Als Mitarbeiterin des Jugendreferates war ich verfügbar und wurde beauftragt, diesen Kurs organisatorisch zu betreuen und zu begleiten, den Kontakt mit dem Stephansplatz zu sichern. Von dort ka men ja die Vortragenden mit der West bahn täglich zum Kurs heraus.Es waren dies die für die einzelnen Themen zu ständigen Referenten des Seelsorgeam tes und des Ordinariates. Nach Kurs ende wurde ich auch mit der Begleitung der Schwestern in ihren Einsatzpfarren betraut und war Zeuge des großen Erfol ges, - sowohl für die Schwestern wie auch für die Pfarren. In der Folge wünschten immer mehr Pfarren eine solche „Seelsorgehelferin", auch Pfar ren,die vorher nie an die Mitarbeit einer Frau gedacht hätten! Deshalb richtete das Seelsorgeamt ab Herbst 1939 einen Abendkurs für Schwestern und bald auch für andere Frauen ein, der in der Folge bis zum Kriegsende an zwei Abenden der Woche stattfand. Von den Aufgaben im Bereich des Kirchenbeitra ges wurden diese Mitarbeiterinnen schrittweise entlastet, da ja mit der Errichtung und dem Ausbau der erzb. Finanzkammer ein eigener Mitarbei terstab herangebildet wurde. Dafür ka men andere pastorale Aufgaben über die Kinderseelsorge hinaus in den Pfarren dazu. Diese wuchsen immer mehr an,so daß im Jahr 1941 im Seelsorgeamt ein eigenes Referat Seelsorgehilfe eingerich tet wurde. Dieses wurde mir anvertraut; meine Arbeit in der Jugendseelsorge übernahm einejüngere Ordensfrau. Die in der Seelsorgehilfe während der weiteren Kriegsjahre gewonnenen Er fahrungen führten im Mai 1945 zur Gründung des Seminars für kirchliche Frauenberufe. Als wir damals an den Neubau des kirchlichen Lebens gehen durften, ging es ja unter anderem auch darum, von Anfang an die Weichen für die Mitarbeit der Frau in der Pastoral zu stellen. Sollte die Frau nicht nur gut sein für Handlangerdienste und zur Ent lastung der Priester von unangenehmer, zeitraubender Kleinarbeit (die freilich auch getan werden muß), so mußten die angehenden Mitarbeiterinnen in den Gemeinden oder an diözesanen Stellen eine solide Ausbildung erhalten, mußten sich aber auch spirituell auf ein Leben im Dienste der Kirche vorbereiten. Vor stufen, Lernjahre für diesen Neuanfang waren die Kurse und Einsätze der Frauen während der Jahre des NS-Regimes. Die aus der pastoralen Praxis ge wonnenen Erfahrungen hatten uns im Referat Seelsorgehilfe aber noch eine wichtige Einsicht geschenkt: sollte die Arbeit der Frau ernst genommen wer den und wirksam zum Tragen kommen, dann durfte die Anstellung einer Seel sorgehelferin nicht wie bis zum Jahre 1938 Privatsache eines einzelnen seel sorglich besonders engagierten Pfarrers sein, abhängig von finanziellen Möglich keiten, - nein, dann mußten diese Frauen im Auftrag des Bischofs einge setzt werden, dort, wo die Diözese ihre Mitarbeit brauchte. Auch für diese Ein sicht waren die Kriegsjahre Schritt macher. Es ist das große Verdienst von Erzbischof Kardinal Dr. Theodor Innitzer, daß er im Mai 1945 die Vorschläge des Referates Seelsorgehilfe sofort posi tiv zur Kenntnis nahm, die Gründung des Seminars genehmigte und dem neuen Konzept für den Einsatz der Frau in der Seelsorge zustimmte. Drei Jahre später wurde dieses Konzept von der Österr. Bischofskonferenz für alle Di özesen übernommen und das Wiener Seminar als Ausbildungsstätte für die Seelsorgehelferinnen aller Diözesen aus gebaut. Noch heute erfüllt es als Semi nar für pastorale Berufe mit neuen, der neuen pastoralen Situation entsprechen den Lehrplänen seine Aufgabe. Jetzt werden dort nicht nur junge Frauen, sondern auch junge Männer für die Mitarbeit in der Seelsorge ausgebildet, wir kennen sie als Pastoralassistentin nen und Assistenten landauf, landab. Die Anfänge dieses heute schon so selbstverständlichen Instruments der Seelsorge entdeckten wir in den Jahren zwischen 1938 und 1945 genau so wie den Beginn der Kinder- und Jugendseel sorge nach dem Ende des Vereinskatho lizismus. Streiflichter aus einer niederösterreichischen Pfarre aus der Zeit der nationalsozialisti schen Herrschaft Am 10. Jänner 1946 schrieb ein nieder österreichischer Pfarrer das Manuskript „Die Zeit von 1938-45 auf Grund von Dokumenten und persönlichen Erlebnis sen". Die folgende Auswahl' zeigt an einigen Ereignissen, wie die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in einer Landpfarre erlebt wurde. Die Volksabstimmung: Es kam der 10. April, der Tag der lächerlichen Abstimmung. Furchtbar war für uns der erzwungene Aufruf der österreichischen Bischöfe, mit „Ja" zu stimmen; am elendigsten berührte das hinzugeschwindelte „Und Heil Hitler" des Wiener Kardinals! x-mal wurden wir gefragt: „Ist der Aufrufaber auch echt?" Wir konnten nur die Achseln zucken. Am 10. April stimmten wir Pfarrinsas sen alle mit „Ja". Eine Affenkomödie! Vier Stimmen im Ort lauteten auf „Nein". Sofort erhob sich die Kritik: „Das waren der Pfarrer, der Kaplan,das Frl. N. und die Pfarrhausgehilfm." Der Ortsgruppenleiter nahm uns in Schutz: „Ich habe selber ihre Stimmzettel einge sehen,sie lauteten aufJa!"So waren wir damals ohnmächtig! Die Auflösung der Vereine: Die Vereine mußten zuerst daran glauben. Wir Geistliche können nicht behaupten, darüber trostlos gewesen zu sein. Denn die Burschenarbeit war nicht nur schwer, sondern meist sehr ver drießlich und ohne besonderen Erfolg. Als nach der Auflösung des Burschen vereins Osterkommunion anberaumt war, beteiligten sich statt der bisherigen 70 bis 80 Burschen daran 110; viele ehemalige Nichtmitglieder fanden sich ein und ließen sagen, daß sie ja auch keine schlechten Christen seien. Die Ehrwürdigen Schwestern: Obschon es klar gewußt wurde, daß die Tage der Ordensfrauen im hiesigen Kindergarten gezählt seien, so mußten diese fast noch ein Jahr weiterwirken. Zu Allerheiligen erhielten sie, ohne daß sie ihrer Arbeit enthoben worden wären, die gewohnten Bezüge nicht. Diesen Vorfall nahm ich zum Anlaß, um die kurz vorher oberhirtlich aufgetragene Pfarr-Caritas zu realisieren. Zahlreiche Meldungen widmeten 20 Pfennige pro Kopf und Monat, um die Ehrwürdigen Schwestern finanziell zu sichern. Nun regte sich die NSV und bewirkte Wie derflüssigmachung der Soldbeträge an die geistlichen Kindergärtnerinnen; und die Partei brüstete sich:„Das haben wir gemacht!". Dazwischen sahen wir uns um, wo wir die Schwestern unterbrin gen könnten, sobald sie aus der Jugend arbeit ausgewiesen würden. Denn daß wir sie nicht aus dem Orte lassen wür den, darüber waren die Ortsbewohner fast lOOprozentig einig. Aus verschiede nen Möglichkeiten gelang es, ein Haus zu gewinnen, dessen Besitzerfamilie demnächst nach Wien übersiedeln und das Heim honetten Mietern zurücklas sen wollte. Als jedoch im Februar 1939 die Schwestern den Kindergarten räu men mußten, war die Familie noch immer nicht abgereist. So ergab sich die Möglichkeit, daß die drei Nonnen wohl in dem Ausnahmsstübl wohnen, ihre meiste Habe jedoch in der Bretterkam mer auf dem Ortsfriedhof provisorisch unterbringen konnten. Erst im Mai 1939 zog die Familie nach Wien.Da erhob die. Partei aufgrund eines Landesgesetzes Anspruch auf die Hauptwohnung, um diese einem bekannt bissigen Parteige nossen zuzuweisen. Ich bemühte mich zuerst gütlich, die Angelegenheit zugun sten der Alleinbenützung des ganzen Objektes durch die Schwestern ins Reine zu bringen. Und da es gelang, aufgrund des eingeholten Textes nach zuweisen, daß es sich nur auf länger leerstehende Wohnungen beziehe und obendrein bis 1. Mai 1939 befristet sei, so war der Erfolg total aufunserer Seite! Nun konnten die Schwestern hier leben und dienen. Dienen in Kirchen musik und Hauskrankenpflege. Wohl wurden die Schwestern im Laufe der Monate vom Orden ausgewechselt, aber sie dienten alle hingebungsvoll und se gensreiche Aber im letzteren lag der Haken! Die geistlichen Krankenpflege rinnen waren mit der Zeit zufolge ihres Wissens und Könnens an gewisser Stelle unbequem empfunden. Am 3. Septem ber 1941 erhielten die Schwestern über 15
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