viel Mund und Maister Koch."® Der Jurisdiktionsbereich der Pfarre St. Michael war - wie später ein Pfarrer schrieb® - „die ganze Kayl. Königl. burgg zu Ebener Erden, die Reit Schul und Stallburg". Als der Burgpfarrer Jacob Ferdinand Gorizutti 1672 Bischof von Triest gewor den war,kam an seine Stelle der Wiener Domherr Primus Jegsche. Kaiser Leo pold I. hatte ihn am 17. Juni 1673 dem Bischof von Wien Wilderich v. Waiden dorff präsentiert'®. Am 15. Juli 1673 wurde Jegsche in der Burgkapelle als Pfarrer installiert^ Jegsche sah mit Unbehagen den gro ßen Einfluß, den die Barnabiten seit 1626 auf das Kaiserhaus ausübten. Schon bald zu Beginn ihrer Tätigkeit in Wien, stellten sie den italienischen Hofpredi ger". Als die spanische Infantin Donna Isabella Anna, die erste Gemahlin des späteren Kaisers Ferdinand III., nach Wien kam, wurde 1631 für die mit ihr nach Wien gekommenen Spaniern die spanische Corporis Christi Bruderschaft mit Sitz in St. Michael gegründet. Unter Mitwirkung des kaiserlichen Hofes wur den in St. Michael durch diese Bruder schaft prunkvolle Prozessionen abgehal ten. Der Portugiese, P. Don Damasus Cordosas wurde als spanischer Hofpredi ger nach Wien berufen. Das gesamte Erzhaus fühlte sich schon deswegen den Barnabiten gegenüber zu Dank ver pflichtet, weil P. Don Melchior Gorinus durch sein diplomatisches Geschick im Mantuanischen Erbfolgestreit viel zu gunsten des Kaisers erreicht hatte. Außerdem war in eingeweihten Kreisen noch gut in Erinnerung, auf welche Art und Weise die reiche Pfarre Mistelbach den Barnabiten übertragen worden war. Es war den Barnabiten zuzutrauen, daß ihnen das gelingen könnte, wonach der .Weltpriester Pollinger vergeblich ge strebt hatte: die Vereinigung der Burg pfarre mit der von St. Michael. Dem mußte ein Riegel vorgeschoben werden. Bald bot sich dem Burgpfarrer Jeg sche dazu Gelegenheit. Ihm war zu Ohren gekommen, in Mariahilf hätten die Barnabiten die Ehe eines Hofbedien steten ohne seine Erlaubnis copuliert'^. Sofort reichte er beim Konsistorium in Wien eine Klagschrift ein, worauf der Propst bei St. Michael von Fürstbischof Wilderich v. WaldendorfT(1669-1680) zur Verantwortung vorgeladen wurde. Als Termin wurde angesetzt der 9. Novem ber 1675. Dagegen erhob der Propst entrüstet Einspruch und teilte dem Fürstbischof mit, die Barnabiten hätten es nicht nötig, um Erlaubnis zu bitten, da sie legitim gehandelt hätten'®. Diese Behauptung empörte den Burgpfarrer auf das heftigste". Dem Propst stehe es weder zu, ein putatives Recht fälschlich vorzugeben, noch ein solches sich an zueignen. Der Burgpfarrer schlägt dem Bischof vor, den Propst von St. Michael mit einer Geldstrafe zu belegen. Am 13. Jänner 1676 war das Konsistorium mit dem Vorschlag Jegsches einverstan den'®. Um die Befürwortung des Strafantra ges Jegsches durch das Konsistorium zu verstehen, muß man sich die Prozesse vor Augen halten, welche die Barnabi ten mit den verschiedensten Behörden, also auch mit dem Konsistorium, in den vergangenen Jahren geführt hatten. Von 1630 bis 1663 führten sie gegen die bischöfliche Behörde wegen unbilliger Abtrennung vom Michaeler Pfarrdistrikt einen Prozeß und erhoben hernach Klage beim Nuntius'". 1653 bis 1664 lief ein Prozeß beim Wiener Konsistorium zwischen den Barnabiten und dem Pfar rer von St. Ulrich in puncto Praecendentia bei Kondukten".In gleicher Angele genheit prozessierten sie von 1662 bis 1673 wider den Prälaten der Schotten'®. Man setzte nun diesmal alles daran, auch den Pfarrer von St. Michael in der Klemme zu sehen. Beide Parteien wurden für den 10. Februar 1676 um 10 Uhr zur mündlichen Darlegung ihres Streitfalles zum Bischof vorgeladen. Nach gründlichem Anhören sowohl des Burgpfarrers als auch des Propstes bei St. Michael sollte entweder der Streitfall beigelegt oder ein richterli cher Entscheid angestrebt werden'®. Vor dem Bischof scheint der Burgpfar rer in Beweisnotstand geraten zu sein, als der Propst darauf bestand, der Burgpfarrer möge Urkunden vorweisen, aus denen hervorgehe, welche Voll machten er überhaupt besitze. Das geht daraus hervor, daß der Propst sich noch am gleichen Tag an die N.Ö. Regierung bzw. an die Kanzlei der Klosterrats-Registratur wandte, weil sich für ihn die Notwendigkeit ergebe, Einblick zu neh men in den „Fundations Brief vor die Kayl. Hoff Capellen, wie auch die dem selben anhängige documenta."®" Die etwas unklare Rückantwort vom 12. Februar 1676 läßt den Schluß zu, daß die Dokumente nicht ausgefolgt wurden. Der Streitfall wurde zwar in der Folge nicht endgültig erledigt, erfuhr aber auch keine weitere Steigerung. Schließ lich hatte sich Kaiser Leopold I. persön lich für Jegsche eingesetzt. Die Barnabi ten hatten sich der besonderen Gunst zweier Kaiser erfreut und besaßen bei Hof einen großen Anhang, Und Fürstbi schof Wilderich v. WaldendorfT wollte in dieser heiklen Angelegenheit nicht all zusehr aktiv werden. Besaß er doch in hohem Maß das Vertrauen des Kaisers, der ihn einst zum Geheimen Rat und Reichsvizekanzler bestellt hatte®'. Der Kaiser selbst wartete nur auf eine gün stige Gelegenheit, um den Barnabiten nach dieser Streitsache seine besondere Gunstzu erweisen. Diese bot sich ihm, als er im Privilegium Imperialle®® vom 14. August 1678 die Druckerlaubnis für die O-Predigten der Adventszeit gab. Unter dem Titel „Verlangter Heiland" hielt diese Predig ten P. Don Ferdinand Hauk „in unser Keyserlichen Hoff-Pfarr-Kirche bey St. Michael alhie". Noch Jahrzehnte später,am 29. Juli 1769, weist der Propst bei St. Michael auf dieses Ereignis hin®", daß Leopold „höchst Seeligsten anden ken in verschiedenen Documenten, be sonders in seinem den 14. August 1678 allergnädigst herausgegebenen Privilegium ausdrücklich... Urisere Kayl: HofPfarrkirche bey St. Michael betitelt wurde, weUlens also diese unsere Pfarr und Kirch Von (alten) Zeiten her eine Kayl: Hof Pfarr und Kayl. Hof Pfarrkir chen benahmst worden, so haben wir auch solchen Titl bis gegenwärtige Zeit (1769)beybehalten". Die gewaltige Bautätigkeit in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Bereich der Hofburg ließ den Jurisdik tionsstreit der beiden Pfarren erneut zum Ausbruch kommen. Zunächst gab es ein Vorspiel. Zwischen 1717 und 1719 wurde am Ballplatz anstelle eines kai serlichen Meierhofes nach dem Plan von Johann Lukas v. Hildebrandt das Ge bäude der Geheimen Hofkanzlei (heute Bundeskanzleramt) errichtet®'. Obwohl dies im Distrikt der Pfarre St. Michael lag, übten die Kuraten des benachbarten kaiserlichen Hofspitals dort pfarrliche Jurisdiktion aus. Gegen sie führte der Propst und das Kolleg St. Michael von 1721 bis 1725 einen Prozeß®"'. Sie wurden aber weder vom Konsistorium, noch von der Regierung und auch nicht von der Geheimen Hofkanzlei unterstützt. Sie erhielten nur die Mitteilung: obwohl die Kuraten des kaiserlichen Hofspitals an sich keinen Anspruch auf pfarrliche Rechte hätten, so möge man gegenwär tig alles so belassen bis eine kaiserliche Resolution eine Entscheidung herbeifuh ren würde. Indessen begann mit der Errichtung der neuen Reichskanzlei die Auseinan dersetzung mit der Burgpfarre. 1723 wurde nach dem Entwurf Hildebrandts zunächst der Flügel in der Schaufler gasse errichtet, dem 1726 bis 1730 der Flügel im Burghof nach dem Plan von Josef Emanuel Fischer v. Erlach folgte.®" Die ehemaligen Bewohner je ner Häuser, die wegen des Neubaus der Reichskanzlei niedergerissen wurden, unterstanden einst dem Pfarrecht von St. Michael. In diesen einst bürgerlichen und herrschaftlichen Häusern waren untergebracht: die alte Reichskanzlei, die Hofkammer, die Kriegsbuchhaltung und andere Stellen. Die obersten Stockwerke waren durchwegs von Kanzleibediensteten, Heizern und anderen Angestellten be wohnt. Bis 1750 hatte St. Michael im ganzen Gebäude der Reichskanzlei, ohne von irgendeiner Stelle Wider spruch zu erfahren, ihre Pfarrechte aus geübt®'. Nun aber erhob der Burgpfar rer dagegen Einspruch. Darum beschloß der Kaiser, dieser Rechtsunsicherheit ein Ende zu bereiten. Am 26. Jänner 1751 erging von der k. k. N.Ö. Repräsentation und Kammer eine kaiserliche Resolution an den Propst und das Kolleg St. Michael®®. Gemäß dieser sollten die Bewohner der neuen Reichskanzlei, soweit sie nicht unmittelbar zum Hofstab gehörten, dem Pfarrecht der Michaeierkirche unterste hen. Die bittere Pille kam, als auch die Pfarrechte des Burgpfarrers festgesetzt wtuden in bezug .jener Hoff Partheyen: Ob sie zwar in dem nemlichen Tractu Vorerwehnten neuen Gebäudes, inglei chen an dem Keyl. Königl. Hoff anstossenden Scalvignonischen Haus, oder 18
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