Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

BEILAGE ZUM BeiträgezurWiener Diözesangeschichte Die Beziehungen der Pfarre St. Michael zur Burgpfarre 1599-1769 P.Dr.Waldemar Posch. „Da Unklarheit darüber besteht, wieso die Michaeierkirche einst den Titel „Hofpfarrkirche" führen durfte und außerdem pfarrliche Rechte innerhalb der Burgpfarre beanspruchte, so habe ich versucht, diese komplizierten Ange legenheiten ein wenig zu durchleuchten (Posch)." Nach Ansicht Kaiser Maximilians II. war bei der „ansehenlichen Volckreichen Pfarrkirchen zu Sannt Michael alhie" um 1567 die finanzielle Not so groß geworden, daß „sich ein tauglicher Pfarrer mit seinen Geselbriestern nit woll erhalten möchte.'" Schuld daran seien der Verlust an Pfarrvolk bedingt durch die Schleifung der Vorstädte und die in „große Zerrüticheit" gekomme nen Stiftungen, von denen ein Teil der Pfarre überhaupt entzogen worden war. Zur Sicherstellung des Lebensunterhai-, tes des Pfarrers und seiner drei Kapläne ordnete der Kaiser die Union der noch vorhandenen Stiftungen an. Der Pfarre war damit nur vorüberge hend geholfen. Das wurde offenbar, als im Herbst 1595 der ehemalige Beneficiat von Wiener Neustadt, Johann Pollinger, Pfarrer bei St. Michael geworden war.- Da damals die Michaeierpfarre in temporalibus dem Wiener Stadtrat unter stand, so richtete Pollinger an diesen mehrere Ansuchen um Geldmittel zur Erhaltung der Kirche und des Pfarrhofs; 1597 wegen Reparierung des Uhrwerkes, 1598 wegen einer neuen Orgel und 1600 wegen Restaurierung des Pfarrhofs. Da nach Angabe Pollingers das jährliche Einkommen der Pfarre nur 350 fl. be trügt, so war er ständig darauf bedacht, diesem Übelstand abzuhelfen. Als daher die Stelle des Burgpfarrers frei gewor den war, sandte Pollinger 1599 eine Denkschrift an den „fürstl. H. Erzherzo gen Mathiaßen, umb Verleihung Vacirender Kayh Burckh Pfarr in Wienn.*" Die Vereinigung der Burgpfarre mit der von St. Michael sollte den Verlust aus gleichen, der dadurch entstanden war, daß der Prälat der Schotten einen zu St. Michael gehörigen Distrikt außer der Stadt an sich genommen hatte. Die Folge dieser Abtrennung war, daß jetzt alle Kinder vor dem Burgtor - mit Ausnahme der Laimgrube - zu St. Ste phan und zu den Schotten zur Taufe getragen werden mußten. Pollingers Plan bezüglich der Burgpfarre war nicht so aussichtslos. In einem Gutachten der kaiserlichen Geheimen Räte vom 26. Juli 1600'' wurde dem Kaiser geraten, einen kaiserlichen Kaplan zum Burg pfarrer zu bestellen, sie selbst aber möchten ihm den Pfarrer bei St. Michael vorschlagen. Die Sache schien für St. Michael gut anzulaufen. Da sandte Erzherzog Maxi milian am 27. Juli 1602 einen „Intercessional Schermbrief (Schirmbrief) an Kaiser Rudolf II. (1576-1612)*' und emp fahl ihm seinen ehemaligen Sekretär, Dr. jur. Mannithor für die Stelle des Burgpfarrers. Die Beziehungen zwischen den beiden Pfarren blieben dadurch aber ungetrübt. Man war auch nicht kleinlich auf pfarrli che Jurisdiktionsrechte bedacht. Mit Wehmut erinnerte man sich in späterer Zeit an die gute Zusammenarbeit mit der Burgpfarre. Bewohner der kaiser lichen Burg wurden in der Pfarrkirche St. Michael oder vom Michaeler Pfarrer in der Burgkapelle getraut ohne Ein spruch von selten des Burgpfarrers''. So hielt Georg Pucher, Pfarrer bei St. Michael am 3. Februar 1613 in Gegen wart des Kaisers Matthias (1612-1619) und der Erzherzöge in der Burgkapelle eine Trauung. Geistliche der Michaelerkirche trauten hinwieder Bewohner der kaiserlichen Burg in der Michaelerkirche. So 1617 den kaiserlichen Burgvogt Hans Berchtold v. Sachsengang. Dieses gute Einvernehmen der beiden Pfärren bestand nicht nur zu der Zeit, als Weltpriester die Seelsorge in der Pfarre St. Michael betreuten, sondern auch später, als die Barnabiten an ihre Stelle traten. Diese betrachteten die Ausübung der pfarrlichen Jurisdiktion an Burgbe wohnern als ein überliefertes Recht. Die Burgbewohner, die da in Frage kamen, waren aus dem Personenkreis der Edelknabenhofmeister, Kammermaler, Torsteher, Hofnachtwächter, Heizer, Tafeldecker, sowie des Keller- und Kü chenpersonals, darunter „absonderlich NNIENER DIOZESNSI BLNT 27.Jahrgang, Nr. 2, Wien,1. August 1986 Inhalt Die Beziehungen der Pfarre St. Michael zur Burgpfarre 1599-1769 17 Ärztliche Ethik und Milltärseelsorge. Zur Geistesge schichte der Pastoralmedizin im Erzbistum Wien 20 Die Altar- und Kirchenbilder in der Leopoldi-Capeiln am Kallenberg und in der k. k. Schloßkirche am Gallenberg/ Leopoldiberg 21 Eine große erfolgreiche Prie stervereinigung 30 Auf nach Lourdes! Erster österreichischer Pilgerzug 1886 31 Dr. Lothar Kugler. Ein ei genwilliger Spätberufener (1885-1931) 31 Ehrendomherr Pfarrer Franz Riedling - 32 17

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=