Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Menschen das Leben erträglicher zu machen. Man wird sich noch wundem, wie weitgreifend seine karitative Tätig keit gewesen ist. In kurzer Zeit wird darüber eine Schrift erscheinen. Aber wie groß auch die Zahlen dabei ausfallen mögen, die über diese Tätigkeit Auf schluß geben, sie können doch keinen Begriff davon machen, wie Dr. Kugler zu helfen wußte. Er war auch hier immer zuerst Priester und Seelsorger. Er wußte mit nicht nachzuahmendem Takt zu helfen, so daß in den Beschenk ten eine tiefe Liebe und große Vereh rung entstand für den edlen Priester und seine demütige Gesinnung, nicht weil man sich materiell abhängig fühlte, sondern weil man verwirrt war über die große Sorge und das dauernde Interesse, das dieser seltene Priester einem entge genbrachte. Aber seine große Begabung und seine mit soviel Takt verbundene karitative Tätigkeit erklärt nicht seine eigentliche Bedeutung. Diese liegt darin, daß er seinem Ideal, wie er es gesehen hat, sich unablässig näherte. Der Priester war ihm ein für die anderen Hingeopferter; ein Priester, das mußte jemand sein, zu dem jeder, zu jeder Stunde, mit jedem Anliegen kommen konnte, der für jeden Zeit hatte. Über die Konsequenz, mit der er dieses Ideal verwirklichen wollte, mußte man staunen, und es war etwas Heroisches dabei, wenn man ihn, der nie Zeit zur Verfügung hatte, faktisch sich Zeit nehmen sah für einen jeden, der da zu ihm kam - und es kamen so viele! Jeden hörte er an mit vollster Aufmerk samkeit und Hingabe, als existierte nichts anderes für ihn und hätte er nichts anderes zu tun als eben diesen einen „Fall" zu erledigen. Niemals hatte man daher das Gefühl bloß freundlicher Worte oder den Eindruck geheuchelten Interesses. So haben die Menschen verschieden ster Richtung Dr. Kugler hoch verehrt und wirklich geliebt. Man hat ihn be wundert und oft auch Mitleid mit ihm gehabt, wenn man merkte,daß die Füße den erschöpften Körper kaum mehr zu tragen vermochten. Man hat geweint über seinen Heimgang, und ganz Mödlig weiß, was es verloren hat. Seine Mitbrüder aber danken Gott, daß sie mit ihm zusammen sein durften, der ihnen ein steter Ansporn zu voll kommener Pflichterfüllung gewesen ist. Ist es ein Wunder, daß es viele gibt, die für den toten Priester nicht zu beten vermögen, sondern die ihn anrufen tun seine Fürbitte? Dr. Friedrich Wessely. Korrespondenz der Assciatio perseverantiae sacerdotalis. Wien 1931, Nr. 5, S. 79 f. Derselbe. Dr. Lothar Kugler. Der Kaplan von St. Othmar in Mödling. Sein Leben und Wirken. Wien 1948, - Verlag Herder, 8°, 196 Seiten. Ehrendomherr Pfarrer Franz Riedling Im März 1920 ist in Schwechat bei Wien Kanonikus Franz Riedling nach längerer Krankheit gestorben. Zu Fratres in Niederösterreich 1856 geboren, kam er nach Vollendung seiner Gymna sialstudien in das Klerikalseminar nach Wien, wo er 1880 zum Priester geweiht wurde. Er wirkte als Kooperator in Pyrawarth und als Pfarrer in Eibestal, Prinzendof a. d. Zaya und Schwechat. Im Jahre 1898 wurde er zum Dechant ernannt, 1908zum Ehrendomherrn. Unermüdlicher Arbeitseifer und ech ter priesterlicher Sinn zeichneten den Verstorbenen zeitlebens aus. Obwohl er oft schwer krank und die letzten Jahre eigentlich fast immer leidend war, eines konnte ihm niemand nachsagen -daß er auch nur einmal eine seiner Arbeiten einfach hätte liegen lassen. Er mußte von seinen Freunden oft gebeten wer den, er möge sich doch schonen und nicht immer noch neue Arbeiten aufsich nehmen; und wenn er scheinbar auch manchmal nachgab, er war dann doch immer so wie vorher im Beichtstuhl, auf der Kanzel, in der Kanzlei und in den Vereinen, er besuchte die Kranken, obschon er oft todmüde war. Solange er ohne Hilfspriester war,eine Schulstunde oder Predigt auszulassen, das kam bei ihm nicht vor. Diesem Arbeitseifer ent sprachen auch seine Seelsorgserfolge. In den vier Gemeinden, wo er wirkte, blühte das geistliche Leben immer stär ker und sichtbarer auf; sein Eifer wirkte lange noch nach, wenn er auch längst in einer anderen Gemeinde arbeitete. Die Gläubigen hingen an ihm und ehrten ihn wie einen Vater. In Schwechat, dessen Bevölkerung zum größten Teil radikal sozialdemokratisch ist, redeten auch die verbissensten Gegner mit Ver ehrung von ihm, obgleich er in keiner Weise ihr Wohlgefallen sich etwa durch allzu große Nachgiebigkeit verdient hatte. In seinem Arbeitseifer be schränkte er sich nicht bloß auf das rein kirchliche und religiöse Gebiet. Er hat als Mitglied des Vereins für Landes kunde viel studiert und auch manche Arbeiten veröffentlicht. Als Pfarrer in Eibestal hat er die dortigen Passions spiele gegründet. Sparkassen und an dere soziale Wohlfahrtseinrichtungen hat er angeregt und bei ihrer Gründung tatkräftig mitgeholfen. Katholische Ju gendvereine, der Volksbund, Kongrega tionen fanden in ihm einen verständnis vollen Förderer - bis zuletzt leitete er eine Marianische Jungfrauenkongrega tion. Als Obmann des Wiener PriesterRechtsschutz-Vereines und des österrei chischen Priestervereines „Pax" hat er sich auch um die Organisation des Kle rus große Verdienste erworben. Sein kirchlicher Sinn hat nicht wenig dazu beigetragen, daß diese beiden Klerusor ganisationen in jeder Hinsicht korrekt gearbeitet haben. Was allen seinen Arbeiten und Bestre bungen aber einen so eigenartigen Stempel aufdrückte, das war sein echt priesterliches Wesen. Geistliche, die ihn vorher nicht gekannt und oft nur eine Stunde mit ihm zusammen waren, ha ben mit großer Verehrung von seinem bescheidenen, aber doch bei jeder Gele genheit hervortretenden heiligmäßigen Sinn tmd Charakter gesprochen. Kano nikus Riedling war still und eher schüchtern und furchtsam als nur ir gendwie selbstbewußt. Nichts konnte ihn mehr in Verlegenheit bringen, als wenn ihn jemand in seiner Gegenwart lobte. Dieses bescheidene Auftreten hatte er überall, vor dem Volk, im Kreise seiner Mitbrüder und vor seinen Vorgesetzten. Von diesen hat er auch im vertrautesten Kreise nur mit Hochach tung und kindlicher Verehrung gespro chen. Wer ihn einmal in der Schule bei der Katechese gehört hat, der verstand es, warum er durch seinen Unterricht so nachhaltig wirkte, und warum die Kin der so an ihm hingen. Im Beichtstuhl war er, ohne daß er sich etwa durch zu große Nachsicht schuldig gemacht hätte, wie ein guter Vater, der mit kraftvoller Liebe zu raten und zu helfen weiß. Was man sonst einen großen Prediger und Redner nennt, das war er nicht. Und doch wirkte sein Wort ganz besonders auf der Kanzel außerordentlich. Es sprach der Glaube aus ihm, ein Glaube, der wirkliches Leben war. Gerade das machte oft seine mehr als schlichten Worte außerordentlich wirksam. Ein Be weis dieses Lebens aus dem Glauben war unter anderem auch der Umstand, daß er, der gewöhnlich die Frühmesse hatte, trotz seiner Arbeiten nie beim Spätgottesdienst und Nachmittag beim heiligen Segen, bei der Maiandacht oder bei der Krippenandacht fehlte. Dieses Leben aus dem Glauben verstand er auch seiner näheren Umgebung mitzu teilen, so daß auch von dieser Seite, das ist von seinen Verwandten, die ihm den Haushalt führten, für sein seelsorgliches Wirken durch ein wahrhaft gutes Bei spiel die beste Förderung kam. Und wie sein Glaube erst am Altar sich offen barte! Auch in seinem 40. Priesterjahre befolgte er die Rubriken so genau, wie man das .oft bei Neugeweihten nicht findet. Sein Benehmen war aber dabei nicht hölzern oder mechanisch, sondern so würdevoll, daß jeder zur Andacht gezwungen war, der ihn zelebrieren sah. Der Heiland im heiligsten Sakrament war seine Liebe und seine Sorge,zu ihm führte er seine Gläubigen mit hingeben dem Eifer. Anm.:Korrespondenz der Associato Persevantiae Sacerdotalis. Wien 1920, Nr. 7, S.96/98. Wiener Diözesanblatt: Inhaber; Erzdiözese Wien (Alleininhaber). Herausgeber: Erzb. Ordinariat. Verantworüicher Schriftleiter: Prof. Dr.Franz Loidl. AUe: 1010 Wien, Wollzeile 2.-Hersteller: Herold Druck- und VerlagsgeseUschaft m.b.H.,1080 Wien,Strozzigasse 8. Das „Wiener Diözesanblatt"ist das offizielle Amtsblatt der Erzdiözese Wien. 32

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