Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Gebäude sind, und das, was ihnen neu zugestiftet wird, ebenfalls der öffentli chen Anstalt gehört, auch in den frühe ren Erhebungen keine solche Behaup tung vorgekommen ist."-' Viele Kirchen und Kapellen gingen zur Zeit des „Klosteraufhebungsgeschäf tes" in Privatbesitz über. Was hätte man sonst mit ihnen anfangen sollen? Wer hätte sie erhalten sollen? Joseph II. wollte möglichst viel Geld für den am 28.2. 1782 gegründeten Religionsfond bekommen. Nie wurde jemand wegen Zweckentfremdung von Kirchen staatlicherseits belangt. So riß Kriegl gleich das „östliche Seitenschiff" der Kirche ab, um billiges Baumaterial für seinen Gutshofam Him mel zu bekommen.-*' Auch den schönen Hochaltar verkaufte er an die ev. Kirche nach Ödenburg.Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn die Kirche nicht sein Eigentum aufgrund des Kaufvertrages geworden und als solches auch aner kannt worden wäre.^" 27 Jahre später schreibt Pfarrer Ro man Köpf von Heiligenstadt: „Der Jo seph-Berg oder das Vohrmalsbestehende Kamaldulenser Gebäude ist mit allen ihren Geräthsamen von K.K.Stadts-Administration an den Meistbiethern ver kaufet wurden,daß man damit Schalten und Walten kann wie man wiel, daher hat auch der erste Käufer, die mit der Kirche verbundene Kapelle abgebro chen, und zu was andern verwendet.Die nächsten Nachfolger und schon der erste Käufer hat die Kirche zu was Löblichem bestimmt, weil daß die einzige Absicht war, welche wirklich ist erreicht wur den, jedoch haben sie nie ihre Rechte entsaget, alles was sich darinnen befin det ist ihr Eigentum, und von ihnen angeschaffet wurden, und nach verän derten Umständen damit Schalten und Walten zu können wie sie wollen."-" Es ist verständlich, daß Frau Josefine Finsterle, an der von ihrem Mann mit großen finanziellen Opfern aus dem Familienbesitz vor dem Verfall gerette ten und generalsanierten Kirche mit dem Herzen gehängt ist und sie gleich sam als ihre „Privatkapelle" betrachtet hat. Verständlicherweise war darüber der Pfarrer von Heiligenstadt verärgert. Er sollte eine Kirchenrechnung für seine Filialkirche, um die sich jahrelang nie mand gekümmert hatte, erstellen und hatte dabei seine liebe Not. Verstimmt schrieb er: „Von einem Inventarium der Geräthschaften dieser Kirche ist hier keine Rede. Diesbezüglich machte der frühere hiesige Pfarrer in dem im Jahre 1860 neuverfaßten Inventarium der Kir che Heiligenstadt, am Schluße folgende Bemerkung: Ein Inventarium dieser Fi lialkirche St. Joseph auf dem Kahlenberge konnte nicht verfaßt werden, weil die Patronin Frau Josepha Benischko dieselbe als Privatkapelle betrachtet, ungeachtet des Regierungsdekretes v, 1811 int. durch das Kreisamt V.U.W.W. Nr. 5703/7, und sich sogar beharrlich weigert, an den Pfarrer die Kirchenschlüßel auszuliefern, und ihn ein In ventar aufnehmen zu lassen. Kirche und Friedhof scheinen in den Grundbüchern der Herrschaft Josephsdprf als Eigentum auf. Weder staatli cher- noch kirchlicherseits wurde Ein spruch erhoben, als 1906 Dr. Gustav Benischko beide Objekte notariell an die PP Resurrektionisten verschenkte, ein Zeichen, daß er als rechtmäßiger Besit zer beider Objekte anerkannt wurde."" 80 Jahre sind nun die RR. PP,Resur rektionisten Eigentümer des histori schen Waldfriedhofes. Leider ist er dem Verfalle preisgegeben. Von der im Stif tungsbriefe erwähnten Pflege kann keine Rede sein. Vor mehreren Jahren haben sich fallweise Mitglieder des Döblinger Bezirksmuseums um die Reini gung desselben, soweit es personalmä ßig möglich war, gekümmert. In den Jahren 1980/81 erfolgte ebenfalls auf Anregung des Bezirksmuseums die schon längst fällige Erneuerung bzw. gänzliche Neueinfriedung des histori schen Waldfriedhofes. Döblinger Institu tionen bzw. namhafte Persönlichkeiten, die mit dem ehemaligen Eremieareal in Liebe verbunden sind, sorgten für die Finanzierung. Eine Informationstafel am Friedhofseingang tut dies den Besuchern kund. In den „Frühjahrsputz der Stadt Wien", der auch die Reinigung der Hö henstraße und der beiden Wiener Haus berge, des Kahlenberges und Leopoldiberges umfaßt, wurde diesmal erfreuli cherweise auch die Entrümpelung und Säuberung des Ritterfriedhofes miteinbezogen, so daß er derzeit keinen so deprimierenden und eines Gottesackers unwürdigen Eindruck auf die Besucher macht wie ihn anno 1844 die N.Ö. Lan desregierung in ihrer Klageschrift an das fürsterzbischöfliche Konsistorium zum Ausdruck brachte. Ein Nußdorfer Bürger, Herr Emme rich Glashüttner, unangenehm beein druckt vom verwahrlosten Waldfriedhof, organisierte eine freiwillige Reinigungs brigade. Das Stadtgartenamt stellte die nötigen Säuberungsgeräte zur Verfügung. 50 Scheibtruhen Mist wurden auf einen Lkw verladen und vom Buschenschenker Kierlinger abtransportiert. Jeder Besucher wird angenehm überrascht sein vom gepflegten Aussehen des Wald friedhofes der einstigen josephinischen Pfarre Josefsdorf am Kahlenberg. Durch diese lobenswerte Bürgerinitiative ist ein ständiger Stein des Anstoßes ent fernt worden. Es wäre sehr zu wün schen, daß diese edle Tat der Nußdorfer kein einmaliges Unter-die-Arme-Greifen dem Friedhofsbesitzer gegenüber gewe sen ist, sondern im Bedarfsfall aus Pie tätsgründen den 148 hier Bestatteten gegenüber eine Fortsetzung finden wird. Besonderer Dank gebührt auch Herrn Hans Danzmayr aus Josefsdorf 20, Be wohner der Kamaldulensereremitage auf der Nordseite, 2. Reihe, 3. Häuschen (Hier wohnte der Leibarzt und Chirurg von Fürst de Ligne, Dr. Wilhelm Pitt mann), der sich über 50 Jahre mit hinge bender Liebe um die Grabstätten küm merte und die Lebensgeschichten der auf diesem Ritterfriedhof Bestatteten erforschte. Seine Pläne konnte er nicht mehr verwirklicht sehen, weil er am 8. 6. 1987 im 85. Lebensjahr in die ewige Heimat abberufen wurde.R.I.P. Benützte Literatur und Quellen: Hans Danzmair, DER WALDFRIED HOF IN JOSEFSDORF AM KAHLEN BERG W.K.A. Misc.,3R.Nr.30. G. Schnabel, DER HISTORISCHE WALDFRIEDHOF VOM KAHLEN BERG(Manuskript). HISTORIA ECCLESIAE PAROCHIALIS IN MONTE CETIO, STAKLN, HS 60. PROTOCOLLUM MORTUORUM EC CLESIAE PAROCHIALIS IN MONTE STAKLN,HS 60/4. Gräberbuch über die Friedhöfe Wiens und der Vororte WLSTA,HS A 111/1. Grundbücher 233 von Josefsdorf. Abkürzungen: AFL = Archiv Fürst Lichtenstein PFA = Pfarrarchiv SCHA = Schottenarchiv STAKLN = Stiftsarchiv Kloster neuburg WLSTA = Wiener Landes- und Stadt archiv Anmerkungen: "Wie 9.'2 Wie 9. SchA, Tagebuch des P. Urban Loritz O.S. B., pag.282-298. ''STAKLN, Stiftsbrief Josefine Finsterle/Benischko. Gräberbuch am Friedhof Heiligen stadt. MAG. BEZ.-AMT, Grundbuch Jo sefsdorf,S.345,EZ 70. STAKLN,Ktn. 778/16. STAKLN,Ktn. 776/17. STAKLN,HS 276, pag. 244/245. STAKLN,fasc.. 1850 Nr.301-344A. 2' STAKLN. fasc. 8, 1850, Nr. 303-344A. loco citato. 2" Wie 22. Wie 22. "STAKLN Ktn.776/16. AFL, Ktn. 1206, Kircheninventar Pfr. Köpf; HHSTA, Religionsfond fasc. 115, Nr. 1925. 2' PFA Ev. Pfarre Sopron, 1/193 und 1/194 V. 26. 9. 1783. 2" Wie 26. 2® PFA Kahlenbergerdorf, Beilage zur Kirchenrechnung v. Josephsdorf für das Jahr 1862. Grundbücher 233/1-7 und Fortset zung. Wiener Diözesanblatt: Inhaber: Erzdiözese Wien (Alleininhaber). Herausgeber: Erzb. Ordinariat. Redaktion: Diözesanarchiv Wien (Dr. Johann Weißensteiner). Alle; 1010 Wien, Wollzeile 2. - Hersteller: Herold Druck- und Verlagsgesellschaft m.b. H., 1080 Wien,Strozzigasse 8. Das„Wiener Diözesanblatt" ist das offizielle Amtsblatt der Erzdiözese Wien. 48

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