Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

sechs Schulmädchen die DependenzBänder trugen. Vor der Säule war dann wieder Ave und Oration, sodann Pre digt, darauf die Lauretanische Litanei und endlich nach der Rückkehr in die Kirche Te Deum und Schlußsegen. Die Theilnahme und freudige Erregt heit der Gläubigen, die Andacht und Ordnung und das Rührende der ganzen Festlichkeit war überaus groß; Gott sei Dank dafür, und möge er die guten Eindrücke bleibend machen. Nach der Festlichkeit wurde den Jungfrauen und Schulmädchen,zwanzig an der Zahl, im Pfarrhofe eine kleine Jause bereitet und blieben sie, fröhlich im Herrn, bis gegen 8 Uhr hier. Bei dieser Gelegenheit verabredeten sie sich und gelobten sie, sich an allen MarienFesttagen eine halbe Stunde vor dem nachmittägigen Gottesdienste in der Kirche versammeln und zu Ehren ihrer Königin die Lauretanische Litanei beten und ein Marienlied singen zu wollen." Anmerkung: 'Chronik der Pfarre Stetteldorf, Bd.2 (1810-1940), S. 131-133; der Bericht stammt von Pfarrer Mathias Terklau (1814-1868), der von 1849 bis 1868 die Pfarre Stetteldorfinnehatte. Maria-Lourdes-Kapelle in Großengersdorf, NÖ,1887-1987 Von Pfarrer FranzJamöck-Käthe Krob Wenn etwas 100 Jahre besteht, ist das allein schon Grund genug, besinnliche Rückschau zu halten. Wieviel mehr gilt das für ein Marienheiligtum, das sein hundertjähriges Bestehen im „Mariani schen Jahr" begehen konnte. Es war 1886, als dem durch einen Unfall erblindeten Landwirt Martin Kimmersdorfer aus Großengersdorf von einem ungenannten Wohltäter die Teil nahme an der ersten gesamtösterreichi schen Wallfahrt nach Lourdes in Frank reich ermöglicht wurde. Obwohl sein sehnlichster Wunsch, „die Gnade der Heilung zu erlangen",sich nicht erfüllte, war er vom Erlebnis dieser Wallfahrt trotzdem so begeistert und entschlossen, für den Bau .einer Lourdeskapelle in seinem Heimatort zu werben. Seine An regung konnte durch die Gründung eines Baukomitees und vieler freiwilli ger Spender schon bald realisiert wer den. Bereits im Oktober 1887 war die Kapelle samt Brunnen und Schutzhaus gebaut und konnte feierlich eingeweiht werden. Aus einem Brief Martin Kimmersdorfers an den damaligen Pfarrer Gamrith ist unter anderem zu erfahren: „Als Frucht meiner Pilgerfahrt steht nun draußen im Wald unser kleines Marien heiligtum. Wir können ganz sicher hof fen, daß die göttliche Vorsehung es so gewollt hat und daß die Unbefleckte mir den Gedanken ins Herz gelegt hat." Diese tiefgläubige Überzeugung Mar tin Kimmersdorfers hat sich durch 100 Jahre bestätigt, denn die Maria-LourdesKapelle in Großengersdorf ist von 1887 bis heute eine lebendige Wallfahrtsstätte geblieben und weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt und beliebt.So gehört es zum festen Programm, daß ab Oktober 1887 zweimal im Jahr - zu Christi Him melfahrt und statt Maria Geburt jetzt am zweiten Sonntag im September-ein festlicher „Kapellengang" mit Prozes sion von der Pfarrkirche um 9 Uhr und Wallfahrermesse bei der Kapelle gefeiert 34 wird. Dabei wirken Ortsmusikkapelle und Vorsänger mit. Nur 1941 bis 1944 wurde die Prozession über Auftrag des NS-Regimes untersagt. Im Laufe der Jahre hatten sich aber auch viele auswärtige Wallfahrer mit eigenen Veranstaltungen und Prozessio nen eingefunden wie etwa der „GroßMaria-Taferl-Verein" aus Wien,derjähr lich im August kam. Oder die Männer kongregation aus Wien-Floridsdorf, die bis zum Zweiten Weltkrieg jährlich im Sommer herkam. Auch verschiedene Frauenkongregationen kamen regelmä ßig wie aus Wien X, Apostelkirche, Wien-Großjedlersdorf, Wien-Kaisermühlen oder aus Straßhof, um nur einige zu nennen,und laut Chronik bis zu 200 und mehr Pilger zählten,einmal sogar 3000! Waren es bisher katholische Vereine, die in geschlossenen Prozessionen ka men, so waren es nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend „Gruppen" wie etwa aus Wien-Reindorf, DeutschWagram, Erstkommunionkinder aus Wien-St. Christoph am Rennbahnweg, Senioren aus Wien in sowie Familien runden und Gruppen aus dem Dekanat, die ihre Andachten feierten. Besonders erwähnenswert wäre noch der „Emmausgang" am Ostermontag; dieses seltene Brauchtum ist wohl schon so alt wie die Kapelle und wird von den Engersdorfern sogar bei unft-eundlichem Wetter durchgeführt. Die Teilnehmer pilgern einzeln und halten um 5 Uhr früh eine gemeinsame Andacht, die von den Vorbetern mit Gebeten und Liedern gestaltet wird. Die Rückkehr erfolgt gemeinsam und endet in der Pfarrkirche mit Kommunionfeier. Seit Jahren kommt am Nachmittag eine Gruppe Emmauspilger aus Seyring mit ihrem Pfarrer, um besinnliche Andacht zu feiern. Daß eine so beliebte Wallfahrtsstätte auch entsprechend gepflegt wurde, läßt sich an den vielen Herstellungen im Verlaufder Jahre ablesen: 1892; Aufbau eines Türmchens am Dach der Kapelle für die Aufnahme einer gespendeten Glocke. Um 1900 wurden rechts und links der Kapelle je eine freistehende Kapellen nische errichtet für die beiden Barock statuen hl. Petrus und Paulus vom ehe maligen Hochaltar der Pfarrkirche. 1965; neue Maria-Lourdes-Statue aus Holz(bisher aus Gips); Rückkehr von 15 Rosenkranzbildern, die 1903 gespendet und 1935 entfernt werden mußton. 1967; zwei kleine Fenster zur besseren Belichtung der Kapelle wurden einge setzt. Gerahmtes Verzeichnis der einsti gen Votivgaben und ihrer Spender ange fertigt, ein Votivbild zurückerhalten. 1968; aus Anlaß des 80jährigen Beste hens der Kapelle wurde der Dachstuhl von Kapelle und Türmchen erneuert und mit Eternit gedeckt. Für die beiden Seitenkapellen schuf Pfarrer Leopold Schramm, ein gebürtiger Großengersdorfer, auf zwei großen Ahornholztafeln Bilder in Brandmalerei zu den Themen: Maria, die Begnadete und Maria, Mutter der Christen, Urbild der Kirche. 1979: zum 100. Todestag der hl. Berna dette Neubau des Schutzhauses mit Ab stellraum aus Ziegeln(bisher Holz). Neu herstellung von Wandmalereien in der Art von farbigen Sgraffitos an den In nenwänden des Schutzhauses. 1987: zur lOO-Jahr-Feier: Trockenle gung aller drei Kapellen, Verputz und Färbelung innen und außen. Neue Git terstäbe an den drei Gittertüren. 2 neue größere Rundbogenfenster (statt der bis her kleinen eckigen). Als Hintergrund der Marienstatue wurde die Wand mit einem großen Mosaik in Gold und Blau geziert. Die beiden Statuen Maria und Bernadette wurden neu gefaßt. Neue. Glocke im Turm, zugleich Geschenk zum Goldenen Priesterjubiläum des dzt. Pfarrers. Renovierung der 15 Rosen kranzbilder (rund auf Blech gemalt und gerahmt,ewa 37cm Durchmesser). Neben diesen beachtlichen Verschöne rungsarbeiten, die fast zur Gänze den einzelnen Spendern zu verdanken sind, wurde die Kapelle durch Instandhal tungsarbeiten auch im Laufder Jahre in würdigem Zustand erhalten. So ist es auch verständlich, daß Großengersdorf das lOOjährige Bestehen dieses immer lebendig gebliebenen Wallfahrtsortes zu Ehren der Gottesmutter besonders fest lich beging. Beteiligung und Mitfeier in schöner Gemeinschaft bewiesen die in nige Verbundenheit mit Maria, der ja auch die Pfarrkirche geweiht ist. An der Jubiläumsprozession, angeführt von Vorbetern, Ministranten mit Fahnen und begleitet von der Ortsmusikkapelle, nahmen auch unter anderem die Volks schüler mit ihrem Direktor und Lehr kräften teil. Den Festgottesdienst feierte Prof. Kerschbaummayer aus Wien XVni mit den Pilgern. Anschließend brachten einzelne Sprecher die wichtigsten Daten aus der 100jährigen Geschichte der Lourdeskapelle als besinnliche Rück schau. Eine feierliche Andacht am Nach mittag beschloß den Festtag mit Dank und Bitte, daß Maria auch weiterhin der Pfarrgemeinde und den Wallfahrern ih ren Schutz und Segen gewähren möge!

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