Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Funktionen durch Bischöfe, die Angleichung der Diözesangrenzen an die Pro vinzen des Reiches,alles letztlich fußend auf der Idee, daß der Kaiser, der auch schlichtend in auftretende Schwierigkei ten mit verschiedenen Irrlehren eingriff, mit von Gott verliehener Macht als Wahrer kirchlicher Einheit und Recht gläubigkeit galt. Im Jahr 380 erhob Kaiser Theodosius (+395), den begonnenen Weg konsequent fortsetzend, mit dem Edikt „Cunctos populos" das Christentum zur Staatsre ligion. Dies war der Beginn einer engen Zusammenarbeit zwischen Kaiser und römischem Papst, zwischen Staat und Kirche. Der im Lauf der Zeit immer deutlicher hervortretende staatliche Herrschaftsanspruch über die Kirche veranlaßte verschiedene Theologen, im Bewußtsein der Situation der Kirche zwischen Eigenständigkeit und Gebun denheit an irdische Ordnungen, die Grenzen staatlicher und kirchlicher Zu ständigkeit exakt zu bestimmen. Dies geschah z. B., als Papst Gelasius 1. (492 bis 496) in einem Brief an den oströmi schen Kaiser Anastasios I. (491 bis 518) die Autorität der Bischöfe der Gewalt des Herrschers gegenüberstellte, die beide zusammen die Welt regierten; damit schufer die Grundlage der ,,Zwei gewaltentheorie", die dann zur mittelal terlichen „Zweischwertertheorie" fuh ren sollte. Von da an war im weströmischen Reich die differenzierende, im oströmi schen Reich die identifizierende Theorie des Verhältnisses von Kirche und Staat vorherrschend. Besonders Kaiser Justinian I. (527 bis 565) verstand sich als uneingeschränkter Herr, sowohl des Staates, als auch der Kirche. Das weströmische Kaisertum ging in der Völkerwanderung unter. Dies be deutete für die Kirche eine neue Situa tion: sie wurde nun zum ersten Mal allein auf sich gestellt. Inmitten arianischer Nationalkirchen vollzog sich aber um 500 der Übertritt der Franken zum Christentum durch die Taufe Chlodwigs (482 bis 511), die wahrscheinlich in Reims durch Bischof Remigius etwa 496, nach dem Sieg über die Alemannen, an einem unbekannten Ort vorgenommen worden war. Als auch die Westgoten,die Burgunder und schließlich auch die Bayern dem Frankenreich angegliedert wurden,war der Arianismus der Ostger manen endgültig zum Untergang verur teilt. Die fränkische Landeskirche war dem König unterworfen und vom Papst un abhängig. Die aus römischer Zeit vor handenen Städte behielten eine gewisse Bedeutung als Bischofssitze. Die zahlrei chen Kirchengüter erhielten allmählich Immunität. Die Bedrohung Roms durch die Lan gobarden und der fehlende weltliche Schutz durch Byzanz führten zu dem bedeutsamen Bündnis zwischen dem fränkischen Königtum und dem Papst: nachdem Papst Zacharias der Absetzung der Merowinger zugestimmt hatte, wurde Pippin (t768)im Jahr 751/52 zum König erhoben. Der Papst selbst salbte Pippin und verlieh ihm die Würde eines „patricius romanus". In diesem Titel ohne Amtsbefugnis sahen dann die Franken einen Auftrag zur Schutzherr schaft über Rom und das Papsttum. In der sogenannten Pippinschen Schen kung machte der König im Jahr 754 in Quierzy dem Papst territoriale Verspre chungen in Italien: für den Fall der , Zerstörung des Langobardenreiches sollte der Papst Rom und Ravenna mit Venetien, Istrien, sowie Spoleto und Benevent als Besitz erhalten. Der bis dahin durch Schenkungen und Ver mächtnisse bereits beträchtlich ange wachsene päpstliche Besitz erfuhr somit einen entscheidenden Zuwachs. Tat sächlich hat der Kirchenstaat diesen Umfang aber nie erreicht. So kommt das Bündnis der Karolinger mit der römischen Kirche zustande, das Aufgabe und Gegengabe beruht: einer seits Legitimierung der neuen Dynastie und andererseits Schutz des Papstes vor den Langobarden. Von nun an wird das Kaisertum deutscher Nation, bezeichnet durch eine eigentümliche Verbindung geistlicher und weltlicher Gewalt, wel che eine „politische Religiosität" er zeugt, das Gesicht des Mittelalters prä gen. Die Stellung des fränkischen Königs war geprägt und bestimmt durch einer seits germanische Vorstellungen, ander seits durch das Vorbild alttestamentiicher Verhältnisse. Seinen Niederschlag fanden diese Umstände im Eigenkir chen- und Zehentwesen. Kirche und gesellschaftliche Institutio nen waren auft Engste miteinander ver flochten. Die Grenzen waren oftmals verwischt, sodaß der Kirche häufig kein klares Bewußtsein ihrer Eigenständig keit mehr verblieb. Der König nahm Kirchengut im staatlichen Interesse be denkenlos in Anspruch, er griff auch durch Verordnungen in kirchliche Ange legenheiten ein und beanspruchte auch das Recht der Entscheidung in Glau bensstreitigkeiten. Andererseits besaß die höhere Geistlichkeit auch bedeu tende politische Aufgaben. Das Bischofs amt als solches war sehr begehrt, da die Bischöfe in der Regel hohes Ansehen genossen. Durch Schenkungen im Laufe der Zeit hatte sich außerdem der Reich tum der Kirche erheblich vermehrt; die Immunitätsprivilegien steigerten die äußere Macht der Kirche.So erklärt sich auch das Interesse der weltlichen Herr scher an der Besetzung der Bischöfs stühle in der Folgezeit. Im Jahr 774, nachdem das Langobar denreich erobert und der Langobarden könig Desiderius besiegt und in ein Kloster gebracht worden war,erneuerte Karl der Große das Schenkungsverspre chen seines Vaters und bestätigte den Besitzstand des Kirchenstaates gemäß dem Vertrag von Qierzy. Am Weihnachtstag des Jahres 800 wurde der Franken- und Langobarden könig Karl der Große durch Papst Leo III. im Petersdom zu Rom feierlich zum Kaiser gekrönt: ab da unterstanden Papst und Kirche der fränkischen Schutzherrschaft. Im ersten Jahrzehnt seiner Regierung von den großen Fragen der Außenpoli tik zu sehr in Anspruch genommen, begann Karl erst im zweiten Jahrzehnt mit der inneren Ordnung des Reiches, die vor allem dem Frieden dienen sollte. Die christliche Königs- und Kaiserwürde wurde zum Träger der „Pax Chri stiana". Der neue Kaisereid verpflich tete positiv zu aktiver Bereitschaft im Dienste Gottes. In seiner „Admonitio generalis" erschien Karl der Große (768 bis 814) als Kirchenreformer, der das ihm von Gott verliehene Reich zur wah ren Religion zurückzuführen bestrebt war. Er betrachtete sich als legitimer Nachfolger Konstantins. Wenn auch die fränkischen Herrscher keinen direkten Einfluß auf die Papst wahl ausübten, so wurde doch (im Pactum Ludovicianum) die Entsendung ei gener Legaten des neugewählten Pap stes nach erfolgter Wahl,zum Abschluß eines Freundschaftsbündnisses, an den Kaiser verlangt. Die Constitutio Romana des Jahres 824 forderte darüberhinaus einen Treueid des neugewählten Papstes vor der Weihe. Im germanischen Mittelalter arbeite ten kirchliche und staatliche Institutio nen eng zusammen. Bedurfte die Wahl der Bischöfe zunächst noch der Bestäti gung des Königs, so wurde sie im Lauf der Zeit im steigenden Maß durch die im - von der Kirche immer mehr bekämpf ten - Eigenkirchenwesen wurzelnde kö nigliche Ernennung abgelöst. Seit dem Ende des 9. Jahrhunderts erfolgte die Übertragung eine Bistums als Leihe der Kathedralkirche, mit den dazugehörigen Gütern und Rechten, durch Überrei chung des Bischofsstabes und später auch des Ringes, die beim Tod des Inhabers wieder an den Königshof zu rückgebracht werden mußten. So wur den die Reichsabteien und Bistümer die besten Stützen der Königsmacht und als solche auch zu Abgaben und Leistungen aller Art herangezogen. Durch die Ottonische Kirchenpolitik wurde die Kirche wenn möglich, noch mehr mit dem Reich verbunden. Laien investitur, Regalien- und Spolienrechte wurden ausgebaut. Unter Otto I.(936 bis 973) lebte die karolingische Tradition in ihrer ganzen Stärke wieder auf. Die schweren Kämpfe, die Otto 1. mit dem Adel und den Stammes-Herzogen auszu tragen hatte, wirkten sich insofern di rekt auf die Kirche aus, als der König - von der Einsicht geleitet, daß das König tum die innerpolitischen Gegensätze ohne völlige Beherrschung der Kirche nicht meistern werde, dazu überging, die Kirche zum „Zentralinstitut des Rei ches" auszubauen. Im Jahr 962 wird Otto I. in Rom zum Kaiser gekrönt. Er bestätigte die früheren Schenkungsver sprechen an die Päpste. Im sogenannten Pactum Ottonianum geriet auch das Papsttum in eine konkrete Abhängigkeit vom Reich. Was Otto I. begonnen hatte, führten seinen Nachfolger weiter. Die Verlei hung von Grundbesitz, die seit der Karo lingerzeit stark nachgelassen hatten, schwollen wieder gewaltig an. Durch Ausbau der Immunität, durch Verlei hung von Hoheitsrechten und schließ lich ganzer Grafschaften an Bischöfe

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