Gestapo-Auftrag die Weisung, daß sie binnen 48 Stunden die Wohnung verlas sen sollten. Instruiert, wie sie waren, unterschrieben sie gar nichts, sondern erklärten: „Unsere Oberin hat uns hiehergestelit; unsere Oberin allein kann uns abberufen." Die Schwestern setzten sich mit dem Mutterhaus ins Einverneh men; dieses ließ die Habseligkeiten per Auto abtransportieren; am 5. September 1941 nahmen die beiden Schwestern von Pfarrer, Kirche und Gemeinde Ab schied. Die Auflösung des Knabenseminars in Hoilabninn: Wir hatten zwei Studenten im Semi nar zu Hollabrunn. Im September 1938* erhielten die Eltern die Nachricht, daß das Institut beschlagnahmt sei, und daß sie die Sachen der Zöglinge abholen möchten. Gleichzeitig kam an die Stu denten unter Zusicherung nazistischer Beihilfen die Aufforderung, einen weltli chen Beruf zu ergreifen und der ParteiIdeologie sich zu verschreiben. Satani sche Seelenfangerei! Unsere beiden fie len nicht herein! Kinderseelsorgestunden: An die Kinderseelsorgestunden, die nebst dem Religionsunterricht in der Schule durch mich selbst allsamstagig in der Kirche geboten wurden, fand sich gar oft wer ein, dem es an der Nasen spitze abzulesen war. nicht zu Gottes Ehre und zu eigener Frömmigkeit be ehre er uns. Einmal beobachtete ich einen Buben, der schon von seiner Mut ter und ihrer Aufpasserrolle geplaudert hatte, wie er die Buben und Mädel abzählte: Plötzlich fragte ich ihn: „Na, wieviel sind wir denn also heute?" Er wurde blutrot und stotterte: „67!" Seelsorgliche Betreuung der Kriegsge fangenen: Nach der Niederwerfung Frankreichs dauerte es eigentlich gar nicht lange und etwa 40 gefangene Franzosen wurden hierhergebracht, um die Nacht gemein sam zu schlafen und tagsüber in ver schiedenen Wirtschaften zu arbeiten. Das Verbot, zu den Mahlzeiten die Aus länder nicht am Familientische essen zu lassen, wurde bei uns nie durchgeführt: ,,Für doppeltes Tischdecken haben wir keine Zeit!". Schon nach der ersten Woche bestell ten die Franzosen bei mir eigene Gefan genenmesse für jeden Sonntag. Sie wurde durch Bination um '/29 Uhr der art durchgeführt, daß sich die Sängerin nen ablösten und zur Orgel unsere Lie der darboten. Nach Ostern 1941 erteilte ich Generalabsolution und an etwa 70 Prozent die hl. Kommunion.Bald darauf kam die Eröffnung: die Messen können anstandslos gehalten werden, jedoch müsse der Zelebrant ein französischer Priester sein. So war alles legal unmög lich gemacht. Ein Meisterstück nazisti scher Vorgangsweise! Den Gefangenen war um diese einzige Gelegenheit, sich heimatlich zu fühlen, sehr leid und vergaßen uns unsere Hilfs bereitschaft nicht. Noch vor ihrem Ab züge 1945 empfahlen sie uns Geistliche der Fürsprache der noch bleibenden Polen und Russen. Wenn sich später einzelne Franzosen in die Pfarrgottesdienste einschlichen oder die Krippe bzw. das hl. Grab besu chen wollten, so wurden sie von einer Familie aus ihren Fenstern erspäht. Die Wache bekam den gebührenden Rüftel und zu guter Letzt durften die Franzo sen sonntags aus der Gemeinschaftsun terkunft überhaupt nicht heraus. Fronieichman 1941: Die Feierlichkeiten sollten sämtlich auf Sonntag verlegt werden. Mit der Gendarmerie wurde der Prozessionsweg einvernehmlich festgesetzt, sodaß die Hauptstraße für eventuellen Militärver kehr vollständig unberührt blieb. Diese Neuordnung wurde am 8. Juni verkün det. Da kam nachträglich Eröffnung mit weiteren Erschwernissen; besonders bis sig war Punkt 4, daß die Prozession nicht an Parteigebäuden vorbeiziehen dürfe. Nach ursprünglichem Plane wä ren wir an der tür- und fensterlosen Mauer eines Hauses, das von der NSDAP „gemietet" war, zur Kirche eingeschwenkt. Um einer Anzeige zu entgehen, hätten wir zwischen den Sta deln zurückkehren müssen! „Nein!" er klärte ich. ..daß wir den Herrgott auf dem allerdreckigsten Wege durchs Dorf tragen, daß hat er sich und das haben wir uns nicht verdient! Entweder wür dige Prozession oder gar keine! Der Herrgott wird sich schon selber seinen Weg finden!" Und alle Vorbereitungen wurden abgesagt. Da das rechte Seiten schiff mit Bauteilen ganz verstellt war, konnte auch Innenprozession unmöglich gehalten werden. Also: eine Situation, wie sie wohl nie noch waltete, seit in diesem Ort religiöser Betrieb jemals geübt wurde! Anmerkung: ' Die Auswahl wurde von Johann Wei ßensteiner vorgenommen. Sie erfolgte vor allem unter dem Gesichtspunkt, einen möglichst repräsentativen Quer schnitt zu bieten. Da es sich um durch aus allgemeingültige Ereignisse handelt, wurden alle persönlichen und lokalen Details weggelassen. Sonst wurde der Originalwortlaut des Manuskripts beibe halten. Erinnerungen an die NS-Zeit Von P.Cornelius Steffek OCist.,Heiligenkreuz' Von 1937 bis 1939 war ich Kaplan in der Zisterzienserpfarre Neukloster in Wiener Neustadt. Ich gründete dort eine Pfadfindergruppe neben der Gruppe der Dompfarre. Innerhalb eines halben Jah res war die Gruppe 60 Mann stark (20 Wölflinge. 20 Pfadfinder, 20 Rover). Die Stoffe für die Uniformen waren bestellt, da kam im März 1938 der Umbruch und damit das Verbot aller Vereine. Bur schen aus allen Lagern - Pfadfinder, Neuländer, vom christlich-deutschen Turnverein, aus der Marianischen Stu dentenkongregation -kamen unter mei ner Leitung zu einer wöchentlichen Bi belstunde. Diese Gruppe war eine ver schworene Gemeinschaft,auch dann, als die Burschen ins Feld mußten, war eine rege Verbindung da, unterstützt durch gegenseitige Briefe. In Wiener Neustadt konnte ich in der Mädchenhauptschule Religionsunter richt erteilen. Fronleichnamsprozessio nen durften in jener Zeit nur mehr auf kircheneigenem Grund abgehalten werden. Im großen Klostergraben des Neuklosters war das im Jahr 1939 noch gut möglich, die Burschen der Bibel runde nahmen an der Prozession ge schlossen teil. Am 1. September 1939 - Kriegsbeginn - kam ich als Pfarrer nach Gaaden. Dieser Ort gehörte damals zu GroßWien. Der Pfarrer durfte keinen Reli gionsunterricht erteilen,es kam ein defi nitiv angestellter Religionslehrer aus Wien. Dagegen konnte ich in Seelsorge stunden die Kinder unterrichten und sie für die Erstkommunion und für die Firmung vorbereiten. Im Jahr 1939 wurde auch der Kirchenbeitrag einge führt. Das damals gehandhabte System der Einhebung der Beiträge durch die Pfarre hatte den seelsorglichen Vorteil, daß der Pfarrer bei der Vorschreibung der Beiträge auf spezielle Notlagen Rücksicht nehmen konnte. Kirchenaus tritte gab es nur wenige, die meisten erfolgten unter Druck der Parteistellen. Manche Christen wurden auch durch die Partei vom Kirchenbesuch abgehalten. Als Pfarrer von Gaaden hatte ich weiterhin Kontakt mit den Mitgliedern meiner Bibelrunde von Wr. Neustadt. Hatten sie Urlaub, kamen sie sicher zu Besuch. Oft kamen auch Wiener Jugend liche auf ihren Wanderungen in den Wienerwald nach Gaaden und brachten Grüße von ihren Geistlichen. Und ich freute mich, jungen Menschen dazu zu verhelfen, auch in dieser schwierigen Zeit ihrem Glauben treu zu bleiben. Man konnte überhaupt sagen, daß unter dem Druck der Gegenseite das religiöse Le ben zunahm und der Glaube bei vielen fester wurde. 1941 wurde ich zum Ju gendseelsorger des Dekanates Heiligen kreuzernannt. Wie kam es nun zur Berührung mit der Gestapo (Geheime Staatspolizei)? Den ersten Berührungspunkt hatte ich in Wr. Neustadt im Jahre 1939. als die Burschen nach einer Bibelstunde vor dem Neukloster von der Hitlerjugend (Streifendienst) zum Sitz der Gestapo geführt worden waren und ich am näch sten Tag sofort bei der Gestapo vorstel lig wurde. Dort wurde mir gesagt, es sei nur ein Übergriff der Hitlerjugend und es sei ein Plakat mit der Bezeichnung von Ort, Tag und Stunde ersichtlich zu machen, am Tore des Neuklosters. 1943 kam die Gestapo zu mir nach Gaaden mit einem Brief, den ich einem St. Pöltner Jugendführer geschrieben hatte. Der Inhalt: Ich werde den Bericht über 16
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