Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

waren zwei sich verbeugende Engel mit den Statuen des hl. Zacharias und der hl. Elisabeth. Dies hat uns der letzte k. k. Hofkapiansbenefiziat Philipp Jakob Obermayer überliefert.*" Leider sind uns über die Restaurie rung und Wiedereinrichtung der Kirche im Jahre 1798 keine Details überliefert worden. Es ist kaum anzunehmen, daß die St.-Joachims-Statue am St.-Anna-Altar und die St.-Rochus-Statue am Seba-' stianaltar mit denen im Inventar von 1780 angeführten identisch sind. Die Pendants hl. Josefzum hl. Joachim und hl. Karl Borromäus zum hl. Rochus dürften von ein und demselben Künstler gleichzeitig geschaffen worden sein und keine spätere Ergänzung darstellen. Außerdem ist in den Kammeramts rechnungen des Stiftes Klosterneuburg darüber nichts zu finden, die doch für die Wiedereröffnung der Kirche 1798 sehr detaillierte Kostenrechnungen auf weisen. Außer dem Leopoldifest wurde nur gelegentlich ein Gottesdienst in der neu geweihten Kirche gehalten. Z.B. wenn der Zentraldirektor Namenstag hatte oder der Herr Propst einen kleinen Ausflug machte und bei dieser Gelegen heit den Lokalkaplan am St.-JosephsBerg besuchte. Die Kirche wurde gleich sam als Privatkapelle betrachtet. In den Schematismen der Diözese wurde sie bis zum Jahre 1864 überhaupt totgeschwie gen. Im Stiftsarchiv stößt man auf Be richte über die St.-Leopoldi-Kirche nur im Zusammenhang mit Sturmschäden am Kirchendach oder an den Türmen. 1856 wurden diese bisherigen Türme durch Pyramidentürmchen ersetzt in der Überzeugung, daß diese dem ständi gen Sturm und Unwetter mehr und besser standhalten können als die bishe rigen Zwiebeltürme."' Erst im Jahre 1902 findet sich wieder eine Rechnung über die Restaurierung der rückwärtigen beiden Stuckaltäre. Die Arbeiten führte Johann Matzner, Vergolder und Kirchendekorateur, durch, Der Stuckmarmor wurde gründ lich abgezogen und in guter Ölfarbe abgetönt, die Insignien dazu echt vergol det. Die Kapitäler und Ornamente sowie vier Kreuze wurden gründlich neu und echt vergoldet, zu den vier Canontafeln sechs neue Rahmen geliefert. Samt den nötigen Tischlerarbeiten beliefen sich die Kosten laut Kostenvoranschlag auf 420 Kronen.''^ Im Jahre 1912 wurden „die Bilder" ohne genauere Angaben im Auftrage des Herrn Prälaten Friedrich Gustav Piffl von Hans Toth, Kunstmaler und Konser vator, Spitteibreitengasse 32, Wien XII, restauriert. Laut Beleg 1046 vom 18. April 1923 wurden 100, laut Beleg 1963 vom 25. Juli ebenfalls 100, laut Beleg 2078 vom 21. August 50 und laut Beleg 1413 ohne Datum 80,zusammen also 330 Kronen dafür bezahlt."*" Kunstmaler Toth hat sich wiederholt an das Stift um Aufträge gewandt und auf seine Arbeiten für die Kirche Am Hof, St. Stephan usw. hingewiesen. Er wollte auch Änderungen an Bildern vornehmen, wie aus folgendem Brief hervorgeht: „Euer Gnaden geehrter Herr Prälat! Waß an ursprünglicher Beschaffenheit der Bilder wieder zu ersetzen war ist wieder da. Nun erübrigt sich meinerseits vorerst um die Erlaubnis zu bitten, daß ich selbst an diesen stark verbesserungs bedürftigen Partikeln eine schönere und künstlerische Vollendung anbringen darf; es wurde dieses mir stets von den geehrten Hochwürdigsten Herrn mit voller Freiheit überlassen nachdem eine Authentlcität eines Originals hier nicht in Frage kommt.Mein Bestreben ist, daß die Gemälde werthvoller und künstle risch vervollkommt werden ohne weite ren Kostenaufwand..." Der Prälat hat am Rande des Briefes ein kräftiges Nein geschrieben."*'* Am 12. Dezember 1912 hat Hans Toth dem Stiftskämmerer Norbert Süß eine Rechnung präsentiert ,,Ueber ein Origi nal Öhlgemälde auf Leinwand", „Erin nerung an den 25. eucharistischen Congreß in Wien am 15. September 1912" (12 X 80 cm), lautend auf 122 Gulden. Befremdend ist, daß dieses Bild mit Franz Horst signiert ist. Es hängt an der Wand im Durchgang von der Vorhalle in den Kuppelraum, gegenüber der Statue der hl. Hedwig." Kämmerer Norbert Süß ließ zu diesem Bild aus Anlaß des Kongresses eine Gedenktafel aus Badiglio comune Mar mor (1000 - 0,42 - 0,00 cm) mit einer Inschrift (377 vergoldete Buchstaben) von der Firma Eduard Hauser, Wien 9 (140 Kr.)anfertigen.^' Vom Bildhauer Paul Peschke ließ Prof. Ludwig das im Diözesanmuseum sich befindliche schöne Vesperbild ko pieren. Es handelt sich um ein um etwa 1400 wahrscheinlich in Wien aus Solnhofer Kalksandstein entstandenes Kunst werk mit etwa 61 cm Höhe, 70cm Breite,Sockelbreite 45, Tiefe 26 cm. Das Original befindet sich derzeit in der Sammlung Graf Wilczek auf der Burg Kreuzenstein. In der Leopoldikirche ist es im Verbindungsgang zwischen Vorhalle und Kuppelbau aufgestellt und wird als Originalkunstwerk bewun dert.""* Am 7. Februar 1945 erhielt die Kirche einen Bombentreffer in die SW-Ecke, und dieser verursachte den Einsturz der hohen Vorhalle und des Südturmes mit den anschließenden Teilen der Süd- und Westfassade, wobei diese den gesamten Giebelaufsatz und die Hälfte des Haupt geschosses einbüßte. Der Aufsatz des Nordturmes wurde in seinem Gefüge erschüttert und der Torbau völlig zer stört. Das Steildach über der Vorhalle wurde gänzlich vernichtet, und die übri gen Blechdächer sowie die Kuppelein deckung wurden schwerstens beschä digt(Dr.Sekler)." Die Orgel wurde demoliert, der Spiel tisch blieb frei hängen, die Orgelpfeifen verbeult und zerrissen.(Ein Kilogramm englischer Zinn, aus dem die Pfeifen bestanden, kostete damals 14.000 RM!) Die Antoniuskapelle war total verschüt tet, Kirchenwände schwer mitgenom men, das große eiserne Kirchenab schlußgitter herausgerissen. Der Rah men des Hochaltars war beschädigt, der große Glorienschein lag in Stücken im Kircheninnern, die Altarbilder wurden zum Teil herausgerissen und bekamen Risse."*** 800 m'Schutt wurde in 200 Fuhren in 145 Fahrtagen mit einem 5-t-Lkw ab transportiert. 30.000 Arbeitsstunden wurden geleistet. Laut einem Zwischenbericht vom 22. Juli 1948 war damals bereits das gesamte neu aufgehende Mauerwerk samt Ge simsen, Gewölben usw., insgesamt 550 m'Ziegel und Betonmauerwerk,fer tiggestellt. Ebenfalls bereits fertig wa ren: Dachstuhl für Satteldach, Kuppel und Walmdächer um die Kuppel sowie deren Verschalung mit Holz. Verarbeitet wurden 58 m" Nadel schnittholz; 1200 kg Kupferblech für die Eindeckung der Kuppel und Laterne. 3 m"Eiche wurden für die Fensterstöcke und Fensterrahmen aufgebraucht. Die bisherigen Kosten beliefen sich auf öS 224.000,-. ■ Die Höhe der noch erforderlichen Mit tel für die Herstellung der beiden Turm aufbauten, für den Fassadenputz, Ein deckung der noch nicht gedeckten Dachflächen, Verputz und Stukkaturar beiten in der Kirche, Verglasung, Schlosser- und Bautischlerarbeiten wur den noch auf öS 210.000,- geschätzt (Stiftl. Bauamt)"' Wie aus einem Schreiben an das Bun desamt für Denkmalschutz vom 7. Au gust 1946 hervorgeht, hat der Polier Schmied im Zuge des mit der Bauaus führung betrauten Bauunternehmens Strassgschwahdtner innerhalb des Ob jektes ein Gesims entdeckt, das seinen Verlauf nach ein Außengesims sein mußte. Durch diese Entdeckung ge langte man zur Feststellung, daß die Oratorien (Kaiseroratorien) bzw. Räume beiderseits der Apsis durch Vermauerungen in einem späteren Zeitpunkt entstanden sind. Man hat also entdeckt, was man bisher theoretisch ja wußte, daß der ursprüngliche Zentralbau Kai ser Leopolds I. von 1679 von seinem Sohn Karl VI. in der Zeit von 1717 bis 1730 durch den Kais. Theatralingenieur Niccolö Beduzzi zur heutigen Form er weitert wurde.'" Vom anfänglichen Gedanken, die ur sprüngliche Form der Kirche wiederher zustellen, war man bald abgekommen. Aber man hat die alte Form der Türme trotz der höheren Kosten wieder herge stellt. Architekt Dipl.-Ing. Dr. Sekler schrieb: „So ergeben sich als die einzig zulässigen Veränderungen die Verbesse rung der offensichtlichen Fehler der späteren Umbauten und Restaurierun gen. In diesem Sinne sind an Stelle der vernichteten bzw.zerrütteten klassizisti schen Turmaufsätze neue vorgesehen, die in Anlehnung an die alten Abbildun gen der Proportionen der Gesamtfassade angepaßt sind, so daß sich ein einheitli cher Gesamteindruck ergibt, ohne die gewohnte Silhuette in der Fernwirkung von der Stadt wesentlich zu verän dern.""'' 28

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