Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

vom 4. Februar 1795®" gaben die Barna biten bekannt, der Inhalt des Chrezzelischen Testaments beziehe sich auf den Bau einer Kapelle in St. Niclas Abseiten, die zu Ehren der Heüigen Nikolaus, Stephan und Katharina eingeweiht wer den solle usw. Aus dem Testament könne nicht entnommen werden, ob bezüglich des Beneficiums ein eigener Stiftbrief errichtet wurde.Dieses Benefi cium wurde vom Landesfürsten immer Weltpriestern verliehen. St. Michael be sitze nur eine Kopie des Testamentes. Das Original dürfte sich bei der Klosterrats-Registratur usw. befinden. Zuletzt sei dieses Beneficium dem Pfarrer von Bischofstetten, Joseph Hirsch, verliehen worden.Schon schien die Angelegenheit endgültig erledigt, da wandte sich die Nö. Landesregierung am 20. Juni 1805 an die Barnabiten."'" Der Pfarrer von Bi schofstetten habe angezeigt, der Stift brief des Katharina Beneficiums müsse sich im Archiv der Barnabiten befinden. Die Barnabiten mögen daher eine unge stempelte Abschrift an die Landesregie rung überreichen. Es konnte nichts überreicht werden, weil kein Stiftbrief, das Beneficium betreffend, vorhanden war®'. Die Landesregierung mußte sich mit dieser Tatsache abfinden und teilte am 17. Juli 1806 dem Kolleg St. Michael mit, da nirgends ein Stiftbrief über das Chrezzelische Beneficium bestand, sei jetzt durch das bischöfliche Konsi storium St. Pölten die Errichtung eines neuen Stiftbriefes eingeleitet worden"®. Damit war die Angelegenheit bezüglich des Chrezzelischen Beneficiums erledigt. Zusammenfassung:Das Testament des herzoglichen Küchenmeisters Stiborius Chrezzel zusammen mit dessen Confirmation durch Albrecht II. zu Judenburg klärt eindeutig die Urheberschaft zur Erbauung des Südchors der Michaelerkirche. Wernhard Schenk und sein Bru der Hans stifteten 1355 eine ewige und in der Folge eine Jahrtagsmesse auf einen Altar, dessen Errichtung durch Chrezzel bereits 1350 angeordnet worden war. Desgleichen stiftete er damals sein durch Jahrhunderte hindurch vielbe gehrtes Beneficium. Stiborius Chrezzel allein ist urkundlich und der Überliefe rung nach Bauherr bzw. Financier des Südchors der Michaeierkirche. Anmerkungen: 'Katalog, Histor. Museum d. Stadt Wien, 113. Sonderausstellung,26. Mai bis 2. Oktober 1988, Eigenverlag d. Museen d. Stadt Wien. ® Michaeler Kollegsarchiv (Abk. MiKA) III/33/la; Vidimus Testament! Stiborii Chrezzel de Ao. 1350. Abschrift v. 22. März 1616. Beiliegend Vidimus v. 1. Februar 1616, Confirmatio testamenti Stibory Chrezzel. Jar 1350. " Richard Perger - Walther Brauneis, Die mittelalterlichen Kirchen und Klö ster Wiens(=Wr. Geschichtsbücher Bd. 19/20)(Wien-Hamburg 1977)S.82. ' Richard Perger, Baugeschichte und Ausstattung bis 1626 nach schriftlichen Quellen, in: Katalog (wie Anm. 1) S.78 u.86. " Lothar Schuftes, Gotische Plastik, in; Katalog(wie Anm.1), S. 139. " Testament zit. Anm.2. 'Heute Popice, Bezirk Znaim. Hugo Rokyta, Die böhmischen Länder (Salz burg 1870)S.276. ® Karl Lind, Die St.-Michaels-Kirche zu Wien, in: Ber. u. Mitt. Altert. Verein. Wien3(1859)S.4. " Auch ein familiärer Grund mag dazu beigetragen haben, in Hinblick auf sei nen Sohn Niclas ein Bauwerk ,,zu sand Niclas abseiten"zu errichten. Josef Wodka, Kirche in Österreich (Wien 1959),S. 136. "MiKA III/33/Beilage zu la. Ab schrift V. 15.Februar 1653. '® Confirmatio zit. Anm.2. R. Perger, Zeittafel, in: Katalog (wie Anm.1)S.249. "MiKA VI/214/1. MiKA IV/214/2. MiKA III/33/lb, Kaufbrief zu einem Hofzu Hennersdorf, welcher zum Catha rina Altar bei St. Michael dienstbar. MiKA VI/214/lb. '® MiKA VI/214/Ic. Aus Schenks Stiftung v. 1365 könnte man herauslesen, daß er einen baulichen Beitrag zum Katharina Altar in irgendeiner Form geleistet hat, nicht aber für den Bau des Südchors. ®" Karl Gutkas, (^schichte des Lan des Niederösterreich (St. Pölten 1973) S.92 f. ®' Vgl.Katalog S.78. ®® Vgl. W. Posch. Die Beziehungen der Pfarre St. Michael zur Burgpfarre 1599-1769, in: Beitr. z. Wr. Diöz. Gesch. 27(1986), S. 17. Ferner MiKA 1/3/1 Reformations Union Maximilians II., Preß burg 20. Juni 1567 und Pfarrprotokoll (Abk.PP.)St. Michael II. folg. 1229. ®" PP.II,folg. 1317. ®' MiKA m/33/4. MiKA m/33/6. ®" MiKA m/33/7. ®® MiKA m/33/zu Id. ®® Ebenda. ®® Ebenda. MiKA m/33/le. Ebenda. "® PP.I.fol. 493 u.495. Drei mittelalterliche Abiaßurkunden für die Marienkirche in Großengersdorf "Von Johann Weißensteiner Im Pfarrarchiv Großengersdorf haben sich auch drei mittelalterliche Ablaßur kunden im Original erhalten. Da sie in der bisherigen Literatur zur Pfarre Großengersdorf' noch nicht berücksich tigt wurden, seien sie hier erstmals vollständig veröffentlicht. Die besonders wichtige Urkunde vom 18. Dezember 1493 wird auch in Übersetzung geboten. Mit allen drei Urkunden wurden der Marienkirche in Großengersdorf Ablässe für bestimmte Feste verliehen. In der Urkunde von 1474 werden als solche Feste die Feste der Aufnahme, der Ge burt und der Verkündigung Mariens sowie der achte Tag nach Pfingsten bestimmt. Auf der Rückseite der Ur kunde von 1474 wurden auch die nähe ren Umstände,die zur Verleihung dieser Ablässe führten, angegeben: demnach waren diese Ablässe von einem Laien namens Servatius Bruer (Bauer?) zur besonderen Verehrung Mariens erbeten worden.Entsprechend wurden die Gläu bigen aufgefordert, für die Seelen der verstorbenen Angehörigen des Bewirkers dieser Ablässe ein Vater unser und ein Ave Maria zu beten. In welcher Beziehung Servatius Bruer zur Kirche von Großengersdorf stand, ist noch un geklärt. Auf jeden Fall dürfte diese Ablaßverleihung die Bedeutung von Großengersdorf als Ort der Marienve rehrung erhöht haben. Besonders inhaltsreich ist die Ur kunde vom 18. Dezember 1493: Sie wurde vom Passauer Weihbischof anläß lich der von ihm vorgenommenen Wie dereinweihung von Kirche und Friedhof in Großengersdorf ausgestellt. In dieser Urkunde wird also für Großengersdorf erstmals ein eigener Friedhof bezeugt. In späterer Zeit mußten dagegen - bis zur josephinischen PfarreguÜerung im Jahr 1783 - die Großengersdorfer ihre Toten auf dem Pillichsdorfer Friedhof begraben lassen®. Die Entweihung der Kirche und des Friedhofs, die die Wie dereinweihung notwendig gemacht hat ten, dürften entweder im Zusammen hang mit der Eroberung Niederöster reichs durch König Matthias Corvinus oder mit der Rückeroberung des Landes durch König Maximilian erfolgt sein; so dürfte auch das bei Großengersdorfgele gene Dorf Wendling 1491 von den Un garn zerstört worden sein". Als Ablaß tage werden in dieser Urkunde die Feste Geburt, Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn, Pfingsten, Fronleichnam, Al ler Heiligen, alle Marien- und Apostelfe ste und das Patroziniums- und Kirch weihfest festgelegt. Die große Zahl die ser Tage dürfte wohl Anlaß für zahlrei che Wallfahrten nach Großengersdorf gewesen sein. Die dritte Ablaßurkunde (7. März 1498) wurde der Pfarrkirche Pillichsdorf und ihrer Filialkirche Großengersdorf gemeinsam verliehen. Dieser Umstand ülustriert deutlich den engen Zusam menhang zwischen der Mutterkirche und der Filialkirche, der bis 1784 beste hen blieb. Bis dahin blieben alle Versu che der Großengersdorfer,in kirchlicher Hinsicht von Pillichsdorf getrennt zu werden,erfolglos. Bei diesen Versuchen, die etwa um 1550 besonders intensiv betrieben wurden', dürften sich die Großengersdorfer auch des-in früherer Zeit gar nicht so seltenen - Mittels der Urkundenfälschung bedient haben: So 39

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