trug die Feier der Fakultäts- und Natio nenfeste der Universität aus dem Ste phansdom in die akademische Kirche, das war die ehemalige Jesuitenkirche. Daher konnte eine Beschreibung der Stephanskirche aus dem Jahr 1779 zu den Reliquien von Kosmas und Damian bereits berichten: „Als die medizinische Fakultät ihr Fest noch(!) bei St.Stephan hielt, wurden die Häupter in einer solen nen Prozession um die Kirche getra gen.""® Im Juli 1781 erschien ein Aller höchstes Dekret über die Abhaltung der Feste in der Universitätskirche, und im Jahr 1783 setzte Joseph II. die Zahl der üniversitätsfeiertage endgültig auf drei im Jahre fest."' Damit dürfte die Feier der medizinischen Fakultät zu Ehren ihrer Patrone, wohl bereits in ver einfachter Form,im Jahr 1776 zum letz tenmal im Stephansdom, dann in der Universitätskirche und dort spätestens im Jahr 1780 zum allerletztenmal began gen worden sein."® Abschließend möge folgendes heraus gestellt werden: Obwohl in der umfangreichen Litera tur zur Geschichte des Stephansdomes und zur Geschichte der Wiener Univer sität die Reliquien der Heiligen Kosmas und Damian und ihre Verehrung durch die medizinische Fakultät gebührend erwähnt werden, ist dies außerhalb Wiens weitgehend unbeachtet geblieben. Nachschlagewerke, wie das Lexikon für Theologie und Kirche und ähnlich das Lexikon der christlichen Ikonographie, nennen Reliquien der Heiligen Kosmas und Damian und ihren Kult in Hildes heim, Essen, Bremen, Bamberg und München,merkwürdigerweise aber nicht in Wien."® Die gelegentlich ausgesprochene Ver mutung"', daß Kosmas und Damian in Wien erst im Barock zu Patronen der medizinischen Fakultät geworden sind und Lukas, den mittelalterlichen Schutzherrn, verdrängt haben, trifft nicht zu. Auch zwischen den von mehre ren Wiener Jesuiten verfaßten und im Druck erschienenen Predigten zu Ehren von Kosmas und Damian und der Feier ihres Namensfestes durch die Wiener medizinische Fakultät besteht kein Zu sammenhang. Die Bestimmungen der Wiener Apo thekerordnungen von 1644, 1666, 1713 und des Apothekereides von 1756 über die Teilnahme der Apotheker an der Feier des Namenstages der Heiligen Kosmas und Damian dürften einmalig sein unter den etlichen hundert Apothe kerordnungen und Apothekereiden, die vom 14. bis zum 18. Jahrhundert im deutschen Sprachgebiet entstanden sind, und nur selten dürften Kosmas und Damian auf dem Titelblatt einer Phsumakopöe, Apothekerordnung oder Arznei taxe erscheinen wie bei jener für Wien von 1689."® Anmerkungen 'Rudolf Bachleitner: Der Heiltumschatz der Allerheüigen Domkirche zu St. Stephan in Wien. Katalog der Son derausstellung i960 im Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum.S.34. " Hermann Zschokke: Die Reliquien schatzkammer der Metropolitankirche zu St.Stephan in Wien.Wien 1904. ® Otto Nowotny: Die Bedeutung der medizinischen Fakultät der Universität Wien für das Apothekerwesen Wiens von der Gründung der Universität bis 1770. österr. Apotheker-Ztg. 19, 1965, 298. ■' Acta facultatis medicae universitatis Vindobonensis. I. (1399-1435), II. (1436-1501), m. (1490-1558), herausgege ben von Karl Schrauf. Wien, 1894, 1899, 1904; rV. (1558-1604), V. (1605-1676), VI. (1677-1724), herausgegeben von Leopold Senfelder. Wien, 1908, 1910, 1912. - Im folgenden zitiert als: Acta! ® Franz Gall: Die Insignien der Uni versität Wien. Graz-Köln, 1965. - ders.: Die Alte Universität. Wiener Geschichts bücher Band 1. Wien-Hamburg, 1970. ® Acta I S. 24. - Quellen zur Ge schichte der Stadt Wien. I. Abt. IV. Band. Wien, 1901. Reg. Nr. 3693. ' Acta I S. 77. ® Acta n S. 1, 73, 192 f.; IH S. 118. ® Das Wiener Heiligthumbuch. Nach der Ausgabe vom Jahr 1502 samt den Nachträgen von 1514. Hg. vom k.k. österr. Museum f. Kunst u. Industrie. Wien, 1882. '® Acta VI S. 168, 170. " Acta ins. 173 f., 176. '" (anonym): Außerlesene Denckwürdigkeiten von der sowohl uralten als kunstreichen St. Stephans Dom-Kirchen und Thürmen zu Wienn in Österreich. O.O. 1722. '® Acta VI S. 72. Acta IV S. 242; VIS. 11, 39, 327. Acta IV S. XVm, 538, 540 f. Acta IV S. 561. " Acta ni S. 291 f. - Der Herausgeber K. Schrauf berichtigt hier Aussagen in einer früheren Veröffentlichung (Wenzel Hartl und Karl Schrauf: Nachträge zum dritten Band von Joseph Ritter von Aschbachs Geschichte der Wiener Uni versität. I/l. Wien 1898. S. 302); dort wird als Redner - offenbar auf Grund einer falschen Lesung - Matthias Cornax ge nannt; dieser war einer der angesehen sten Wiener Ärzte seiner Zeit, der neben anderen hohen akademischen Ehrenäm tern zeitweilig die medizinische Fakultät bei den Apothekenvisitationen vertrat und sogar selbst eine Apotheke besaß, was damals in Wien den Ärzten noch nicht verwehrt war; in die Geschichte der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist Cornax eingegangen, weil auf seine Veranlassung und unter seiner Aufsicht ein Wundarzt mit Erfolg an einer Wiener Bürgersfrau eine Laparotomie zur Ent fernung einer abgestorbenen Leibes frucht ausgeführt hat, worüber Cornax in einer Schrift berichtet hat - daß er an der Feier zu Ehren von Kosmas und Damian als Redner beteiligt war, läßt sich aber nicht aufrechterhalten. '® Die Bibliothek in Göttweig besitzt ferner zwei derartige Drucke aus Prag (1712, 1716), wo die medirinische Fakultät das Fest ihrer Patrone in der Teynkirche feierte. Auch für die erst im Jahr 1769 nach dem Vorbild von Wien errichtete medizinische Fakultät der 1554 gegrün deten Universität für das Königreich Ungarn in Tymau (Tmava, Nagyszombat) ist eine dort auch im Druck erschie nene Lobrede auf Kosmas und Damian für 1773 bekannt, sowie eine weitere für das Jahr 1778, nachdem die Universität 1777 nach Buda verlegt worden war. (Vgl. Norbert Duka Zolyomi: Iconographie de saint Cöme et de saint Damien an Slovaquie. Revue d'Histoire de la Pharmacie, XXH, No. 225,1975, p. 381). '® Den Stich von Schmutzer hat der deutsche Pharmaziehistoriker Hermann Peters bereits 1886 in seinem Buch „Aus pharmazeutischer Vorzeit in Bild und Wort" reproduziert. "0 Acta V S. 450. Gottfried Roth: Vos iurabitis. 600 Jahre Apothekereid an der Universität Wien. Albertus-Magnus-Blätter, X, 1963, 731. - Leopold Hochberger: Geschichte des Wiener Apotheker-Hauptgremiums. Wien 1930, S. 6. "" Franz Loidl: Geschichte des Erz bistumsWien. Wien-München 1983. Joseph Ogesser: Beschreibung der Metropolitankirche zu St. Stephan in Wien. Wien 1779. - Anton Edler von Rosas: Kurzgefaßte Geschichte der Wie ner Hochschule im Allgemeinen und der medicinischen Fakultät insbesondere. Medicinische Jahrbücher des k.k. österr. Staates. Jg. 1847, Sp. 209; Jg. 1848, Sp. 69. Rudolf Kink: Geschichte der kaiser lichen Universität in Wien. Wien, 1854. I. Bd./I. Teil S. 515, 557 f.; H. Bd. S. 593. - Im November 1775 und im Juni 1776 mußte ein Konsistorialdekret alle Fakul tätsmitglieder ermahnen, sich bei den Fakultätsfesten einzufinden, „indem bei diesen Gottesdiensten sich fast niemand mehr sehen lasse"; im Jahr 1783 hatte die Universität um die Beibehaltung von acht Kirchenfesten, darunter die Patronatsfeste der theologischen und der phi losophischen Fakultät angesucht, die Studienhofkommission genehmigte aber nur drei, u. a. mit der Begründung, daß „die juridische und die medizinische Fakultät ihre Festivitäten ohnedies schon abgebracht" hätten. "® Vgl. dazu für die philosophische Fakultät (anonym, o. O. u. J.): Das Patronatsfest der philosophischen Fakultät an der Wiener Hochschule, nach 72jähriger Unterbrechung wieder gefeiert am 25. November 1852 in der k.k. Universi tätskirche zu Wien. "® Das gilt selbst für: Otto Wimmer: Handbuch der Namen und Heiligen. Innsbruck-Wien-München, o. J.! Anneliese Wittmann: Kosmas und Damian. Kultausbreitung und Volksde votion. Berlin, 1967. S. 34. "® Das Titelblatt des Arzneibuchs der Stadt Köln (Pharmacopoea sive Dispen satorium Coloniense) von 1627 zeigt die Heiligen Lukas, Pantaleon, Kosmas und Damian. Nach einem Vortrag anläßlich des von der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie am 29./30. September 1984 in Mendrisio (Tessin) veranstalteten Kolloquiums über die Heiligen Kosmas und Damian, Schutz patrone derApotheker undÄrzte. 29
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