mit dem Führer war nur Hochwürden Jauner anwesend. Der Kardinal be grüßte zuerst den Führer und brachte ihm dann die Bereitheit der Katholiken zum Ausdruck, loyal zum neuen Staate zu stehen. Der Führer äußerte sich befriedigend, die Kirche werde es nicht zu bereuen haben, wenn sie sich loyal zum Staate stelle. Wenn sich hier in Österreich eine gute Zusammenarbeit ergebe, was in Deutschland leider nicht gelungen sei, dann könne dieser reli giöse Frühling sich auf das Altreich auswirken, wo die Fronten bedauerns werter Weise festgefahren waren. Die Unterredung dauerte etwa eine Viertel stunde. Beim Verlassen des Hotels wur den ähnliche Kundgebungen laut wie zuerst. Die diensttuende SS zerstreute die Menge. Naturgemäß wollte der Kardinal von dieser Unterredung seinen Gläubigen Mitteilung machen. Ein kurzes Hirten wort wurde verfaßt des Inhaltes,daß der Führer persönlich zugesichert habe, die Kirche werde ihre Treue gegenüber dem Staate nicht zu bereuen haben,die Gläu bigen mögen, den geänderten Verhält nissen Rechnung tragend,sich loyalzum neuen Staate stellen, in der Seelsorge möge jedwede Politik vermieden wer den. Dieser Aufruf wurde der Presse zugestellt, kam aber nicht in die Öffent lichkeit, da die Zeitungen, auch das Kirchenblatt, eine solche Veröffentli chung ohne Genehmigung der neuen Regierung nicht vornahmen. Der Kardi nal wandte sich darauf brieflich an Gau leiter Bürckel mit der Bitte, den Aufruf veröffentlichen zu lassen, wobei der Kardinai der Verwunderung Ausdruck verlieh, daß man seinen Aufruf zurück halte. während der evangelische Ober kirchenrat und die Leitung der altkatho lischen Kirche schon tags zuvor im Rundfunk ihre Stellungnahme hatten veröffentlichen können. Daraufhin sandte am 16. März abends der Gauleiter seinen Adjutanten Klaus Selzner zum Kardinal mit dem Vorschlag, es möge eine Erklärung aller Österreichischen Bischöfe abgegeben werden; dazu legte er auch gleich einen Entwurf vor, der folgendermaßen lautete: „1. Wir Bischöfe erkennen den Segen der Arbeit der NSDAP für das Deutsche Reich und Volk und namentlich für die ärmsten Schichten dankbar an, zumal ohne diese Arbeit der Bolschewismus bestimmtgekommen wäre. 2. Wir halten es daher für die Pflicht der Kirche, dafür zu beten, wofür die Partei arbeitet. 3. Wir werden uns am Tag der Volks abstimmung als Deutsche zum Reich bekennen und erwarten auch von allen gläubigen Christen, daß sie wissen, was sie ihrem Volke schuldig sind." Der Kardinal lud darauf telegraphisch die Bischöfe zu einer Konferenz nach Wien, zu der der Gauleiter zu kommen versprach. Am 18, März kamen die Bischöfe zusammen und traten im erz bischöflichen Palais um 10 Uhr in die Beratungen ein. Sie befaßten sich zuerst mit dem vorgelegten Entwurf und än derten ihn ab. Grundsätzlich waren sie der Auffassung, daß man nicht ohne weiteres die Verhandlungen ablehnen könne. Es eröffnete sich die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen Kirche und Staat friedlich zu regeln. So wollte man die Verantwortung nicht auf sich neh men, durch eine starre Ablehnung diese Möglichkeit zu versäumen. Um 11 Uhr erschienen drei Herren von der Gauleitung, nicht der Gauleiter selbst, wie zuerst in Aussicht gestellt worden war. Es kamen der schon er wähnte Adjutant Klaus Selzner, ferner auch ein Dr.JosefHimmelreich,Schwie gersohn des Malers Gebhard Fugel aus München, der aus seiner katholischen Einstellung kein Hehl machte. Zuerst brachten die Bischöfe einige Beschwer den vor; der Erzbischof von Salzburg war in seinem Palais zwei Tage lang ein Gefangener gewesen, ein SA-Mann war Tag und Nacht in seinem Zimmer, er war auch vor seiner Abreise einer Lei besvisitation unterzogen worden, der Fürstbischof von Graz Pawlikowski war 24 Stunden lang wie ein Verbrecher im Gefängnis gewesen. Es wurden auch mehrere andere Angelegenheiten zur Sprache gebracht, doch erklärten die Herren der Gauleitung, Einzelheiten könnten jetzt nicht endgültig geregelt werden, weil die Vorbereitung der Ab stimmung viel Arbeit erfordere, aber nach dem Tage der Abstimmung würde den Bischöfen Gelegenheit gegeben, einen Tag lang mit dem Gauleiter alle kirchlichen Belange besprechen zu kön nen. Sodann besprachen die Bischöfe mit den Vertretern des Gauleiters die vorgelegte Erklärung, die sie bereits gemildert und abgeändert hatten, und sandten sie dann dem Gauleiter zurück. Dieser änderte wieder den Text und gab ihm vor allem die pompöse Einleitung. Da er augenblicklich danach abreisen mußte, waren die Bischöfe mit diesem neuen Text in einer Zwangslage; sie hätten die Angelegenheit einige Tage aufschieben können, stimmten aber dann doch dem Texte zu, der an sich nichts enthielt, was direkt den Rechten der Kirche widersprach. So wurde die Erklärung von allen anwesenden Bi schöfen unterschrieben. Der Text und die Unterschriften sind daraufhin als Wahlplakat durch ganz Deutschland ge gangen, ohne daß man vorher auch nur die geringste Erwähnung zu den Bi schöfen getan hatte. Die Bischöfe reisten in ihre Diözesen ab, nur der Fürsterzbischof Waitz von Salzburg verblieb in Wien, so daß von nun an die beiden österreichischen Me tropoliten weiter verhandelten. Es war ihnen vor allem darum zu tun, in der Erklärung mit einem Satz festzustellen, daß die Rechte Gottes und der Kirche nicht angetastet werden sollen. Da Adju tant Selzner erkrankte, wurde Dr. Him melreich mit den Verhandlungen vom Gauleiter betraut. Am 19. März sowie am Sonntag fand eine Aussprache zwi schen den beiden Metropoliten und ihm statt. Die Bischöfe treten mit ihrer Er klärung vor die Weltöffentlichkeit, sie dürfen nichts sagen, was den Rechten Gottes oder Kirche widerspreche. So einigte man sich auf eine Vorbemer kung, in der der Satz enthalten sein sollte: ,,Unbeschadet der Rechte Gottes und der Kirche!" Am 21. März sprachen die beiden Kirchenfürsten beim Gaulei ter vor; sie betonten, daß es notwendig sei, in ihrer Verantwortung vor Gott und ihren Gläubigen der feierlichen Erklärung der Bischöfe eine erklärende Note vorauszuschicken. Der Gauleiter bat sich Bedenkzeit aus. Er meinte, es müssejedenfalls vermieden werden,daß ein mißlicher Eindruck entstehe. Es solle nicht aussehen, als hätten die Bi schöfe nur notgedrungen ihre Gefolg schaft zum deutschen Staat bekannt, als hätte andererseits er mit Zugeständnis sen an die Kirche sich diese Erklärung erkauft. „Haben Sie Vertrauen zu mir, ich will alles in günstiger Form regeln." Wenige Stunden nach der Unterredung brachte Dr. Himmelreich den Text der Erklärung, in der er als Motto vor schlug: Gebt Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist! So ist dann das Vorwort zur feierlichen Erklä rung entstanden. Man hat sich oft gefragt, ob die öster reichischen Bischöfe nicht informiert waren über den Nationalsozialismus in Deutschland, wieso sie einen solchen Schritt tun konnten. Die Bischöfe wuß ten genau Bescheid,sie standen aber vor einer verantwortungsvollen Entschei dung. Es hing doch scheinbar von ihnen ab, durch eine entgegenkommende Hal tung noch einmal die Möglichkeit zu bieten, zu einem vertrauensvollen Zu sammenwirken zwischen Kirche und Staat. Wenn der Führer selbst im Ge spräch mit dem Kardinal auf diese Lage hinwies,so war es für die Bischöfe nicht leicht, mit einer Handbewegung eine solche entscheidende Stunde zu verab schieden. Wenn auch in der späteren Folge die Entwicklung genau so erfolgte wie in Deutschland,so konnte man doch eines feststellen: Es war nicht die Kirche daran schuld gewesen,denn die österrei chischen Bischöfe hatten noch einmal die Hand gereicht in einer Art, daß sie dadurch ihr Ansehen in der ganzen katholischen Welt In Frage stellten. Wenn trotzdem wie überall auch hier der Nationalsozialismus brutal in die Rechte der Kirche eingriff, dann weiß man heute eindeutig, auf wessen Seite die Schuld lag. Das Gegenstück war im Jahre 1940 die Haltung der holländi schen Bischöfe; sie hatten ihre Ableh nung des Nationalsozialismus aufrechte rhalten; die Ereignisse gingen über sie hinweg. Ob so oder anders,der National sozialismus wußte immer seine Ziele zu erreichen. Wie kam es dazu, daß der Kardinal von Wien in seinem Brief vom 18. März an den Gauleiter, mit dem er die feierli che Erklärung der Bischöfe übersandte, mit Heil Hitler unterschrieb?' Dr. Him melreich war zum Kardinal gekommen, um ihn zu bitten, einen begleitenden Brief für die bischöfliche Erklärung an den Gauleiter zu senden. Der Sekretär des Kardinals, Dr. Weinbacher, wurde vom Kardinal ins Arbeitszimmer geru fen. Der Kardinal diktierte ihm den
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