Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

weitgehend geänderter Verhältnisse wieder manche Kontakte mit den Nach barstaaten, die durch Jahrhunderte in historischer Verbindung mit Österreich gestanden waren, ergaben und noch ergeben, sei bei solcher Betrachtung nicht übersehen! Walter Mudrak(Jahrgang 1904) PS.: Für das'Ministrieren in der Hof burgkapelle bekamen wir damals jeder, je Tag,zwei Kronen(alte österreichische Kronen), also insgesamt acht Kronen, womit wir unseren Lieben daheim ein schönes Weihnachtsgeschenk bereiten konnten.Bei mir wurde es vor allem der Mutter gewidmet. So konnten wir eben im August d. J. als Teilnehmer des 51. Esperantowelt kongresses in Budapest die ungarische Metropole erleben, deren Boden und Mauern fürwahr beredte Geschichte verkünden, Geschichte, die auch einen Österreicher lebhaft berührt. Nicht zuletzt kamen wir in der inter essanten Ausstellung Friedrich En. in Wiener Neustadt eben mit dieser Ge schichte auch wieder in Verbindung. - A.E.I. O.U. Die Ehre Österreichs heute muß mehr denn je darin bestehen: Dem Frieden zu dienen, um Frieden und Befriedung, um Verständigung und Friedensstiftung ehr lich bemüht zu sein; gemäß; Beati Pacifici, ganz im Sinne der biblischen Ver heißung:Selig die Friedensstifterl Anm.: Rundbrief an die ehemaligen Schüler und die Freunde der Schulbrü der. 1966/4 Gespräch über Arbeiterseelsorge Als Nachruf auf den verdienten Arbeiterpriester P. Alexander Bredendik COp(1900-1986). Im Herbst 1946 wurde ich von Wiener Neustadt (Flugfeldpfarre) nach Wien versetzt und laut Schreiben des Generalsuperiors „betraut als Experte mit dem Studium der Arbeiterfrage und praktischen Arbeitsseelsorge vorläufig im Bereiche Wiens und Österreichs". Bei diesem „vorläufig" ist es geblieben. Ich bin kein Lombardi und kein Cardijn geworden, der Prophet blieb im Vater lande,im vielgeprüften Österreich. Es war die Zeit der religiösen Erneue rung nach dem Kriege, die Zeit der Mission und religiösen Wochen, und so regnete es Einladungen von allen Sei ten; zu Neujahr stand manchmal schon der Kalender bis Jahresende fest. Ein Erkranken war verboten, da jeder Pfar rer schon viel Geld für Propaganda ausgegeben und schon monatelang um Gottes Segen für die Mission gebetet hatte. Natürlich kamen die Anforderun gen hauptsächlich aus Industrieorten. Die Propaganda war auf der Höhe der modernen Technik. Presse, Radio, Pla kate, Flugzettel, Reklame im Kino mit Diapositiven und besprochenen Schall platten, die mitten zwischen der Propa ganda für Nylonstrümpfe und Waschma schinen liefen. Später waren wir klüger: als die Leute erst zur Wochenschau kamen, machten wir einen Sonderab schluß: unsere Reklame allein am Schluß. Das Liebespaar küßt sich, Happy End,die Musik spielt noch einige Takte, und dann erschien auf der Lein wand: „Wohin nach dem Kino? Sofort, hinüber in den Vortrag des Arbeiterprie sters, punkt 19.30 Uhr!" Pfarrer und Kapläne machten Hausbesuche, oft mit großen Überwindungen, Helfer, beson ders aus der katholischen Jugend, brachten die Einladungen in die letzte Arbeiterwohnung, Arbeiterjugend ließ auf eigene Kosten besonders stilisierte Flugzettel drucken und verteilte sie zu lausenden vor den Fabrikstoren nach Arbeitsschluß. Kranke beteten und op ferten,Jugendliche hielten eigene Opfer wochen; in einer Karwoche schrieb mir eine todkranke Jungarbeiterin, daß sie Ostern nicht mehr erleben werde, daß sie aber alle Leiden und den Todes kampf für die eben stattfindende Arbei termission aufopfere. Sie hat tatsächlich Ostern nicht mehr erlebt, aber vielen zur geistigen Auferstehung verhelfen. Warum habe ich das von der Propa ganda besonders erzählt? Wegen des methodischen Prinzips in der Arbeiter seelsorge, das auch in den weiteren Ausführungen immer wieder auftauchen wird und das heißt: Kontakt. Zunächst muß jeder auf irgendeine Weise, auch der Fernstehende davon Kenntnis erhal ten. Und nun weiß jeder,auch der letzte, daß der Arbeiterpriester da ist und in der kommenden Woche jeden Abend einen großen Abendvortrag in der Kir che hält. Ja, aber in der Kirche könnte ich lange warten. ,,Geht hin und lehret." Nicht: Wartet, bis die Leute zu Euch kommen. Und so hatten wir zweierlei Missionseröffnung: eine feierliche in der Pfarrkirche für die aktiven Gläubigen und eine im Gast haus für die Fernstehenden. Als ich bei der Missionseröffnung in Wien-Pfarre Altmannsdorf,im Gastlokal beim Krügel Bier, die Männer alle begrüßte, fragte ich: „Wieso seid Ihr hierhergekommen?" Da stand in der letzten Reihe ein baum langer Arbeiter auf und sagte: „Ich hab zu meinem Kollegen gesagt: Paß auf, die Welt geht bald unter! Die Welt steht bestimmt nimmer mehr lang, Hast schon so was ghört, daß eine Mission im Gast haus anfangt? So was hat doch die Welt no net gsehn! Du, da geh ma hin. Das schaun ma uns an." In der Fastenzeit vorigen Jahres (März 1953) hatte Steyr Stadtmission, und wir Kalasantiner hat ten die Pfarrmission Steyr-Münichholz. übernommen. Dort fand der Ausspra che-Abend mit der Arbeiterschaft von Steyr im größten Saal im Hotel Münichholz mit Lautsprecheranlage statt. Fast drei Stunden Diskussion, an der sich zu 90 Prozent die Männer beteiligten. Rede und Antwort ging Schlag auf Schlag. Dazu kamen wie überall vormittags täglich Fabriksbesuche (hier Steyrerwerke und Kugellagerfabrik, aber auch die anderen Betriebe) und an jedem Abend ein Aussprache-Abend in einem der großen Gemeindebauten. Erst nach einer solchen voll ausgenützten Kon taktwoche begann dann die Mis sionswoche für die Erwachsenen, wäh rend mein Mitmissionär sich in der ersten Missionswoche der Kinder- und Jugendmission annahm. In der zweiten Woche war dann die Durchführung der' Konversionen, Reversionen, Ehesanie rungen und Nachholung der kirchlichen Trauung seine Aufgabe. So war es in Wien, in Linz(Familien pfarre und Don-Bosco-Pfarre mit Besuch der VOEST und Stickstoffwerke), St. Pölten (St. Josef) Hauptreparatur-Werk stätte der Bundesbahnen mit 2000 Arbei tern, St. Michael-Wagram,in der KruppStadt Berndorf, in Dürnkrut mit der Zuckerfabrik, Eisenerz mit dem Erzberg, Mariazell-Gußwerk eigens und dann in der Stadt Mariazell,woim Hotel Laufenstein ein eigener Standesvortrag mit Diskussion für das gesamte Hotel- und Gastgewerbe stattfand, ebenso wurden in der religiösen Woche,Karwoche 1953, in Schwechat die Arbeiter der Schwechater Brauerei Mautner-Markhof be sucht. Und so weiter von Fabriksort zu Fabriksort. Wo ist nun der Raum zur Predigt? Doch normalerweise die Kirche. Alles im außerkirchlichen Raum ist Ausspra che, Diskussion. „Eure Anliegen, Fra gen, Zweifel werde ich dann in den großen Abendvorträgen in der nächsten Woche in Eurer Kirche beantworten. Das kostet kein Entree, wir brauchen keine Miete zu zahlen, dort ist auch kein Trinkzwang." Ein Pfarrer meinte allen Ernstes, ich solle vor dem Bahnhof, wenn die Arbeiter mit dem Abendzug nach Hause kämen, predigen. „Haben Sie das schon öfter gemacht?" fragte ich ihn. „Natürlich überhaupt nicht, aber ich dachte, Sie als Arbeitermissionär!" „Ja, aber Arbeiterseelsorge besteht doch nicht in wirklichkeitsfremden und ex zentrischen Dingen. Ein Verkehrskno tenpunkt ist doch zum Fahren, Rennen und Laufen da, aber nicht zum Predi gen. Und, am Abend will der Arbeiter zuerst nach Hause." In einer Fahrradfa brik hatte ich mich zu Arbeitsschluß angesagt. Der Betriebsratsobmann (SPÖ) hatte angeschlagen, ich werde einen Vortrag halten. Viele waren ge blieben. Ich sagte: „Ich bedaure den Irrtum, ich werde Euch doch nicht auf halten, Euch auf die Räder zu setzen und nach Hause zu fahren, ich wollte Euch nur ersuchen, ob ich mir morgen vormittags Euren Betrieb anschauen und Eure Arbeitsgänge zeigen lassen kann." Etwas anderes ist es, wenn der Chef der Belegschaft während der Ar beitszeit versammeln läßt, und bei einer weiblichen Belegschaft in der Textilbranche z. B. ist es dieser hoch er wünscht, wenn eine bezahlte Arbeits stunde einmal zu einem „Dischkurs" mit dem Arbeitermissionär ausgenützt werden kann. Auch das ist schon vorge kommen, daß ein Betriebsratsobmann

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=