Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

zu St. Stephan präsentiert und am 1./2. Mai 1747 installiert. Im Jahre 1749 hatte er die Würde des Rektors der Universi tät inne. Baugeschichte der Pfarrhirche. Aus der Pfarrchronik,dem Pfarrarchiv sowie dem DiÖzesanarchiv zeigen folgende Da ten kurz den Bauzustand der Pfarrkir che auf. Die „Kleine Kirche" hat sehr arg in der Türkeninvasion 1683 gelitten. Die Kirchl. Topographie XII, S. 175, besagt, daß 1686 das Kirchengewölbe eingestürzt ist. Ein Schreiben des zu ständigen Dechants berichtet 1687, 1. Vni.: „Das arme abgebrannte Gottes haus zu Weikersdorf erhielt auf eine Bittschrift an ihre kaiserl. Majestät 100 Gulden." - Wohl wird der arge Bauzu stand der Kirche zur Not behoben wor den sein, so daß der Gottesdienst abge halten werden konnte, was aber keine Lösung darstellt. Pfarrer Herbst bemühte sich 1750 un ermüdlich um einen Neubau der Kirche. Als Antwort auf seine diesbezüglichen Emgaben 1750, 24.XH., und 1751, 14.1., an das Bistum um einen Konsens(Be willigung) für einen Kirchenbau, wird mit dem Auftrage beantwortet, sich um einen Guttäter umzusehen, da auch der Lehens- und Vogtherr in solchem „äu ßersten Notstand sind, daß sie nichts beitragen können". Das „Attestum" des bgl. Maurermei sters Philipp Millinger, Wien, vom 24. XI. 1751 (Pfarrakte) schildert nach einer Besichtigung den Zustand des Got teshauses:„1. ...ich habe niemahlen an einigen Orth ein dergleichen schlechtes Kirchengebäu gesehen oder angetroffen, und befündet sich Kirch ohne Turm; 2. ist das Mauerwerk vermög deren weichender Grundvest in unordentli cher Ziehung wegen der vorlängst gewe senen Feuersbrunst; 3. die unverstän dige Maurerarbeit ist sehr schlecht, voller .Brüch', einsturzgefährlich, die Kirch ist für das Kirchenvolk viel zu klein, das .kleine Kirchengebäu' soll verbessert und erweitert werden." Der Domherr Franz Zeisler schreibt 1752, 14.XL: „Ich bezeige, daß ich die Pfarrkirche zu Weikersdorf/Stf. besich tigt, in solchem ruinösen Standt befun den,daß man sie ohne Lebensgefahr nit mehr betreten könne, mithin einer Christ mildeten Höchstmächtigen Hilf bedürfftig ist." Pfarrer Franz Herbst bittet 1752, 18. IV., neuerlich um den bischöflichen Konsens für den Kirchenbau und schreibt, daß er den Bauriß, Handwer keraufschlag, Unkostenaufstellung, Ver pflichtung des Guttäters längst über reicht habe. - Pfarrer Herbst meldet dem bischöflichen Konsistorium am 24. XI. 1752, daß er wegen des „schreck lichen Bauzustandes der Kirche" und nach Erhalt von 500 Gulden bei einer Vorsprache beim Kaiser sofort mit den Bauarbeiten begonnen habe: Er baute die Kirche ohne Konsens der Kirchen behörde. Im zitierten Schreiben fand er auch ein großes Loblied für den Dom herrn Franz Zeisler. - Der Dechant beklagt sich in der Folge über das ei genmächtige Vorgehen des Pferrers in Sachen des Kirchenbaues, gibt an, daß die alte Kirche niedergerissen ist und fast bis zum Gewölbe die neue Kirche steht. Auf welche Weise Pfarrer Herbst mit dem großherzigen Geldgeber,dem Dom herrn Franz Zeisler, Kontakt gewonnen hatte, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Die Chorbrüstung des Orgelempores zeigt die Jahreszahl 1753. Pfarrer Franz Herbst erlebte die Einweihung der Pfarrkirche nicht (Pfarrer von 1736 bis 1754). Die Kirche wurde am 28.L 1757 mit bischöflicher Erlaubnis vom Nach folger in der Pfarre, Hw. Josef vor. Neuburg, vollzogen. - Ob Baumeistei PhiUipp Millinger, Wien, die Kirche er baute, ist nicht feststellbar. Ebenso ist die Anwesenheit des „Guttäters" bei der Einweihung nicht belegbar. - Domherr Kanonikus Zeisler hat „seine Kirche" auch nach der Vollendimg des Kirchen baues gefordert(siehe oben). Seine Gut tatverdienteinoftmaligesGedenken! Literatur: 1. Pfarr- und DiÖzesanarchiv. 2. Dr. Hermann Zschokke, Geschichte des MetropoIitan-Capitels zum hl. Stephan, Wien. 3. Universität, Album. 4. Donin, Der hl. Stephan. 5. Cat. F. 157, Kapitel protokolle zum Jahre 1747. Vor 40 Jahren Die Ereignisse vom April 1945, als mehrere Tage, zwischen dem Eindrin gen der Roten Armee und dem Abzie hen der SS, heftige Kämpfe in Kaltenleutgeben herrschten, Artillerieduelle, Stoßtrupps und Häuserkämpfe, die lange Reihe von Ziviltoten - mir wurde von 69 berichtet die großen Zerstörun gen haben sich unauslöschlich in das Gedächtnis unseres Ortes eingegraben. Als ich vor 13 Jahren in den Ort kam, habe ich in vielen Gesprächen, vor allem mit älteren Mitbürgern, fast im mer die damaligen Schreckensereignisse geschildert bekommen: die Erschießung der Männer bei der Gaisberghöhle, der Tod des Pfarrers Dechant Johann Wolf, seiner Schwester und eines Wiener Ehe paares im Pfarrhof. Damals sind in der Umgebung Wiens etwa 15 Pfarrer getö tet worden, großteüs, weil sie die Ehre von Frauen und Mädchen schützen woll ten. Der Leichnam des Pfarrers wurde damals auf einem Leiterwagerl die Karlsgasse hinaufgeführt, Füße und Soutane ragten hervor. Mein erster „Chef,Dechant Karl Seemann, damals ganz neuer Pfarrer in Perchtoldsdorf, erzählte mir, wie er damals zur Einseg nung abgeholt wurde. Ein Schuß pfiff vor ihm in die Erde, ein zweiter hinter ihm - nahe der dritte... dachte er. Oben beim Friedhof war eben ein Mann auf eine Mine gestiegen und schwerst verletzt liegengeblieben. Auf die Frage des Priesters, ob er etwas tun könne, verlangte der Verletzte eine Zigarette - ein Schlaglicht auf die Verzweiflung, Abstumpfung und unbeschreibliche Not. Viele waren damals auf der Flucht. Einige Selbstmorde erschütterten die Hinterbliebenen. Erdäpfel, Mehl oder Schmalz waren Kostbarkeiten. Mütter wußten nicht, wie sie die hungrigen Mägen ihrer Kinder sattbekommen soll ten. Der Wahnsinn hatte sein grausiges Ende gefunden, die Rechnung miißten die kleinen Leute bezahlen. Möge das CSeschehen dieser „verlängerten Karwo che von Kaltenleutgeben", wie es De chant Wolfnoch in seiner letzten Predigt vorausgesagt hatte, uns vor Übermut bewahren, möge die Zukunft uns ver schonen. Anm.: „Jakobs Familie", Kaltenleutgebener Pfarrnachrichten, April/Mal 1985/Nr. 3. Pfarrer Dr.Reiter. Die heiligen Kosmas und Damian als Patrone der Wiener medizinischen Fakultät Vniv.-Prof.Dr.Kurt Ganzinger Die Metropolitankirche zu St.Stephan in Wien besitzt in ihrem Reliquienschatz einen Schrein mit zwei Schädeln, die den heiligen Märtyrern Kosmas und Damian zugeschrieben werden und jahr hundertelang als solche in feierlicher Weise verehrt worden sind. Das Reliquiar war in den Jahren zwi schen 1960 und 1970 im Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum in Wien zur Schau gestellt.^ Heute wird es wieder in der Reliquienschatzkammer im Ste phansdom, in der Kapelle Johannes des Täufers aufbewahrt. Es steht dort auf dem neugotischen Altar in der Mitte des unteren Altaraufsatzes.^ Die Kapelle liegt ~ nur vom Orgelchor aus zugäng lich - im Obergeschoß des Westwerkes, neben dem nördlichen der sogenannten Heidentürme, über der Kreuz-, Timaoder Savoyenkapelle. Das Reliquiar ist ein kastenförmiger Sarkophag,69 cm lang, 45 cm breit und 67 cm hoch, aus vergoldetem Metall, in dem hinter zwei Glasfenstem der Vor derseite und je einem Fenster an den Querseiten die Kranien sichtbar sind. Darüber erhebt sich ein steiles Spitz dach mit gotischem Zierat. An den Ekken des Sarkophags sind unter hohen Turmbaldachinen auf schlanken Konso len über Eck gestellt die Statuen der vier Evangelisten angebracht, darimter auf vorspringenden Fußkonsolen über dimensioniert die vier Tiersymbole der Evangelisten. In der Mitte der Vorder seite des Schreines ist die thronende 26

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