Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Mitteilungen an den Klerus erfolgen durch das Diözesanblatt. ^Für eine gedeihliche Zusammenarbeit aller Stellen und für ein einheitliches Vorgehen nach außen hin wird der regelmäßig tagende Diözesanrat,der aus den verantwortlichen Leitern aller in Frage kommenden Ämter des Ordinaria tes besteht, besorgt sein." Nach Ausweis des Berichtes über die Arbeit des Seelsorgeamtes im Arbeits jahr 1938/1939 umfaßt das Amt zu die sem Zeitpunkt folgende Referate: Familienseelsorge, Männerseelsorge, Frauenseelsorge, Jugendseelsorge (männliche Jugend). Jugendseelsorge (weibliche Ju gend), Kinderseelsorge, Studentenseelsorge, Marianische Kongregationen, Re ligiöse Kultur, Kirchenmusik, Schriften mission, Bibliothekswesen, Wandernde Kirche''. Nach einem Ausbau des Amtes umfaßte dieses schließlich zu Beginn des Jahres 1943 folgende Referate und Dienststellen:'^ A. Hauptreferate: Allgemeine Referate: Exerzitien, Wissenschaftliche Mitar beiter und Bibliothekar, Religiöse Kul tur, Liturgische Erneuerung,Bibelarbeit und Unionsfragen, Seelsorgehilfe, Reli giöses Schrifttum,Dorfkultur,Statistik. Standesreferate: Familienseelsorge, Männerseelsorge, Frauenseelsorge, Jugendseelsorge; a) männliche Jugend, b) weibliche Jugend, Kinderseelsorge. Sondergruppen: Hochschulseelsorge, Mitlelschulseelsorge. Wandernde Kirche. Konvertitenseelsorge, Krankenseelsorge, Nüchtern heitsseelsorge, Kirchenangestellte, Blindenapostolat. B. Dienststellen: Kanzlei, Behelfsdienst, Trinkerfür sorge, Diözesanbildstelle, Kriegshilfs stelle, Hausverwaltung und Archiv, Schreibstube, Telephonzentrale, Aus landdeutschenstelle, graphischer Hilfs dienst,seelsorgliche Aushilfe. C. Angegliedert: Verlagsstelle, Dompfarrbücherei, Heim Wien, 107, Geblergasse 45, Heim stätte Winterbach. Die 1938 durchgeführte organisatori sche Neuordnung der Seelsorgearbeit in der Erzdiözese Wien hat sich in der schwierigen Zeit der nationalsozialisti schen Herrschaft bewährt. So konnte tatsächlich „Aufbau im Widerstand" ge leistet werden.'" Anmerkungen ' Diözesanarchiv Wien (im folgenden DAW), Nachlaß Prälat Rudolf, Karton 137/2. „oder gegen die Juden" ist nachge tragen. " Der Seelsorger 14 (1937/1938) 193-201, hierS. 195 f. ' Wie Anm.1. Seelsorgeinstitut. " Katholische Aktion. " Wie Anm.1. " Bezieht sich auf Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestal tenkämpfe unserer Zeit(München 1930). " Widerstand und Verfolgung in Wien, Bd.3(Wien 1975)47 f. Nr.86. '" Wiener Diözesanblatt 1938,S.27-29. '' DAW, Nachlaß Prälat Rudolf, Kar ton 137/3. Ebd. DAW, Zentralvaria 1938/Zl. 9400; abgedruckt im Wiener Diözesanblatt 1938,S.87. '' DAW, Nachlaß Prälat Rudolf, Kar ton 137/3. Karl Rudolf, Aufbau im Wider stand. Ein Seelsorgebericht aus Öster reich 1938-1945(Salzburg 1947)367. '" Vgl. dazu eingehend die in der vorhergehenden Anmerkung genannte Darstellung von Karl Rudolf. Vom Vereinskatholizismus zur lebendigen Pfarrgemeinde Erinnerungen an die Seelsorgearbeit in der NS-Zeit Von Hildegard Holzer Beim Rückblick auf die Zeit 1938-1945 tauchen begreiflicherweise viele nega tive Erinnerungen in uns auf. Wir wis sen noch sehr gut, daß das seelsorgliche Wirken der Kirche damals drastisch erschwert war, daß starker Druck, um nicht zu sagen Terror, dieses Wirken ein schränkte, daß Priester, Ordenschristen und Laien verfolgt wurden. An all dies können sich die Älteren unter uns nur zu gut erinnern. Doch dürfen wir auch dankbar daran denken, daß die Kirche in eben diesen Jahren viel gelernt hat. Gott schrieb gerade aufkrummen Zeilen auch in der Not dieser Jahre. Die Seel sorge empfing unter dem harten Druck von außen entscheidende Impulse; die Kirche war gezwungen, neue, wesentli che Wege zu den Menschen zu suchen' und zu beschreiten, nachdem die bis dahin bestehenden Kontakte zwischen Priestern und Kirchenvolk gewaltsam unterbunden waren. Sie hat neue Wege gefunden, und vieles, was damals zu wachsen begann, hat sich über die Not zeit hinaus als fruchtbar und wertvoll bewährt, blieb gültig auch für den Neuaufbau des kirchlichen Lebens nach 1945. In seinem Buch „Aufbau im Wider stand" hat Dr. Karl Rudolf einen aus führlichen Bericht über die pastörale Arbeit Jener Jahre gegeben, der gerade heute wieder lesenswert ist. Da ich seit 1934 im Rahmen der Ka tholischen Aktion mit Aufgaben in der Jugendseelsorge betraut war, habe ich auf diesem Gebiet die Schwierigkeiten, wie auch den neuen Aufbruch miterlebt und konnte am Beispiel der Jugendseel sorge verfolgen, wie Schwierigkeiten und Nöte der NS-Zeit und des Krieges auch zum Wurzelboden für neue Wege wurden. Im März 1938 versuchten die neuen Machthaber alles, um den Kontakt zwi schen Seelsorgern und jungen Menschen massiv zu erschweren, ja auszulöschen, das gegenseitige Vertrauen zu untergra ben, das Gemeindeleben überhaupt auf ein Minimum zu reduzieren. Bis dahin waren die meisten Katholiken in zahlrei chen Vereinen organisiert, vor allem in den sogenannten Standesvereinen der Frauen, der Männer und der Jugend; viele waren dort geistig beheimatet. In diesen Vereinen erlebten sie ihre Zuge hörigkeit zur Kirche, bewußter sehr oft als in der Pfarre. Die Kirche war wohl der sichtbare Mittelpunkt der Ge meinde, man besuchte mit Freude den Sonntagsgottesdienst, die Predigt, ver schiedene „Andachten". Aber im Alltag, in Familie und Beruf, im öffentlichen Leben war Kirche für die Menschen präsent und verpflichtend erfahrbar in beinahe zahllosen verschiedenen Ver einen und religiösen Gemeinschaften, wie zum Beispiel in den Dritten Orden und in den Kongregationen. Dort war der Raum,wo man als Christ, als Katho lik im Alltag lebte und wirkte. Wo man sich außerhalb des Gottesdienstes traf. Diese Vereine waren das wichtigste In strument der Seelsorge. Dort wurde Cari tasarbeit getan, Missionshilfe geleistet, dort wurde Musik für Gottesdienst und weltliches Feiern gepflegt, dort waren die Bereiche der Freizeitgestaltung zu Hause, vom Fußball der Burschen und anderen Sportarten angefangen; es gab eine Unzahl katholisher Vereine auch im kulturellen Bereich. Der Sitz ihrer Aktivitäten waren die „Vereinsheime", die rechtliches Eigentum der Vereine waren. Die Pfarrhöfe waren etwas ande res. Dort wohnten die Seelsorger, oft sehr privat. Daneben war der Pfarrhof ein amtliches Gebäude, beherbergte er doch die Pfarrkanzlei, in die man bei Bedarf wie in andere Ämter ging. Dieses Vereinsleben hatte in Stadt und Land eine lange Tradition, war fest verwurzelt im Bewußtsein der Katholiken. Seit der Mitte der dreißiger Jahre wären diese Vereine, der Aufforderung Pius XL fol gend, in der Katholischen Aktion in einer Art Dachverband zusammenge schlossen. Dadurch sollte die mitunter auch recht wild und selbstherrlich wu chernde Vielfalt dieses Vereinslebens zu größerer Einheit zusammenwachsen,ge meinsame Aufgaben wahrnehmen. Un ter der Leitung der Diözesanbischöfe sollten sich die Laien bewußter als Mit arbeiter der Hierarchie im Apostolat der Kirche erfahren, sollten über ihr jeweili ges Vereinsziel hinaus als Laienapostel mitarbeiten an der Verchristlichung der Gesellschaft. Die Seelsorger, Pfarrer wie Kapläne, waren je nach dem konkreten Vereinsziel und den diesen entsprechen den Statuten verschieden intensiv an der Leitung oder an der aktiven Mitar beit in den Vereinen beteiligt. Mit einem Schlag waren im März 1938 diese Vereine und auch die Katholische Aktion aufgelöst, die Häuser, Heime, 18

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