten Jungfrau geschehen ist, tröstete ihn zwar, doch er mußte sich zuerst für die Ordnung des Nachlasses und um die Beerdigung kümmern. Aber er brannte vor Feuer zu errei chen,daß unsere gnadenreiche Patronin vom Ordinarius öffentlich als wundertä tig approbiert würde. Er hat alles, was geschehen ist, in einem Bittbrief an den Herrn Ordinarius" geschickt. Dieser war mit einzigartiger Freude erfüllt, er hat seine ganze Zuneigung in die Waag schale geworfen und die Causa an das Hochwürdige Konsistorium weitergelei tet und gleich die Vollmacht erteilt, Eidleistungen entgegenzunehmen. Der Hochwst.Praepositus und Offizialis der Wiener Kirche'^ zeigte sich selbst in allem, besonders aber hier und jetzt, als ein großer Marienverehrer. Er zi tierte zu diesem Zweck Antonius Schmiedel und seine Kameraden. Sie sollten für die Untersuchung beim Hochwst. Konsistorium nüchtern er scheinen. Er prüfte sie einzeln und im öffentlichen Konsistorium streng. Sie wurden noch einmal streng belehrt, daß alles der Wahrheit entsprechen müsse, wenn sie vor dem Herrn Doktor und Notar einen Eid ablegen, Nun wurde zur Bestärkung der Aussagen und zur Be kräftigung der Causa zuerst Antonius Schmiedel, dann seinen Kommilitonen der Eid abgenommen. Sie wollten in ihrem Eifer noch andere Zeugen herbei bringen, doch das Konsistorium war der Meinung, daß für die Eidleistung die Zahl der Beeideten wohl genug sei. So wurden sie alle entlassen. Nach einer Diskussion erklärte das Ehrw. Konsi storium den Fall als wirklich wunder bar, bejahte die Glaubwürdigkeit und sie berichteten darüber dem Hochwst. Herrn Bischof. Dieser hat mit seinen Theologen auch über den Fall diskutiert, alle waren der Meinung wie das Ehrw. Konsi.storinm. Der Fürstbischof hielt es aber für gut und richtig, in dieser Sache klar und delikat vorzugehen. Er übergab also den Fall noch der medizinischen Fakultät.P. Superior mußte aufs neue mit der Be schreibung der ganzen Tatsache einen Bittbrief an den Dekan und die Fakultät verfassen. Der Herr Dekan'" hat nun, nachdem er Doktoren der Medizin und besonders erfahrene Chirurgen zusam mengerufen hatte. Anton Schmiedel und seine drei Freunde vorgeladen, um sie zu prüfen. Nachdem er ihre Berichte gehört hatte, beschloß er mit seinem Rate, daß in diesem Fall eine natürliche Heilung möglich ist. Ursache der Hei lung sei der starke Tränenfluß, auch die Luftveränderung und des Ortes, dann noch dazu die bessere Verpflegung. Die Herren Ärzte wünschten sich einen Be richt und Information des Feldschers, der den Blinden in Ungarn behandelt hat. Er war nicht mehr auffindbar, die anderen Ärzte wußten wenig oder nichts. Mit Rücksicht darauf, daß die Stärke der Luft und der Winter in dieser Jah reszeit in Österreich streng sei, und sogar für die gesündesten Augen, wenn nicht letal, so doch wenig heilsam sei, sowie mit Rücksicht darauf, daß der Lebensunterhalt des sehr armen Er leuchteten Antonius nur daraus bestand, was ihm die Kommilitonen geben konn ten. beschloß nun der Fürstbischof, eine Beurteilung der Causa zu verschieben. Es verblieb dabei:Es liegt ein einmaliger Gnadenerweis unserer seligen Jungfrau und Helferin vor. Er erlaubte Antonius Schmiedel die Weiterreise. Er erklärte sich aber bereit, die Sache dieser Wun derheilung in aller Konsequenz weiter zuführen, abwartend den Spruch der Medizinischen Fakultät, um dann das Gnadenbild als wundertätig zu erklären. Antonius Schmiedel und seine Freunde sind von hier abgereist, nachdem sie ein Schreiben über das Geschehene erhal ten haben. Antonius Schmiedel ging nach Mariazell und andere fromme Orte. Seine Kommilitonen und Freunde gin gen in alle Windrichtungen. Nach eini ger Zeit kehrte Antonius Schmiedel gut und klar sehend zurück. Er sagte seiner Erleuchterin Dank. Wohin er dann ging, wissen wir nicht. Die Causa blieb unbeurteilt. Zum Schluß ist noch der einmalige Eifer des P. Superiors zu loben, mit der er darauf hin gearbeitet hat, daß unser Gnaden bild zur Wundertätigen erklärt werde. Wenn er das nicht erreicht hat, so wird 48

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