Leo Maria Trapp-ein „Herr" im Priesterrock Dr.Adolf Kolb Seinen Schülern, den Studenten der seinerzeitigen Realschule im 10. Wiener Gemeindebezirk, ist seine vornehme und Ehrfurcht gebietende Gestalt auch heute noch in lebhafter Erinnerung. Leo Maria Trapp war von 1925 bis 1938 Religionsprofessor an der R 10, wie ab gekürzt die Mittelschule in der Jagd gasse 40 des Arbeiterbezirkes Favoriten genannt wurde. Er stand nicht nur bei seinen Schülern, seinen „Studenten", - wie er sie nannte - in hohem Ansehen, sondern auch beim Lehrkörper der ge nannten Anstalt, deren „Exhortator" er war, wie aus den Jahresberichten der erwähnten Mittelschule hervorgeht. Die hohe Achtung, die ihm sowohl von Seiten seiner Schüler als auch vom Lehrkörper entgegengebracht wurde, gründete sich nicht zuletzt auf die Art und den Inhalt der von ihm gestalteten Unterrichtsstunden. Er war bemüht,den Glauben und das Evangelium mit den Mitteln der menschlichen Vernunft zu begründen. Er versuchte - wie Erzbischof-Koadjutor Dr. Jachym in seiner Traueransprache beim Requiem am 2. März 1959 in der Pfarrkirche Alt-Ler chenfeld ausführte - Glauben und Wis sen miteinander deckungsgleich zu ver binden. Sein Unterricht war so interes sant, daß auch Angehörige anderer Kon fessionen, wie zum Beispiel Schüler und Schülerinnen des evangelischen Be kenntnisses, aber auch Konfessionslose und Juden,freiwillig an den von Profes sor Trapp gehaltenen Religionsstunden teilnahmen. Leo Maria Trapp wurde 1896 in Eger als Sohn einer weit über die Grenzen des Sudetenlandes hinaus bekannten Familie geboren. Ob er adelig war oder nicht, konnte nie eindeutig festgestellt werden. Er selbst führte kein Adelsprä dikat. Einer seiner nächsten Verwand ten war der im Ersten Weltkrieg gefal lene Kommandant des Unterseebootes U 5 der österr.-ung. Kriegsmarine, Georg Ritter von Trapp. Trapp studierte in Wien Theologie und war in den letzten Jahren des Ersten Weltkrieges im militä rischen Sanitätsdienst tätig. Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1918 war er Kooperator in Sitzendorfim Weinviertel, wo er vor allem eine blühende Organisa tion katholischer junger Männer ins Leben rief. Anfang der zwanziger Jahre wurde er in die Pfarre St. Johann Evan gelist in Wien 10 berufen. Diese von dem bekannten Männerseelsorger Raimund Jungbauer geleitete Pfarre war damals eine der größten Pfarren Wiens. Sie umfaßte rund 100.000 Seelen, Neben dem Pfarrer waren fünf Priester als Kapläne tätig. Unter diesen stach Pro fessor Trapp dadurch hervor, daß er seine eigenen Ministranten hatte, näm lich Schüler aus seiner Mittelschule, und daß er an jedem Sonntag um 11 Uhr die sogenannte „Studentenpredigt" hielt. Durch ihn wurde auch die vom Klosterneuburger Augustiner-Chorherrn Pius Parsch erarbeitete Bet-Sing-Messe im Jahre 1934 eingeführt: der Verfasser dieses Beitrages war der erste Lektor. In seinen Predigten nahm Trapp zu den damaligen modernen Strömungen in Gesellschaft und Kultur Stellung, analy sierte sie und setzte sie zum wissen schaftlich fundierten Glauben in Bezie hung. Diese Predigten fanden über den Bereich Favoritens hinaus Anklang und wurden von Wissenschaftlern und Künstlern gerne besucht. Professor Trapp war es in besonderer Weise gege ben, die „Intelligenz" anzusprechen. Sein von manchen als aristokratisch empfundenes Auftreten brachte ihm den Spitznamen ,,Der Herr Graf ein. Im persönlichen Gespräch war Trapp von größter Freundlichkeit und Hilfsbereit schaft. Viele Menschen - vor allem Studenten und Akademiker-fanden bei ihm und durch ihn nicht nur priesterli chen Trost, sondern auch mannigfache Hilfe in materiellen und beruflichen Dingen. Leo Maria Trapp gehörte während seiner Mittelschulzeit in Eger einer dort bestehenden katholischen Pennalie mit dem Namen ,.Teutonia" an. Während seines Theologiestudiums in Wien trat er der katholischen CV-Verbindung „Nord gau" bei. Als er 1925 Religionsprofessor an der R 10 in Wien-Favoriten wurde, galt sein besonderes Interesse der Erfas sung katholischer Mittelschüler in hiezu geeigneten Organisationen. An dieser Schule bestand seit dem Jahre 1907 die katholische Studentenverbindung „Rhenania", die Professor Trapp vorerst un terstützte. Unstimmigkeiten und vor al lem Mißverständnisse führten dazu, daß sich Trapp von dieser Studentenverbin dung abwandte und einige seiner dama ligen Schüler dazu inspirierte, eine zweite katholische Mittelschulverbin dung in Favoriten zu gründen. Dies erfolgte im März 1927, die neue Verbin dung erhielt den Namen „Teutonia" - wohl als Erinnerung an die seinerzeitige Pennalie in Eger. In der Festschrift zum 10jährigen Bestand der „Teutonia" schil derte Trapp selbst sein Wirken mit fol genden Worten: „Als ich im Jahre 1925 als Supplent an die Realschule, Wien 10, Jagdgasse 40, kam, hatte ich eine bis in die Unterklassen weitverästelte Organi sation der Sozialisten vor mir, die durch eine Reihe angeschlossener Werke, wie z. B. Ferienheim, Studiennachhilfe, Sti pendien, ein nettes Heim im Gemeinde haus Kennergasse mit Bibliothek, ei genes Mitteilungsblatt usw. im besten Zuge war,sich eine Art Monopolstellung an der Schule zu sichern. Die Rückwir kung auf den Religionsunterricht trat klar zu Tage; zur Ehre der damaligen sozialistischen Schüler sei es gesagt, daß sie korrekte und auch fleißige Schüler in meinem Gegenstand waren, aber beim Sonntagsgottesdienst und bei den reli giösen Übungen fehlten sie. Die organi sierte Abwesenheit von solchen, an sich guten Burschen, verriet ein einheitliches Kommando. Das böse Beispiel wirkte auch auf viele Mitschüler, so daß ich mich an eine Schulbeichte - es war die erste in meiner Wirksamkeit - erinnern kann, an der sich fast nur Untermittel schüler beteiligten. Der Elternverein war in der Mehrzahl sozialistisch, die Schulbehörde war sozialistisch, Favori ten hatte zwei Drittel sozialistische Mehrheit. Ein Kampf also gegen die seelenmordende Lehre schien fast aus sichtslos zu sein." Nicht zuletzt Profes sor Trapp war es zu danken, daß die katholisch-österreichische Mittelschul verbindung Teutonia einen rasanten Aufstieg nahm.Im Jahre 1938 zählte sie über 100 Mitglieder. Die Zwistigkeiten mit der anderen Verbindung „Rhenania" konnten bald bereinigt werden, so daß es seit 1935 eine Zusammenarbeit beider Verbindungen auf dem schwieri gen Favoritner Boden gab. Leo Maria Trapp war auch im Rahmen des Volksbundes der Katholiken Öster reichs tätig. Er leitete die sogenannte „Kunststelle", die vornehmlich für den Besuch wertvoller Kulturveranstaltun gen warb und Karten für Theatervor stellungen und Konzerte zu verbilligten Preisen besorgte. Durch seine persönli che Verbundenheit mit dem langjähri gen Bezirksobmann der christlich-sozia len Partei in Favoriten, Johann Krist, nahm er auch maßgeblichen Einfluß auf die Politik. Dabei trat er immer für die Zusammenarbeit mit den anderen politi schen Griippen ein. Der gewaltsame Anschluß Österreichs an Nazi-Deutsch land machte auch seiner Lehrtätigkeit ein gewaltsames Ende. Im Herbst des Jahres 1938 war Trapp auch Opfer eines brutalen Überfalles. In den folgenden Jahren widmete er sich hauptsächlich der Seelsorge an der Pfarre St. Johann Evangelist und war dort ein eifriger Helfer seines bereits schwerkranken Pfarrers Jungbauer. Im Jahre 1942 wurde er Pfarrer in Alt-Lerchenfeld. Über sein Wirken in dieser Pfarre heißt es in der Trauerpate: „Die ihn kannten, schätzten ihn als lieben Menschen, der als guter Hirt stets bemüht war, allen alles zu sein, um die Seelen zu Gott zu führen." Konsistorialrat Trapp ist am 25. Fe bruar 1959 gestorben. Am 2. März 1959 wurde er nach einem von ErzbischofKoadjutor Dr. Jacljym zelebrierten Re quiem am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 4, Reihe 4, Grab 48)zur ewigen Ruhe beigesetzt. Herausgeber: Erzb. Ordinariat. Verantwortlicher Schriftleiter: Prof. Dr.Franz Loidl. Alle. 1010 Wien,Woilzeile 2.-Hersteller: Herold Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H.,1080 Wien Strozzigasse 8. Das„Wiener Diözesanblatt" ist das offizielle Amtsblatt der Erzdiözese Wien. 16
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=