Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Abgang hätte, damit aufhelfen zu kön nen. um die Repartition zu vermin dern... Wien.17.Jänner 1783 Joseph Der Kaiser hat hier mit Blick auf die gesamte Monarchie die bestehende Ungleichmäßigkeit in der Organisation der Seelsorge klar erkannt. Tatsächlich wa ren etwa die in der Hauptsache noch im Mittelalter geschaffene Bistums- und Pfarreinteilung nie an die geänderten Verhältnisse angepaßt worden. Der Kaiser sah zwei Wege zur Finan zierung der Seelsorge: entweder alle Kirchengüter zu verstaatlichen und dar aus die Geistlichen zu bezahlen, oder nach einer genauen Erhebung - und eventuellen Umverteilung - der Ein künfte der Kirche nur den Abgang aus Staatszuschüssen zu decken. Der Kaiser hat sich dann bekanntlich für den zwei ten Weg entschieden; es bleibt aber festzuhalten, daß er sich grundsätzlich auch den ersten Weg noch offengehalten hatte. Eine der aufsehenerregendsten Maß nahmen Kaiser Josephs II. war die im Jahr 1782 begonnene Aufhebung der Klöster der beschaulichen Orden. In der gesamten Monarchie waren von dieser Maßnahme fast 800 Klöster betroffen.Im Gegensatz zu anderen Staaten wurde das Vermögen der aufgehobenen Klöster für die Finanzierung der Seelsorge ver wendet. Zu diesem Zweck errichtete der Kaiser am 28. Februar 1782 den Reli gionsfonds. Seine Einkünfte sollten „blos und ganz allein zu Beförderung der Religion und des damit so enge verknüpften Besten des Nächsten ver wendet werden". Diese Maßnahme schuf erst die Voraussetzung für die große josephinische Pfarregulierung. So wurden allein in der Erzdiözese Wien 201 neue Pfarren errichtet. Bis zur Ein führung des Kirchenbeitragsgesetzes (1939) war der Religionsfonds die Haupt quelle zur Bezahlung der Seelsorger und zur Finanzierung kirchlicher Bauten und Einrichtungen. Der Religionsfonds erwies sich schon bald nach seiner Gründung als defizitär: so wies der niederösterreichische Reli gionsfonds 1787 Einnahmen von 294.586 und Ausgaben von 369.608 Gulden auf. So wurde für den Klerus eine Religions fondssteuer eingeführt und bestimmt, alle Einkünfte aller Seelsorgestellen während ihrer Vakanz dem Religions fonds zuzuweisen. Die verbleibenden Abgänge wurden durch Staatszuschüsse ausgeglichen. Im Jahr 1884 betrugen diese etwa - für die österreichische Reichshälfte -600.000 Gulden. Im Konkordat von 1855 wurde der Religionsfonds als kirchliches Eigentum unter staatlicher Verwaltung anerkannt. Nach der Einführung des Kirchenbei tragsgesetzes wurde der Religionsfonds mit 1, April 1940 zugunsten des Deut schen Reiches eingezogen. 1960 wurde der Anspruch der Kirche auf das Reli gionsfondsvermögen in der Republik Österreich bestätigt und die Auszahlung der Erträgnisse an die österreichischen Diözesen neu geregelt. Das von Kaiser Joseph II. geschaffene System zur Finanzierung der Seelsorge sicherte zwar im wesentlichen den Fort bestand der unter diesem Kaiser bereits bestehenden bzw. neugegründeten Pfar ren, erlaubte jedoch später kaum die Errichtung neuer Pfarren und Kirchen. Dieser Umstand sollte sich gerade für die Stadt Wien schwerwiegend auswir ken: während sich die Zahl der Bevölke rung von 1830 (rund 400.000) bis 1910 (rund zwei Millionen)fast verfünffachte, wurde die Zahl der Pfarren in Wien nur von 72 (1869) auf 83 (1910) erhöht. Die Bemühungen der Wiener Erzbischöfe, neue Pfarren zu errichten, scheiterten fast immer an der Frage ihrer Finanzie rung. Da auch das Einkommen der Geistlichen oft beträchtlich hinter den tatsächlichen Lebenshaltungskosten zu rückblieb, bemühten sich die Erzbi schöfe Milde und Rauscher, wenigstens in diesem Bereich durch Stiftungen aus ihrem Vermögen Abhilfe zu schaffen. Das Katholikengesetz von 1874 traf auch Bestimmungen über die Finanzie rung der katholischen Kultusbedürf nisse. So wurde festgelegt, daß Patronatsleistungen nur für bereits beste hende Kirchen, nicht aber für den Bau neuer Kirchen zu erbringen seien. Der durch das Einkommen der Pfarren und den Beiträgen aus dem Religionsfonds nicht gedeckte Finanzbedarfsollte durch die Ausschreibung von Umlagen auf die katholischen Pfarrgemeinden aufge bracht werden. Für die Konstituierung dieser Pfarrgemeinden war ein eigenes Gesetz vorgesehen. Die Bischöfe sahen in diesem Gesetz den Versuch, den Einfluß des Staates auf die Kirche noch zu verstärken; das Gesetz kam daher nicht zustande. Auch der Entwurf zu einem Landesgesetz für das Erzherzog tum Niederösterreich zur „Beschaffung der Geldmittel zur Bestreitung der ka tholischen Cultusbedürfnisse", der im Jahr 1900 vorgelegt wurde, wurde nicht verwirklicht. In der Ersten Republik war die Bera tung der Kongruagesetze für die katholi sche Geistlichkeit im Parlament stets von schweren innenpolitischen Ausein andersetzungen begleitet. In diesem Zu sammenhang unterstellte Karl Seitz den österreichischen Bischöfen, diese hätten Angst vor der Einführung der Finanzie rung der Seelsorge durch die Pfarrge meinden,da viele aus der Kirche austre ten würden, „sobald ihnen das Vergnü gen,katholisch zu sein, etwas koste". J. W. Anmerkungen: 'Sammlung der Kaiserlich-Königli chen Landesfürstlichen Gesetze und Verordnungen in Publico-Ecclesiasticis vom Jahre 1767 bis Ende 1782 (Wien 1784)Nr. 146, S. 152f. ^ Diözesanarchiv Wien,Religionsfonds I, 1783 Jänner 17(Abschrift des Original aktes durch den Wiener Erzbischof Kar dinal Kutschker); auszugsweise zitiert bei Hermann Franz, Studien zur kirchli chen Reform Josephs II. Mit besonderer Berücksichtigung des vorderösterreichi schen Breisgaus(Freiburg 1908)176. Bemühungen der Wiener Erzbischöfe um die Verbesserung der materielien Lage ihrer Diözesanpriester: Miidestiftung - Wiener Diözesanfonds-erzbischöfliche Priesterhiife Die Miidestiftung Unter Kaiser Joseph II. wurde von staatlicher Seite erstmals ein Mindest einkommen der Seelsorger festgelegt.So waren in Niederösterreich für einen Pfarrer 600 Gulden, für einen Lokalka plan 350 Gulden und für einen Kooperator 250 Gulden vorgesehen.' Trotz stei gender Lebenshaltungskosten und wie derholten Geldentwertungen blieben diese Sätze bis zum Kongruagesetz von 1885 im wesentlichen unverändert. Be sonders schlecht war dabei die Lage der Kooperatoren, die auf ihren Gehalt al lein angewiesen waren und keine Pfründe innehatten. Seit 1849 bemühten sich die österreichischen Bischöfe, den Staat zu einer Anpassung der Einkom men der Seelsorger an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten zu bewegen,doch zunächst vergeblich. So versuchten die Wiener Erzbischöfe, durch Stiftung ei gener Mittel eine gewisse Abhilfe zu schaffen. In diesem Zusammenhang be stimmte Erzbischof Vinzenz Eduard Milde (1832-1853) in seinem Testament vom 29. November 1852-: „Das Vermögen, welches ich hinter lasse, ist Kirchengut, denn mein Patrimonialvermögen habe ich schon ersetzt, Ich habe mich nie als den freyen Eigenthümer, sondern allezeit nur als den Nutznießer und Verwalter angesehen. Was die Pflicht, was der Anstand forder ten, habe ich verwendet, den Überrest zu kirchlichen Zwecken zu verwenden, war und bin ich verpflichtet. Deßwegen ernenne ich nach reifer Überlegung zum Universalerben meiner ganzen nach Be richtigung der Legate und aller Ausla gen rein verbleibenden Verlassenschaft die armen ohne ihre Schuld in Noth sich befindenden Priester des Säkular-Clerus und die armen Schullehrer der Wiener Erzdiözese, zu deren Unterstützung ich eine Stiftung gründe, und zwar mit folgenden näheren Bestimmungen: a) Meine ganze reine Verlassenschaft soll, sobald es möglich ist, fruchtbrin gend gemacht und sichergestellt wer den; die öffentlichen und Privatschuld scheine, die Urkunden über erkaufte Realitäten sollen auf,Erzbischofes Milde Stiftung für arme Priester und Schulleh 16

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