Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Lebensunterhalt(Mk 12,41-44). Das hat Jesus gemeint. Daran muß sich das Christentum im mer messen. Und weil das ein so hoher Anspruch ist, deshalb tun sich die Chri sten aller Zeiten in der Regel auch damit so schwer. Die ersten Christengemeinden Die älteste Kirche, die Urkirche, war die Zeit der äußeren und inneren Grundlegung, zugleich das heroische Zeitalter des Christentums. Wir rechnen dazu etwa die Zeit vom ersten Pfingstfest (30-33) bis etwa 150 n. Chr. Die Verbreitung der neuen Lehre vollzog sich erstaunlich rasch, zunächst von Jerusalem aus in Palästina, seit der Mitte der vierziger Jahre besonders durch die Missionstätigkeit des hl. Pau lus und anderer Apostel und Jünger auch in anderen römischen Provinzen und darüber hinaus. Die wichtigste Quelle, die uns vom Schicksal der Urgemeinde berichtet, sind die sieben ersten Kapitel der Apo stelgeschichte. Als diese ihre Erzählung beginnt, hatte sich wieder eine Schar von etwa 120 Gläubigen zusammenge funden. In kurzer Zeit wuchs die Zahl der Mitglieder der Gemeinde auf 5000 (Apg 3, 1^,4). Die mit der Zahl der Mitglieder wach senden Aufgaben machten organisatori sche Maßnahmen notwendig; damit die Apostel für die eigentliche Missionspre digt freibleiben konnten, wurden sieben Männer bestellt, für den Tischdienst, für die Armenbetreuung usw. Innerhalb der Gemeinde hatte jeder bestimmte Aufga ben. In der Urgemeinde herrschte Güterge meinschaft. Die Apg. berichtet an meh reren Stellen darüber. Nach der Pfingstpredigt des Petrus(Apg 2. 14-36)kamen etwa 3000 Menschen zur Gemeinschaft. Und .,sie bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie ver kauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die geret tet werden sollten"(Apg 2.43-47). Die Urgemeinde hatte also eine Güter gemeinschaft. Und aus diesem Grund gab es auch „keinen unter ihnen, der Not litt"(Apg 4, 34). Sie verkauften ihre Grundstücke, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Und jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte. Aber auch damals gab es bereits menschliche Probleme mit dem Besitz: „Ein Mann namens Hananias aber und seine Frau Saphira verkauften ein Grundstück, und mit Einverständnis seiner Frau behielt er etwas von dem Erlös für sich. Er brachte nur einen Teil und legte ihn den Aposteln zu Füßen. Da sagte Petrus: Hananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, daß du den Heiligen Geist belügst und von dem Erlös des Grundstücks etwas für dich behältst? Hätte es nicht dein Eigentüm bleiben können, und konntest du nicht auch nach dem Verkauf frei über den Erlös verfügen? Warum hast du in dei nem Herz beschlossen, so etwas zu tun? Du hast nicht Menschen belogen, son dern Gott. Als Hananias diese Worte hörte, stürzte er zu Boden und starb. Und über alle, die es hörten, kam große Furcht. Die jungen Männer standen auf. hüllten ihn ein. trugen ihn hinaus und begruben ihn"(Apg 5. 1-6). Die Geschichte von Hananias und Saphira geschieht in ihrer grundsätz lichen Bedeutung auch heute noch. Sie geht nur vordergründig nicht gleich so schlecht aus-Gott sei Dank! Paulus und seine Gemeindebriefe Paulus fühlte sich zur Mission unter den Heiden berufen. Sein Missionsfeld war das gesamte damalige Römische Reich, dessen Bewohner durch die glei che Kultur geeint waren. Die Briefe des Apostels Paulus geben Einblick in die Organisation seiner Ge meinden. für die er sich verantwortlich fühlt. Die Gemeinden sind untereinan der verbunden durch die Person ihres Gründers und durch die Gemeinde von Jerusalem. Die Urkirche pflegt die Brü derliebe. wie auch die spendenfreudige Wohltätigkeit. In seinem 2. Brief an die Korinther. wo er zur Sammlung für Jerusalem aufruft, spricht Paulus einen entscheidenden Punkt an, wenn er sagt: „...es geht nicht darum, daß ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft; es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluß ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluß einmal eurem Mangel abhilft. So soll ein Ausgleich entstehen"(2 Kor 8, 13-14). Die Hoffnung auf die baldige Ankunft des Herrn in messianischer Herrlichkeit, die in der Urgemeinde gegenwärtig war, brachte eine großzügige Distanzierung von irdischen Gütern mit sich. Die sitt lich-religiöse Kraft ihres Glaubens ver hinderte dann auch die Resignation bei dem Ausbleiben der Ankunft des Herrn, sondern wies vielmehr den Weg in eine größere Zukunft. A.F. Das Edikt von Mailand - eine große Herausforderung „Dies ist der Augenblick, auf den ich schon längst gehofft habe, danach ver langend und mich sehnend, das Heil in Gott zu erlangen. Die Stunde ist gekom men, daß auch wir das Unsterblichkeit verleihende Siegel empfangen..." Diese Worte richtete Kaiser Konstan tin der Große(285-337) wenige Tage vor seinem Tod an die Bischöfe, die er nach Ankyrona, einer Vorstadt von Nikomedia (heute in der Türkei gelegen), beru fen hatte, um sie um die Taufe zu bitten. Nachdem die Bischöfe diesem seinen Wunsch entsprochen hatten, „frohlockte Konstantin im Geiste und ward erneuert und von göttlichem Licht erfüllt. Dann hüllte er sich in prächtige kaiserliche Gewände, die gleich dem Lichte strahl ten. und er ruhte aufeinem ganz weißen Lager,da er keinen Purpur mehr berüh ren wollte." Er dankte Gott, daß er jetzt des wah ren Lebens gewürdigt worden sei. Er ordnete seine irdischen Dinge, übergab seinen Söhnen wie ein väterliches Ver mögen die Kaiserwürde als ihr Erbteil und starb am Ende der hl. Pfingstzeit. am 22. Mai 337,in Ankyrona. So erzählt uns Eusebius, der Bischof von Cäsarea (263-339), der von sich sagen konnte, daß ihm der Kaiser freundschaftlich verbunden war, in sei ner „Vita Constantini" über das Lebens ende des ersten Christen auf dem römi schen Cäsarenthron. Mit seinem Namen sind Ereignisse verknüpft, die der Weltgeschichte neue Bahnen gewiesen haben. Um das Jahr 285 geboren. 306 von seines Vaters Konstantins" Truppen zum Augustus erhoben, besiegt er am 28. Oktober 312 unter dem Zeichen des Kreuzes, welches ihm im Traum einge geben worden war, den ihm an Heeres stärke überlegenen Gegner Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke,knapp vor Rom. Und als auch Maximius Daja am 29. April des nächsten Jahres seinem Ver bündeten Licinus unterlegen war.trafer mit diesem in Mailand zusammen. Das damals entstandene Ergebnis, das kei nen schriftlichen Niederschlag hinterlas sen hat, das sogenannte Mailänder Edikt, gewährte den Christen im römi schen Reich völlige und ungestörte Reli gionsfreiheit und stellte damit schon die Weichen für die Erhebung des Chri stentums zur Staatsreligion durch Theodosius den Großen(t 395). Gerade engagierte, auch innerkirchli che. Kritiker kirchlicher Entwicklungen sprechen mit ziemlicher Skepsis von der „Tragweite der Konstantinischen Wende". Die alte Frage, ob die nun möglich gewordene Entfaltung starker Kräfte, welche die Verchristlichung der profa nen Kultur und des öffentlichen Lebens bewirkten, nicht zugleich der Beginn einer verhängnisvollen Fehlentwicklung im Sinne einer starken Abhängigkeit der Kirche vom Staat gewesen ist, war(und ist immer noch)im Laufe der Geschichte der Kirche immer wieder Gegenstand kritischer Überlegungen.

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