Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Herrn PurckhPfarrer einschicken wolle. Durch dieses Vorgehen werde nicht nur ,,des Stiftes Closterneuburg Pfarrliche Jurisdiction, sondern auch die hochwür dige Ordinariatsgerechtsame gekränketh." Diese Mißachtung der pfarrlichen Rechte mache es dem Herrn Probsten unmöglich, einen ordnungsgemäßen vollkommenen Osterbericht einzuschikken." Noch nicht genug, daß der Pfarrvikar von Kallenberg dem Konsistorium den. Fall Textor und den Mißgriff des Benefiziaten Königsmann gemeldet hatte,auch der Herr Probsten mußte zu diesen Vorfällen sich noch artikulieren. Er be klagt sich, daß mit diesen Vorgangswei sen der K. K. Hofkaplansbenefiziaten seine Pfarrechte beeinträchtigt wurden. ,4ndisputirlich" habe er immer über alle Schloßbewohner am Kallenberg „omnes actus parochiales exerciret". Dies be legte er mit Auszügen aus den Matriken büchern, aus denen eindeutig hervor geht, daß z. B.am 30. Mai 1683 in Monte Calvo ein Johannes Hoch mit Margareta Huber getraut und ein Jahr zuvor, näm lich am 26. 10. 1682 des Hoch erste Frau auf dem Freydhof der Pfarrkirche zum heiligen Georg begraben wurde. Oder am 22. 6. 1692 ist der Tischler und Traiteur in Monte Coetius superius in arce auch am Freydhof zu Kallenberg beigesetzt worden. Der Herr Probsten will sich „wegen von Herrn Purck Pfarrer geschehenen doppelten Eingrief in die ihm vorbehal tenen beneficia Juris per expressum Vorbehalten haben." An diese Zeilen fügt er noch sein dienstliches Bitten an, ihm bei seinem „althabenden Recht zu manteniren", damit künftighin solche Mißbräuche nicht mehr vorkommen.''' Aber nicht nur der Herr Probsten vom Stift Klosterneuburg und der Herr Pfarrvicario von Kallenberg hatten Schwie rigkeiten mit den Burgpfarrem,sondern auch die K.K. Hofkaplansbenefiziaten am Kallenberg fühlten sich zu Unrecht von Probsten und seinem Vikar in ihren Rechten beeinträchtigt. Um die Kompe tenzen ein für allemal eindeutig zu klä ren, wandte sich der Benefiziat Jäger an den Kaiser und beschwerte sich in einem Brief über das Stift Kloster neuburg. In diesem Schreiben erwähnt er die Geschichte mit dem Thadäe Tex tor. Der „Kayserliche Purckh Pfarrer" habe damals die „gewöhnliche Einseg nung des abgeleibten Benefiziaten Cörpers vollführet, und solchermaß actus parochiales exerciret". Daraufhin habe sich das Stift Closterneuburg nicht ge scheut, ihm beim wienerischen Konsi storium wegen der eingereichten Juris diction Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Außerdem nehme sich das Stift das Recht heraus, von ihm die Beicht zetteln der im Schloß wohnenden Leute abzufordern, und maße sich auf diese Weise eine ihm nicht zustehende Juris diction an. Dies alles zeige er in „allerdiensteter Submission" an und bitte zugleich demütigst, der Kaiser möge einen Erlaß ergehen lassen, aufgrund dessen sein Jurisdictionsrecht nicht ge schmälert,„sondern vielmehr kräftiglich gehandhabt werde"."* Der Kaiser gab die Klageschrift zuerst einmal an das Konsistorium weiter, und dieses setzte wiederum den Herrn Prob sten davon in Kenntnis. Zugleich for derte es ihn zu einer Stellungnahme auf. „Wenn nun die dagegen in possessorio habende Behelft zu vernehmen für nöthig Befunden werden, so werden Eucher Hochwürden solche ganz fürdersamb und ohne zeit Verlust dem Vble Consistorium zu übergeben und überrei chen wissen."'® „Am 17 Merzen 762 reichet das Stüfft Closterneuburg" an den Fürsterzbischof von Wien, Kardinal Migazzi, einen Be richt in „Betref die Jurisdictionem Parochialem" ein.Es hatte schon wieder eine Kollision auf dem Schloß am Kallenberg gegeben. Am 2. März war ein frommer Einsiedler im Schloß verstorben. Der Hofkaplansbenefiziat aber hatte es un terlassen, den Fffarrvicario des Herrn Probsten in Kallenberg davon zu ver ständigen, bezw. ihn zu rufen und ihm die Beerdigung vornehmen zu lassen. Das empfand der Herr Probsten als einen groben Verstoß und Eingriff in seine Pfarrechte. Er beriefsich in seiner Eingabe darauf, daß diese immer von ihm und seinen Vorgängern ausgeübt wurden, wie dies auch die Eintragungen in die Matrikenbücher beweisen.Ebenso habe sein Vicario immer die Prozessio nen aus dem Lichtental empfangen in Röchet und Stola. Mit den Pfarrfahnen von Kallenberg wurde dann in die Schloßkapelle am Berg eingezogen, und der ganze rituelle Ablauf wurde nach dem Pfarrituale vollzogen. Weiters ver weist der Probsten darauf, daß in den anderen königlichen Schlössern Schön brunn, Hetzendorf und Laxenburg die zuständigen Pfarrer niemals in der Aus übung ihrer Jurisdiktionsakte gehindert worden wären,obwohl auch die Burgkapläne immer anwesend waren.In diesen Schlössern werde durch höchste Wei sung für die Einhaltung der Ordnung gesorgt. Der Probst bittet daher den Ordinarius loci, seine Pfarrechte zu schützen gegen das von den Benefizia ten am Kallenberg sich widerrechtlich angemaßte Pfarrecht. Einige Tage später reagierte das Kon sistorium bereits auf diese Eingabe. Es erwähnte dabei auch noch das mündlich erstattete Referat. Den Hof- und Burg pfarrern am Kallenberg ließ es die Ein gaben des Herrn Probsten zustellen und verlangte eine Rückantwort binnen acht Tagen.'^' Probst Berthold II. kam der Aufforde rung des Konsistoriums zu einer Stel lungnahme aller einschlägigen Streit punkte bald nach. Bezüglich der Ausübung von Jurisdik tionsakten und der Einsegnung des „ab geleiten beneficiati Cörpers" durch den. Burgpfarrer wäre vor allem die Frage zu klären, von wem ihm jemals die Juris diction am Kallenberg gegeben worden sei. Als Burgpfarrer besitze er nur für die Burgpfarre in Wien die Jurisdiktion, aber genausowenig wie für den Kallen berg so auch nicht für Schönbrunn. Im Schloß Schönbnann übe der Pfarrer von Penzing die Jurisdiktion aus, „denn er taufft waß alda gebohren, er begrabt. waß da stirbt, und gibt zusammen, waß sich alda vermehlet." Was die Bestattung des Benefiziaten Thadäus Textor anbelange, so habe sein Pfarrvikar Constantin Langeisen den auf den kaiserlichen Befehl sich berufenden Burgpfarrer zwar handeln lassen,jedoch „semper contra omne jus Parochiale Exercendam cum protestatione" und „eo tamquam legitimo Vivario in Monte so voll ad Tumbam,als ad Sepulchrum in Stola et Rochetto usque ad fine nraesenti." Ob nun dieser „actus exercitus pro actu legitimo parochiali" zu nehmen sei, das zu entscheiden überlasse er den Herren des Konsistoriums. Damit aber klar vor Augen gestellt werde, wer auf dem St. Leopoldiberg der rechtmäßige Pfarrer sei, füge er Extracte aus den Matrikenbüchern von Kallenberg bei aus dem Sfeitraum vor und nach der Türkenbelagerung Wiens. „Tamquam ex Fönte" gehe dann aus diesen Matrikenauszügen auch hervor, wem es zustehe, die Österlichen Beicht zettel von den Einwohnern des Leopoldiberges abzufordern. Dieses Recht habe dem Probsten in der Vergangenheit zugestanden,stehe ihm jetzt und auch in Zukunft rechtens zu.^^ Die Augustiner Chorherm Malachias Vitzdum und sein Nachfolger Florian Ulrich, beide Pfarrer von Kallenberg und Höflein, haben eine Pfarrchronik über ihrezweiPfarren für die Zeitvon 1771 bis 1774 geschrieben. In dieser berichten sie, daß in ihrem Pfarrgebiet eine Eremie der Kamaldulenser gelegen sei. Über die Eremiten selbst stehe ihnen keinerlei Jurisdiktion zu, wohl aber fal len die Trauungen und Begräbnisse von Weltleuten in ihre Kompetenz. Wenn also Dienstboten der Kamaldulenser sterben,so übernehmen sie die Toten an der Klausurtür tmd geleiten sie auf den Ortsfriedhof. Weiters berichten die beiden Chroni sten über die Übergriffe der Burgkapläne auf dem Kallenberg. 1766 haben sie sogar dem Ordinarius loci, Kardinal Migazzi, zur Zeit der Visitation den Zutritt verwehrt. Das Protokoll(=Chro nik) ihrer Vorgänger beweise jedoch, daß sie, die Pfarrer von Kallenberg, immer für die Seelsorge in der Burg zuständig gewesen seien und diese auch immer ausgeübt haben; ,,sepelivimus, copulavimus, baptizavimus ad aulicam arcem pertinentes". Die diesbezüglichen Verhaltungsweisen im Schloß Schön brunn seien auch ein Beweis für ihre Jurisdiktionszuständigkeit als Pfarrer. Obwohl dort auch die K.K. Hofburgkapläne anwesend seien, so kann doch der zuständige Pfarrer von Penzing unge hindert seine Jurisdiktionsrechte aus üben. Der verstorbene Pfarrer Weiß habe in der dortigen Schloßkapelle den Tabernakel visitiert, und einer von den Schreibern der Chronik habe im Auftrag des Pfarrers Sohn und Tochter des Schloßgärtners, als sie krank darnieder lagen, seelsorglich betreut. Zur Winters zeit, wenn in Schönbrunn immer die Kapuziner den Dienst versehen haben, habe trotzdem stets der zuständige Pfar rer von Penzing getauft und begraben.

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