Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

mensa episcopalis. In der Folge gelang es dem Bischof aber, die Stadt zur finanziellen Mithilfe an der Neugestaltung des Chores zu bewegen. Der Magistrat wies dem Kir chenmeister die Geldmittel zur Errich tung des kaiserlichen Oratoriums, des Domherrengestühls und der seitlichen Portale desPresbyteriums an. Die barocken Ausstattungen der 2. Hälfte des 17. und 18. Jahrhunderts wurden teils aus den Mitteln der Kir chenfabrik selbst, die sich aus Stiftun gen, Haus- und Grundstückserträgen, sowie Sammlungen ergaben, ferner durch Einzelstiftungen des Hofes, der hohen Geistlichen des Domes und von Bürgern bezahlt. Der Magistrat leistete fallweise Beiträge für einzelne Objekte. Die Baulast wurde also weiterhin in erster Linie von der Fabrik getragen. Im 16. und 17. Jahrhundert war das Amt des Kirchenmeisters noch ein Ehrenamt. Erst im Jahr 1700 wurde ihm eine Besoldung von jährlich 340 fl. und ein Anteil am Geläutegeld zugewiesen. Nach der Erhebung Wiens zum Erz bistum im Jahr 1722 versuchte Kardinal S. Kollonitz, eine Mitwirkung an der Verwaltung seiner Metropolitankirche zu erhalten. Im Jahr 1749 wurde theore tisch eine gewisse Mitwirkung beschei nigt, welche sich aber praktisch nicht auswirkte. Das Patent Maria Theresias vom 8. Dezember 1759 über die Verwaltung der Kirchengelder brachte eine gesamtöster reichische Neuordnung der kirchlichen Vermögensverwaltung. Obwohl damit eine gewisse Beteiligung der kirchlichen Vertreter bescheinigt wurde, änderte sich an der Stephanskirche nichts. Durch kaiserliche Entschließung vom 22. Mai 1805 erfolgte eine allgemeine Regelung der Baulastpflicht: zur HerStellung und Erhaltung der Kirchenge bäude waren in erster Linie der Kir chenschatz, das Fabrikvermögen und in Ermangelung von dessen Ausreichen der Patron - bei St. Stephan der Kaiser - heranzuziehen. Als im Jahr 1809 durch französischen Beschüß der Hochturm schwere Beschä digungen erlitt, wurden diese Bestim mungen aktuell. Mit Hofdekret vom 8. Mai 1813 stellt der Landesfürst seine Zuständigkeit fest. Allerdings unterliege auch die Beitrags pflicht der Gemeinde keinem Zweifel,da „die Stephanskirche ganz wohl als ein von der ganzen Gemeinde Wien benützter Andachtsort, an dem alle Bewohner teilnehmen, angesehen werden könne". Seit der Mitte des 18. und besonders seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts bezeugen eine Flut von Verordnungen, daß die Vermögensverwaltung des Do mes immer stärker vom Staat über wacht wird. Mit Regierungsdekret vom 21. Sep tember 1834 wurde endlich einem Prie ster, dem jeweiligen Our- und Chormei ster von St. Stephan, ein Einfluß auf Verwaltung und Gebarung des Kirchen vermögens zugestanden. Im Zuge der Neuordnung der kirchli chen Rechtsstellung durch das Konkor dat von 1855 wurde die Vermögensver waltung des Domes endgültig unter kirchliche Verwaltung gestellt. Im Ge gensatz zur früheren Überwachung durch den Staat wurden die entspre chenden Normen nun autonom und ent sprechend dem kirchlichen Recht einge richtet. Die 1856 in Wien tagende Bischofsver sammlung vereinbarte Vorschriften zur Ausführung der Konkordatsbestimmun gen. Das Wiener Provinzialkonzil von 1858 beschloß hinsichtlich des Vermögens der Metropolitankirche, daß dieses nach den Bestimmungen des kirchlichen Rechts verwaltet werden sollte. Mit Ord. Erlaß vom 30. April 1868 erfolgte im Einvernehmen mit der kai serlichen Regierung die Neuorganisation der Vermögensverwaltung der Metropo litankirche auf Grund der Vorschriften von 1858 und 1860. So wurde aus dem städtisch verwalteten KMA ein unter dem Erzbischofstehendes Amt,das vom bischöflich ernannten Verwalter geleitet wurde. Seit dem Jahr 1860 verfaßt das KMA aus dem Hauptbuch einen jährlichen Rechnungsextrakt, den es dem Konsi storium zur Prüfung und Weiterleitung an die Landesregierung übergab. Da infolge mangelhafter Pflege der gotischen Bausubstanzen in der Barock zeit im 19. Jahrhundert eine Reihe gro ßer Restaurierungen notwendig gewor den war, mußten auch besondere Maß nahmen zu deren Finanzierung getroffen werden. Die letzten Ersparnisse der Kirche waren überdies durch die nach der Beschießung von 1809 notwendig gewor dene Turmrestaurierung aufgebraucht worden(1810-1816); die Kirche schuldete dem Staat seit 1842 87.000 Gulden Kon ventionsmünze. Ein Rest dieser Schuld war noch im Jahr 1882 vorhanden. Am 15. Oktober 1852 beschloß daher der Wiener Gemeinderat, die Mittel zur Vollendung eines Giebels an der Südseite des Langhauses zur Verfügung zu stellen. Die restlichen Giebel an der Nordseite wurden ebenfalls großteils aus dem Gemeindevermögen sowie aus Spenden von Einzelpersonen und Ver einen bestritten. Am 28. Februar 1856 schlug Prof. Karl Rösner in einem Promemoria Kardinal Rauscher die Gründung eines Dombau komitees vor. Er begründet dies mit der Notwendigkeit eine Organisierung, bzw. Zentralisierung der vielseitigen vorhan denen Bestrebungen, welche allerdings bisher isoliert voneinander gewirkt hat ten und die nun durch die leitende Hand des Kardinals „nach einer von demsel ben augehenden Idee geregelt und im Ganzen wie im Einzelnen in ordnungs gemäßen Gang geregelt werden" sollen. (Vgl. dazu F. X.Kleindienst,Die Restau rierung des Stephansdomes, in; WDBVBl.,III. Jg., Nr. 21, 22, 1883,S.85). Um die finanzielle Seite machte Rösner sich weniger Sorgen, denn, wie er wört lich meinte: „...für den Stephansdom ist der Österreicher opferwillig." Kardinal Rauscher griff diese Anregung auf. Am 28. Juli 1857 wurde nach kaiserlicher Anordnung die Durchführung aller Bauund Restaurierungsarbeiten am Dom einem selbständig handelnden Komitee übertragen, unter Vorsitz des Erzbischofs von Wien, im Verein mit Vertre tern der Statthalterei, des Magistrats und des Kultusministeriums. Am 28. Oktober 1880 erfolgte dann die Gründung des bereits lange geplanten Dombauvereines, dessen Zielsetzimg es war,„die Restauration der Metropolitan kirche zu St. Stephan in Wien an ihren inneren Theilen zu vollenden und deren Ausschmückung mit allen Mitteln der Kunst und Kunsttechnik durchzufüh ren". Er übernahm als Nachfolger des Komitees auch die Verwaltung der für die bauliche Erhaltung der Domkirche dienenden Vermögenswerte. Die Gelder wurden vom Hof, vom Staat, von der Gemeinde, vom Domkapitel sowie von den Mitgliedern und Spendern aufge bracht. Am 2. Oktober 1938 wurde dieser Verein in „Wiener Domerhaltungsver ein" umbenannt. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war er der Rechts träger des Dombaues. Nach der Zer störung des Domes im April 1945 wurde ein eigener Wiederaufbaufonds im Rah men der Kirchenfabrik errichtet. In die ser schweren Zeit wurde in besonderer Weise deutlich, was der Dom allen Österreichern bedeutete: „...nicht nur geographisch die Herzmitte Wiens, son dern in viel tieferem Sinn Herz und Geist der Stadt und des Landes", wie es Kardinal König anläßlich des 30. Jahres tages der Zerstörung des Domes aus drückte (1975). Gedenktafeln am südli chen Vierungspfeiler des Domes erin nern an alle jene,staatliche Organisatio nen des In- und Auslandes, die österrei chischen Bundesländer, verschiedenste Komitees, und nicht zuletzt zahllose unbekannte Spender, die, dem Wort des Evangeliums folgend, das „Scherflein der Witwe" opferten, indem sie einen Dachziegel finanzierten. Der Wiener Domerhaltungsverein, im Jahr 1955 reaktiviert, startete sofort eine große Beitritts-Werbeaktion, welcher auch in steigendem Maße entsprochen wurde. Viermal,später zweimaljährlich, informiert seitdem das Mitteilungsblatt des Wiener Domerhaltungsvereines, „Der Dom", über den Fortschritt der Arbeiten. Und in keiner Nummer fehlen Dank und Bitte des Dompfarrers für geleistete, bzw. für weitere Unterstüt zung. Die Dombauhütte ist dem Domerhal tungsverein unterstellt. Somit kommt nun die Sorge für die Baulast dem Domes dem Wiener Domerhaltungs verein zu. Der jeweilige Erzbischof von Wien sowie das Domkapitel sind an seiner Verwaltung maßgeblich beteiligt. Am 16. Februar 1987 arbeitete der gegenwärtige Dombaumeister, Dipl.-Ing. Prof. Kurt Stögerer, eine „Zusammen stellung der Kosten, die für den Wieder aufbau und die bauliche Erhaltung der Domkirche St. Stephan in Wien in der Zeit vom April 1945 bis Dezember 1986 aufgelaufen sind", aus. In sechs Bauab schnitten unterteilt, ergibt sich folgende eindrucksvolle Tatsache: in der genann ten Zeitspanne wurden von der österrei11

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