Ab und zu kamen auch der Kaiser mit großem Gefolge oder andere Mitglieder aus dem Kaiserhaus, um den Leopoldiberg, dessen Geschichte ja mit der der Habsburger verwoben war, und aufdem Rückweg den Kahlenberg zu besuchen. Im Herbst dieses Jahres konnte längere Zeit ein Komet beobachtet werden. Am 14. Mai 1808 kam der Fürsterzbi schof Sigismund U. Anton Graf von Hohenwart zu Gerlachstein in Beglei tung des Herrn Landdechanten und des fe. Zeremoniärs zur kanonischen Visita tion. Auch der Ordinarius loci war mit all dem, was er sah und vorfand, zufrie den. Über alle Klosterneuburger Pfar ren, die er visitierte, stellte er ein gutes Zeugnis aus. Markus- und Bittprozessionen wur den, wie alle Jahre seit Wiedereröffnung der Kirche 1798, auf den Leopoldiberg gefuhrt - auf den gebräuchlichen We gen. Die Herrschaflsbesitzerin Frau Josefme von Traunwieser legte einen gro ßen Wert auf eine schöne und würdige Fronleichnamsprozession. Sie war auch bereit, für die Kosten derselben aufzu kommen. Persönlich aber wollte sie nicht daran teilnehmen, denn sie hätte im Anschluß daran bestimmte Persön lichkeiten bei ihr zu Tisch einladen müssen, und dazu war sie bis dato auf dem Berg noch nicht genügend einge richtet." Das Jahr 1809 brachte seine große Not über das Land, über die Kaiserstadt Wien,aber auch über den kleinen,kaum bekannten und unscheinbaren Ort Jo sephsdorf. Während der Bittage im Mai redete man schon überall von den her annahenden Franzosen. Vom Berg aus sah man, wie in Wien mehrere Donau brücken abgebrannt wurden, um dem Feind den Zugang zur Stadt zu erschwe ren. Frauen aus Klosterneuburg wußten zu berichten, daß der Landsturm zu rückkehre und die Franzosen schon da wären. Um die Mittagszeit aber waren die Feinde tatsächlich schon vor Wien, umringten die Stadt und besetzten die Vorstädte. Dies alles spielte sich am 10. Mai 1809 ab. Am späten Abend dessel ben Tages kam schon ein französischer Offizier mit einigen Lanzern in das ver lassene Nest Josephsdorf herauf. Sofort verließen die Bewohner voll Angst ihre Häuser und flüchteten in den Wald. Als es sich aber herumgesprochen hatte,daß keinerlei Plünderungen bis jetzt vorge kommen seien, kamen sie langsam und zögernd wieder in ihre Häuser zurück. Der Offizier wurde beim Traiteur ein quartiert, die einfachen Soldaten aber entzündeten vor der Kirche ein Lager feuer und verbrachten dort die Nacht. Am 11. Mai gegen Mittag zog der Offizier mit seinen Soldaten wieder ab, nahm sich aber ein Pferd aus dem Herrschaftsstall mit. Unter den Flüchtlingen nach der Ankunft dieses Vortrupps der Fran zosen war auch der Dorfpfarrer mit seiner Wirtschafterin. Auch er kehrte zurück,jedoch nicht in seinen Pfarrhof, sondern er verbrachte die Nacht im Lusthaus des Prinzen de Ligne,dem die beiden Häuser 6 und 7 gehörten. Das Haus Nr.6 ist heute noch erhalten. Aus den Fassaden kann man nicht gleich erkennen, daß sich hinter ihnen eine Ruine verbirgt.Im Lusthaus des Prinzen also wartete der Pfarrer bangen Herzens und sicher auch mit einer gewissen Angst, wie sich die Dinge weiter entwikkeln werden. Nun unterbricht Herr Frigdian seinen Bericht über die französische Invasion. Er gibt jetzt einen Überblick über die Vorsichtsmaßnahmen,die bereits getrof fen wurden, um die vorausgeahnten kommenden Nöte zu lindern und abzu wehren.Schon am 2. Bettag,dem 9. Mai, packte er einen Teil seiner Wäsche und Kleidung zusammen und schickte sie nach Wien. Er hat damit gerechnet, daß ihm hier aufdem Berg alles weggenom men werden könnte. Dieser wohl be rechtigten Vermutung und Gefahr wollte er vorbauen. Wie sich später ja zeigte, hat er sehr vernünftig und über legt gehandelt.Am Morgen dieses 9. Mai kam eine Frau aus Döbling und über brachte ein Rundschreiben mit der Auf forderung, alle Silber- und Goldgefäße aus der Kirche und auch alle anderen Pretiosen in Sicherheit zu bringen. Diese Aufforderung aber kam reichlich spät,ja schon zu spät. Sie ließ sich nicht mehr richtig durchfuhren. Wohin hätte man, da doch schon rundherum die Feinde waren, diese kostbaren heiligen Geräte bringen sollen, ohne in Gefahr zu laufen, unterwegs von den Feinden an gehalten und beraubt zu werden? Herr Frigdian konnte nur noch zwei silberne Kelche und die Kirchenobligationen von 180 Gulden zusammenraffen, alles an dere mußte liegen bleiben. Mit diesen schickte er noch die Schullehrerin zum Herrn Prälaten in den Klosterneuburgerhof, um sie in Sicherheit zu bringen. Dieses schon gewagte Unternehmen ist noch gelungen. Die Paramente aber einzupacken und fortzuschaffen, dazu war es schon zu spät. Aber auch im Pfarrhof wollte der Pfarrer noch retten, was in dieser kur zen Zeit zu retten war. In der Eisgrube, dem damaligen Kühlschrank, verbarg er das Zinn der Pfarre, Porzellan, geschlif fene Gläser und einiges Silber. Mit Hilfe seiner Wirtschafterin vergrub er auch zwei Eimerfassel Wein in der festen Überzeugung, daß sie dabei niemand beobachtet habe und daher auch nie mand das Versteck kennen konnte. Am folgenden Tag, dem 10. Mai und 2. Bittag, vergrub er in den Gartenbeeten noch ein Fassel Wein. Er hielt es unter der Erde vergraben für sicherer, als wenn es einfach frei zugänglich im Kel ler stehen würde. Zwei weitere Fassel mußte er ohnehin im Keller stehen lassen, denn schon fehlte die Zeit, sie verschwinden zu lassen. Auch die Hauseinrichtung teilte er auf, damit sie wenigstens zum Teil er halten bleibe. Einen Teil ließ er im Pfarrhaus stehen, einen Teil brachte er in die Sakristei, und schließlich stellte er auch noch einige Möbelstücke auf den Chor. Die Nachbarn werden dem Pfarrer bei all diesen Präventivmaßnahmen vielleicht zugesehen und sich die Frage gestellt haben: wo aber sollen wir unsre Habe in Sicherheit bringen? Nach der Bittprozession, es war be reits späterer Vormittag,ging Herr Frig dian noch ins Stift Klosterneuburg, um sein Geld abzuholen. Unterwegs erzähl ten ihm schon die Leute, die Franzosen hätten die Stadt besetzt und ließen niemanden mehr hinein oder heraus. Auch wurde berichtet, daß ein französi scher Offizier mit einigen Gemeinen schon morgens ins Stift gekommen war und vom Herrn Dechanten die Brand steuer kassieren wollte. Währenddessen wurde einer von seinen Leuten in der oberen Stadt erschossen. Dieser soll ein Sohn des Generals oder zumindest ein Freund von ihm gewesen sein, so er zählte man. Außerdem wären auch vier ungarische Hussaren ins Stift eingedrun gen und hätten dem französischen Oberst, der sich noch in der Prälatur befand, die Brandsteuer abgenommen. Samt dieser und dem General wären sie dann durchs Wienertor geflüchtet. Nach rückenden Franzosen wäre dies zu Oh ren gekommen. In ihrer Wut darüber drohten sie, die ganze Stadt in Brand zu stecken. Das wäre der Grund, warum niemand mehr in die Stadt hinein noch aus ihr heraus dürfe. Angst erfüllte alle. Nun überlegte der Pfarrer, was er denn tun solle. Sollte es ihm gelingen, trotz allem in die Stadt hineinzukommen, was dann, wenn er keine Möglichkeit mehr finde, sie wieder verlassen zu können? Wie soll er dann wissen, was sich in Josephsdorf abgespielt hat und was sich in seinem Pfarrhof tun wird? Was wird die Gemeinde sagen, wenn er nicht anwesend ist und mit ihr die Not teilt? Diese Gedanken und Überlegungen be stärkten ihn, wieder umzukehren und nach Josephsdorf unverrichteter Dinge zu gehen. Freilich machte es ihm noch Kopfzerbrechen, was er tun und sagen solle, wenn die Franzosen von ihm Geld fordern werden. Ein Gulden und 30 Kreuzer war sein ganzes Bargeld. Kei ner würde glauben, daß dies sein ganzer Besitz sein könne. Das könnte Repressa lien auslösen. Am gleichen Tag gegen 16 Uhr, also am 2. Bettag, dem 10. Mai, rückte die französische Armee gegen die Reichs hauptstadt vor und umklammerte sie. Die Kallenbergerdörfler hatten auch schon ihr Dörfl verlassen. Schon aller hand Mißhandlimgen mußten sie über sich ergehen lassen. Aufder Anhöhe des Berges hofften sie mehr Sicherheit und Ruhe zu finden. Am 11. Mai, dem 3. Bettag, konnte natürlich keine Bittprozession mehr durchgeführt werden. Ganz Josephsdorf stand in nervöser Aufregung und Angst, und dies mit Recht. Dieser 11. Mai ist den Ortsbewohnern ihr Lebtag lang unvergessen geblieben. Es war für sie der härteste und schrecklichste Tag der französischen Besetzung gewesen. Flüchtlinge aus Heiligenstadt und dem Dörfel erzählten aufgeregt, was sie ge hört, gesehen und selbst erlebt hatten. Dadurch wurden die Josephsdörfler noch verängstigter und beunruhigter. Sie waren aufs ärgste gefaßt. Vom Dachbodenfenster seines Pfarr hofes aus überschaute Herr Frigdian die derzeitige Lage,so weit er sie eben von dort aus erfassen konnte.In Döbling und 44
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