Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Steilen Bergabhang befestigte St. Leo poldskirche besetzt; auch auf dem erha bensten Gipfel zum Zeichen für die Belagerten eine rothe mit einem weißen Kreutz durchstreifte Fahne aufgesteckt. Am 12. September desselben Jahres, eben an einem Sonntag, rückte man mit anbrechender Morgenröthe von hier aus in einer Linie gegen den Feind vor und hatte bis zum Untergang der Sonne schon den herrlichen Sieg erfochten. Nach dem Jahre 1693 hatte Kaiser Leopold die gegenwärtige Kirche nebst einer Priesterwohnung zu bauen ange fangen, und Kaiser Carl IV.(richtig: VI.) hatte den Bau bis 1730 zu Stande ge bracht. Die Kirche ward dem hl. Leo pold geweiht, und der Hauptaltar führte den Titel: Maria Türkenhülfe. Ich war eben im Begriffe, ihnen die neuere Geschichte des Berges mitzutheilen, als ich den Freyherrn von B., mei nen erwarteten Begleiter, auf mich zu kommen sah. Wir wanderten nun ge meinschaftlich dem Schlosse zu.- Wel che vielfachen Erinnerungen kehrten bey dessen Anblick in meine Seele zu rück! Hier war es, wo ich im Jahre 1793 mit mehr als 50 meiner Leitung anvertrau ten Personen, das Geburtsfest unserer Monarchinn M. Theresia feyerte, wo wir über Sie und die ganze Kaiserfamilie Anfangs bey dem Hochamte auf dem Kahlenberg, denn in dem hier noch bekannten Liede: Gespielen laßt uns fröhlich sey usw. den Segen des Him mels erflehten. Wie wir auf einen Altar Herzen mit Inschriften opferten! Wie wir dann in die damahls öde entblößte Kir che, die Ihr geweihte Fahne zurücklie ßen! Wie wir das chinesische, und ägyp tische Zimmer in dem dem Prinzen de Ligne überlassenen Gebäude bewun dernd durchzogen, dann bey frohem Mahle unter Musik und Böllerknall, auf Franzens und Theresiens Gesundheit anstießen, auf dem Kahlenberger Thea ter ein Schauspiel aufführten, und, in dem, der menschenfreundliche Prinz de Ligne beyde Berge theils mit Lampen, die an dem Rand der Mauer aufgestellt wurden, theils mit Kerzen beleuchtete, uns mit frölichen Tänzen unterhielten! Auch heute trafen wir, wie gewöhn lich, mehrere Wiener hier an. Jeder der zum ersten Mahl den steilen Fahrweg zur Burg hinan steigt, dann aus dem Vorplatz durch das dunkle Thor in den Burgplatz hineinkommt, wird von einem Schauer, wie wenn die Geister der Vor welt um ihn schwebten, hier ergriffen. Man wird von der Geräumigkeit des Platzes, von der inneren und äußeren Reinlichkeit der Gastzimmer, welche seit mehreren Jahren dem Traiteur Ignaz Pichler eingeräumt sind, ange nehm überrascht. Man kann nicht um hin, an der Stelle, wo Kaiser Franz II. ausrief: Wahrhaftig, das ist die schönste Aussicht in Österreich! in gleiche Emp findungen auszubrechen. Man sieht die Kaiserstadt wie ein ungeheures Bild vor sich hinegemahlt! Da eine unendliche Reihe von Bergen, dort die spiegelhelle Donau den Grenzen von Hungarn zuei len, hier die weitausgebreiteten Felder, mit Dörfern, Städten und prächtigen Schlössern geziert. Von der Seite jenes Hauses, wo der Vers zu lesen ist: QUO RES CUNQUE CADUNT, SEMPER STANT (seil, stat) LINEA RECTA,sieht man den Fußsteig, welchen Fürst de Ligne nach der Seite von Kloster neuburg hat errichten lassen. Er ist überaus angenehm, mit Ruhebänken, Stuffen, Geländern versehen und führt im kühlen Schatten zu einer Quelle, die durch ihr Gelispel den Wanderer ergetzt und an schwülen Sommertagen den müden Arbeiter erquickt. Die Kirche, welche unter Joseph n. das Stift Klosterneuburg sammt dem Berg und den Gebäuden als Eigenthum an sich brachte, zieht den Kenner der Baukunst durch ihren einfachen Styl, an sich; begierig liest der Geschichtsfor scher die über dem Eingang angebrachte Inschrift; und der Freund des Religions Cultus erfreut sich, auf den Wunsch ihrer jetzt regierenden Majestäten Franz II. und Theresia: hier sollten wieder Altäre stehen!- durch die Sorgfalt des heuer verstorbenen Prälaten Floridus Leeb, nicht nur einen neuen Hochaltar errichtet, sondern die Kirche von außen und innen renovirt und durch ihn den 14. November vor. J. wieder eingeweiht zu sehen. Auch hat man über die Kirchenthüre die ehemahlige Inschrift mit vergoldeten Buchstaben wieder setzen lassen; sie lautet: HAEC ECCLESIA S. LEOPOLDI AUSTRIAE MARCHIONIS ET PATRONI HONORIBUS SACRA EJUSDEM OLIM PRINCIPI AULAE CONTIGUA TUM IN INIQUITATE TEMPORUM ET XURCVARUM IMPIETATE MUNIFICA DEIN PIETATE LEO POLDI I. ET CAROLI VI PATRIS ET FILLI IMPP. RESTAURATA ET AMPLIATA M.DCC.XXX:Daß wirklich der Hof sich ehemahls der Jagd wegen hieher begab, bezeugen die in den Ora torien angebrachten Kamine, welche bey kalten Herbsttagen während dem Kirchendienste geheitzt wurden. (NB: 1986 noch vorhanden, abgemauert). Die drey weltgeistlichen Beneficiaten, wel che vorhin den Dienst der Kirche be sorgten, waren auch von dem Hofe gestiftet... Auch Adolf Schmidl berichtet 1835 in seinen Wanderungsschilderungen über den Wunsch Kaisers Franz II.: Als 1797 Kaiser Franz II. die Stätte der alten Herzogsburg besuchete, brach derselbe in die Worte aus: „Hier sollten wieder Altäre stehen!" Propst Floridus Leeb, welcher den Kaiser begleitete, hatte das Zartgefühl die Kirche wieder in den Standt zu setzen, und am 14. November 1798(Am Vorabend des Leopoldfestes in Klosterneuburg)feierlich eingeweiht.' Der Stiftschronist berichtet; Kaiser Franz II. hatte den Wunsche geäussert, daß die auf dem Leopoldsberg stehende Kirche wieder hergestellt würde, darum wandte sich der Probst an die Regierung und an das Consistorium und trug dem letzteren vor, daß er in selber nun drey Altäre zu errichten gedächte, worüber das Gesuch mit Bemerkungen begleitet zurückgestellt wurde." Die Landes Regierung hielt Rückfra gen im Consistorium „ob der Gebrauch dieser Kapelle, und folglich auch die Herstellung der in Frage stehenden Al täre notwendig sey." Der Generalvikar Edmundus Eppus Tej gab am 29.8. 1797 folgende Antwort: „Wenn schon der Gebrauch dieser Ka pelle nicht schlechterdings notwendig seyn dürfte, so scheint es doch schickli cher, und anständiger zu seyn, daß selbe, weil sie schon dasteht, und eben keine Ursache, sie niederzureissen, vor handen ist, auch wieder so zugerichtet werde, daß sie zu geistlichen Handlun gen brauchbar gemacht werde, und eine ihrer Bestimmung zusagende innere Ge stalt wieder erhalte. Wir gedenken daher für die ange suchte Erlaubniß zwar nicht aus dem Grund einer Notwendigkeit,sondern aus dem schon angeführten einzurathen.Um aber diesem Einrathen mehreren Nach druck zu geben, scheint es nicht über flüssig zu seyn, wenn noch mehrere und solche Umstände und Beweggründe beygebracht, und auseinandergesetzt wür den, die in Absicht auf die Aufrecht erhaltung dieser Kapelle die Aufmerk samkeit mehr spannen, und der Bewilli gung zum Grunde dienen. Wenn uns nun solche an die Hand gegeben werden könnten, worüber wir die schleunige Äusserung erwarten, werden wir hievon bey Erstattung des Berichts den dienlichen Gebrauch ma chen."'"' Nun gab auch die Regierung ihr Placet, und es stand dem Beginn der Wie derherstellungsarbeiten nichts mehr im Wege. „Den ganzen Sommer hindurch wurde, um dem Wunsch des Kaisers zu entsprechen, fleißig an der Herstellung der Kirche auf dem Leopoldsberg gear beitet, und nur die Fassung des neu geschnitzten Hochaltares mußte auf den Sommer des künftigen Jahres, ver schoben werden; übrigens aber war alles sauber hergestellt und vollendet. Der Probst nahm daher am 14. November die feyerliche Einweihung vor, und pontifizierte darauf auf dem neuen Hochaltar. Um die jährliche Einweihung zu feyern, geht seit dieser Zeit der Stiftskämmerer am Leopoldstage auf den Berg um dort um 9 Uhr die hl. Messe zu lesen, die oft fleißig besuchet wird." Der Stiflskämmerer Ernst Breßler schloß mit dem Tischlermeister Heinrich Müller am 17. Mai 1798 einen Kontrakt „wegen Verfertigung des neuen Hochal tars für den Leopoldi-Berg bloß die Tischlerarbeit betrefend. Erstlich: Ver spricht Herr Heinrich Müller Bürgerli cher Tischlermeister obbenanten Hoch altar in zehn Wochen laut Riß gut und dauerhaft zu verfertigen und aufzustel len. Wohingegen zweytens: Ein löbliches Stift Klosterneuburg ihm Bürgerlichen Tischlermeister 270 Gulden Sagen zwey Hundertsiebzig Gulden zu bezahlen ver spricht, auch den verfertigten Altar auf Stifts Unkosten abhollen, und auf dem Leopoldi-Berg führen zu lassen". Mit den Bildhauerarbeiten wurde Adam Vogl, Bildhauer und Mitglied der k.k. Akademie, beauftragt. Er be26

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