Österreichs, der 1,300.000 Mitglieder hat, zum „Österreichischen Gewerkschafts bund" (ÖGB). Das Zentralorgan des ÖGB ist die „Solidarität". Ich habe über Ersuchen des ÖGB nach dem Katholi kentag 1952 in der Nummer der „Solida rität" vom 6. Oktober 1952/Nr. 175 aus führlich über „Gewerkschaft und Welt anschauung" geschrieben. Wir haben keine „Christlichen Gewerkschaften" wie früher in Österreich, sondern die Arbeiter und Angestellten christlicher Weltanschauung bilden in dieser Ein heitsgewerkschaft des ÖGB eine eigene Fraktion, die „Fraktion christlicher Ge werkschafter". Wäre diese Fraktion nicht, dann wäre es mit der Demokratie im Gewerkschaftsbund zu Ende und das Christentum hätte keine Möglichkeit,im Gewerkschaftsbund zu Wort zu kom men. Ich habe als Ehrengast alle Bera tungen des letzten großen Gewerk schaftskongresses mitgemacht, wohne regelmäßig den Tagungen der christli chen Fraktion bei, feiere bei ihren Bun destagen die hl. Messe und halte eine Ansprache, bin aber selber nicht Ge werkschafter und rede nicht im gering sten etwas drein. Es kann nicht Aufgabe eines Arbeiterseelsorgers sein, Gewerk schaftssekretär oder Arbeiterführer zu werden. Bei den französischen Arbeiter priestern, von denen einige diesen Weg gingen, hat Rom diese Methode abge lehnt. Die gewerkschaftliche Führung sollen wir doch den Laien, den christli chen Gewerkschaftern selber überlas sen. Wie sie das christliche Gedankengut auf dem gewerkschaftlichen Sektor zur Geltung bringen und verwirklichen, ist ihre Sache und ihre Aufgabe. Der ÖGB hat die Tendenz,den ganzen Menschen zu erfassen. Beim II. Kongreß des ÖGB vom 1. bis 6. Oktober 1951 sagte Präsident Böhm in seinem Referat „Die Zukunft des Gewerkschaftsbun des" wörtlich: „Auch die Schulpolitik und die Gesamtpolitik unseres Landes werden vom Gewerkschaftsbund beein flußt werden müssen, wenn wir den Interessen unserer Mitglieder gerecht werden wollen." Von den Arbeitneh mern in Österreich sind 66 Prozent im ÖGB. Mit dieser Prozentzahl steht der ÖGB an der Spitze der Welt. Man nennt den ÖGB die „Nebenregierung" in Österreich. Er könnte mit einem Gene ralstreik jede Regierung stürzen. Der ÖGB hat seinen eigenen Verlag, seine eigenen Fachzeitschriften. Das Bildungs programm des ÖGB ist das umfang reichste der gesamten Arbeiterbewe gung und richtunggebend für die Er wachsenenbildung. Die Gewerkschaft wird in der Zukunft eine noch größere Bedeutung bekommen. In Opposition oder ihr auch nur gleichgültig gegen überstehen hieße, sich vom Mitbestim mungsrecht in der Gewerkschaft aus schließen. Hier gibt es nicht nur neue Ziele des Laienapostolates, sondern vor allem auch neue Möglichkeiten der Seel sorge. Während die Aktivisten in den Betrieben Apostolat von Mann zu Mann ausüben, versäumt es die katholische Schulungsarbeit, auf die Gewerkschaft als solche vorzubereiten. Hinwieder dür fen die christlichen Gewerkschafter nie die Verbindung mit der Kirche verlie ren. Sie gibt ihnen die geistige Nahrung und die innere Haltung. In diesem Zu sammenhang werden wir besonders der Gewerkschaftsjugend erhöhte Aufmerk samkeit widmen müssen. Nun zu den Arbeiterkammern. Ge werkschaftsbund und Arbeiterkammern arbeiten Hand in Hand. Die Verwaltung der Arbeiterkammern liegt in der Hand von Gewerkschaftern. Die gewählten Mitglieder der Arbeiterkammern ge hören verschiedenen politischen Frak tionen an, aber sie eint, daß sie aus den Gewerkschaften hervorgewachsen sind. Arbeiterseelsorge und Politik. Da Österreich eine demokratische Repu blik, und zwar in Form des Parteienstaa tes, ist, müßte man eher sagen: Wie steht die Arbeiterseelsorge zur Parteipo litik? Zunächst kommen ja nur die zwei Koalitionsparteien in Frage, die gemein sam die Regierung bilden. Beide Par teien sind ungefähr gleich stark, von denen die eine, die SPÖ,sich ausdrück lich als Arbeiterpartei deklariert und es im Grunde genommen auch ist, auf areligiöser Grundlage - Religion ist Pri vatsache die zweite Partei, die ÖVP, ist eine bürgerlich liberale Partei mit einem leichten katholischen Einschlag, die auch einige Katholiken, die evidente Tatkatholiken sind, an wichtigen Stellen gut herausstellt. Sie haben aber im allgemeinen nicht den Einfluß in der Partei, der entscheidend wäre. In der ÖVP sind auch die christlich orientier ten Arbeiter im Österreichischen Arbei ter- und Angestelltenbund(ÖAAB)orga nisiert. Sie bilden in Wien immerhin 53 Prozent der ÖVP-Wählerschaft. In der Gesamtpartei sind sie neben dem Bauernbund als der großen Wähler masse und dem zahlenmäßig kleineren, aber finanzkräftigen Wirtschaftsbund der kleine Dritte, aber immerhin bei Wahlen das Zünglein an der Waage, um der ÖVP noch eine knappe Gleichheit oder Mehrheitzu retten. Wer beim ÖAAB ist, ist aus weltan schaulichen Gründen dabei. Er braucht Bekennermut an der Arbeitsstätte, muß materielle Nachteile auf sich nehmen und das Bewußtsein in sich tragen, daß der Katholik auch für das öffentliche und politische Leben seines Landes Ver antwortung trägt. Hier ist die unklarste Situation im österreichischen Katholizis mus. Ich selber bin nicht Mitglied des ÖAAB, habe aber keinen Grund, wenn ich mich schon aller Arbeiter annehme, mich gerade von den christlichen Arbei tern zu distanzieren, die sich wie einst auch heute als solche im öffentlichen Leben bekennen. Leider fehlte seit 1945 dem katholischen Arbeiter die offizielle seelsorgliche Betreuung, erst jetzt - reichlich spät-erinnert man sich seiner, nachdem sich die einstige katholische Jugend vor 1934 und 1938, inzwischen zum Manne herangereift,in den gewerk schaftlichen und politischen Sektor ver laufen hat. Die Distanz des Klerus brachte eine „Entwöhnung vom Kle rus",ja fast einen gewissen Antiklerika lismus mit sich, der sich dann aber auch leider seelsorglich auswirkt, weil der Klerus minister sacramentorum ist und man dann auch zu diesen nicht leicht findet. Ich feiere beim Bundestag und den Landestagen des ÖAAB als Arbeiterseelsorger die Festmesse und halte Ansprache, wohne als Freund ihren Tagungen bei, bin den einzelnen vom Mandatar bis zum einfachen Funktionär befreundet, mische mich aber als Prie ster nicht in die rein politische Tätigkeit ein. Aufgabe des Priesters ist es nicht, politischer Führer, sondern Seelsorger zu sein; Seelsorger des Standes, dem er sich nach Berufung verschrieben hat. Die Fragen der Arbeiterseelsorge be schäftigen nicht nur uns, sondern auch die Evangelische Kirche in Österreich. So wurde ich von der Evangelischen Frauenschule für kirchlichen und sozia len Dienst zu einem Vortrag eingeladen. Für die Studierenden der EvangelischTheologischen Fakultät hielt ich über Einladung im Theologenheim bei der Lutherkirche einen Abendvortrag über Arbeiterseelsorge. Bei der Begrüßung erwähnte der Leiter des Heimes,Pfarrer Dantine, daß zum erstenmal ein katholi scher Ordenspriester auf diesem Boden spreche. Wir saßen nach dem Vortrag noch bis in die späte Nacht in lebendiger Diskussion beisammen. Zum Abschluß: „Die Ernte ist groß...!" Und es gilt uns das Paulus wort: „Ostium mihi apertum est magnum et evidens. Ein weites Tor ist aufgetan." „...et adversarii multi. Ich möchte übersetzen: Hindernisse gibt es freilich genug." Aber: Wo ein Wille ist - da ist auch ein Weg! Pater Bredendick Anm.: Der Seelsorger. Wien, 24. Jg., Folge 8, 1954,S.355/361. Vom Autor zum Abdruck überlassen. Niederösterreich: Mit der neuen Hauptstadt St. Pölten auch neue Diözesangrenzen? Landeshauptmann Ludwig hält bisherige Grenzen für „überdenkenswerV Wien/St. Pölten, 7. 7.86 (Kathpress). Die eigene niederösterreichische Lan deshauptstadt könnte auch Auswirkun gen auf die Diözesangrenzen in diesem Bundesland haben. Landeshauptmann Siegfried Ludwig hält, wie er Montag, 7. Juli, in einem Gespräch mit „Kathpress" feststellte, eine Änderung der seit mehr als 200 Jahren bestehenden Diözesan grenzen zwischen Wien und St. Pölten für überlegenswert (derzeit gehört die Osthälfte Niederösterreichs kirchlich zur Erzdiözese Wien). Wie Ludwig erklärte, seien derartige Grenzziehungen immer politischen Überlegungen gefolgt. Die Übersiedlung der niederösterreichischen Landesregierung von Wien nach St. Pölten, die kommenden Donnerstag be schlossen wird, würde auch solche neue politische Voraussetzungen schaffen. 11
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