Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Propst von Klosterneuburg - wenn er wolle - einen Stiftsgeistlichen auf den Callenberg pro cura animarum abschikken könne, ihn unterhalten und sich wegen seines Unterkommens mit der Obrigkeit einverstehen müsse." Nun waren behördlicherseits, also von Seiten des Staates, alle Wege geebnet.Es lag jetzt an dem Stiftspropst seine Ent scheidung zu treffen. Propst Floridus war bereit auf die von Hofrat Kriegl angegebenen Konditionen ei^ugehen und einen Lokalkaplan für Josephsdorf abzustellen. Am 11. Dezember präsen tierte er dem Konsistorium für diese Aufgaben den Herrn Gelasius Sinnreich und reichte für ihn um die Jurisdiktion ein. Die Pfarrerprüfüng hatte ja Herr Gelasius schon abgelegt, so daß kein Hindernis für die Ernennung zum Pfar rer bzw.Lokalkaplan bestand." Das eb. Konsistorium hat den schrift lich geprüften Herrn Gelasius Sinnreich als Lokalkaplan auf dem Josephsberg angenommen und für ihn die erbetene Jurisdiktion ausgefertigt. Dieser folgten die Weisungen mit, daß er sich allen pfarrlichen Verrichtungen zu unterzie hen habe. Die Anschaffung eines Tauf-, Trauungs- und Totenbuchs sowie die Matrikenbuchführung für Taufen,Hoch zeiten und Sterbefalle wurde ihm aufge tragen. Nebst diesen drei Büchern mußte er auch ein Amtsprotokoll und eines über die erlassenen Verordnungen führen. In das AmtsprotokoU war all das, was sich auf die Lokalkaplanei bezog, einzutragen. Auch ein Amtssiegel mit der Umschrift „SIGILLUM CAPELLANIAE LOCALIS IN MONTE CETIO" mußte beschafft werden.Die Installation sollte durch den Herrn Probsten oder durch einen von ihm Delegierten erfol gen. Auch die Kirchenrechnung nach dem Patent vom 8.12. 1779 zu legen wurde ihm aufgetragen. Dieses Schrei ben sollte im Archiv der Lokalkaplanei aufbewahrt werden. Abschriften davon sollten hergestellt und eine davon dem zuständigen Bezirksdechant zugesandt werden, der auch über die Errichtung der Lokalplanei ex offo zu erinnern war.'^® Hofrat Kriegl wollte die Errichtung der „Pfarre" Josephsdorfam Kallenberg möglichst bald verwirklicht sehen. Um da ein bißchen nachzuhelfen, wandte er sich wiederum an das eb. Konsistorium mit der Bitte, daß die Benedizierung der Kirche und des neu angelegten Friedho fes erfolgen möge. Er begründete sein Schreiben damit,daß die Errichtung der Lokalkaplanei von höchster Stelle bereits genehmigt sei, das Stift bereits einen Geistlichen pro cura zugesagt habe, der Herr Probst den Herrn Gelasius Sinnreich fiir diesen Seelsorgeposten nomminiert habe und ihn dem eb. Konsistorium demnächst präsentieren werde, die Ausfolgung der nötigen Para mente und hl. Geräte vom kirchlichen Zentrallager (Depositorio) bereits ge nehmigt sei, die Benedizierung der Kirche bei diesem Winterwetter schon dringend notwendig wäre,damit die Bewohner, die bereits in 21 Häusern wohnen im Falle eines Falles für eine hl. Taufe oder in Krankheit einen Priester zur Verfügung hätten, imd schließlich, daß der Herr Probst vom Stift Kloster neuburg für die Benedizierung dele giert werde.'^' Das eb. Konsistorium erteilte dem Herrn Prälaten die nötigen Vollmach ten, und so stand der Einweihung der Kirche und des Ortsfriedhofes nichts mehrim Wege.^® Kriegl hat den Kirchenraum noch ausweißen lassen. An sich wäre eine Innenrestaurierung schon fällig gewe sen. Durch die Entfernung aller Bilder und Statuen aber unbedingt erforder lich. Wie sehr mag jetzt der schöne vor knapp drei Monaten an die ev. Kirche nach ödenburg verkaufte Hochaltar ab gegangen sein! Nun mußte sich Kriegl kümmern,daß für den Tag der Kirchen weihe wenigstens die notwendigsten kirchlichen Einrichtungsgegenstände vorhanden sein werden.Lautdem Chro nisten, dem ersten Lokalkaplan Herrn Gelasius, hat sich der Hofrat auch wirk lich die größte Mühe mit den Vorberei tungen gegeben und ist für die Kosten selbst aufgekommen. Vom Stift ließ er ein Orgelpositiv und die Instrumente auf den Berg schaffen. Die leere Kirche ließ er entsprechend „ziehren". Sicher wa ren ihm da die Damen Lichtenstemj Grizimd von Hörde,die vom Chronisten immer wieder als Helfer und Wohltäter für die Kirche und auch als treue Kir chenbesucher aufgezählt werden, sehr an die Hand gegangen. Solange die Pfarre Josephsdorf existierte, setzte sich die kränkliche Frau von Hörde ein und kaufte dies und jenes für das Gottes haus. Das große Gotteshaus ohne Hoch altar, ohne Bilder imd Statuen, ohne Ewiglichtampel usw. mußte - ja einen deprimierenden Eindruck gemacht ha ben. Da es zu dieser Jahreszeit auch keine Blumen gegeben hat, wird man aus dem Herrschaftswald Weihnachts bäume und Reisig geholt und mit Gir landen und Papierblumen, wie es eben damals der Brauch war, die Kirche geziert haben. Um 9Uhr kam der Herr Prälat mit dem Herrn Stiflsdechant, den Herrn Kellermeister und Oberkellerer über Nußdorf am Josephsberg an. Die Glokken,die noch von der Eremie stammten, wurden geläutet, die Musikkapelle emp fing den Zelebrans mit seiner Assistenz. Der Probst mitseiner Assistenz stieg vor dem Quertrakt ab,und alle gingen in die sog. Kaiserzimmer, die dort unterge bracht waren,um sich ein wenig aufzu wärmen. Schließlich war es auch der 21. Dezember,der aufden 4. Adventsonntag in diesem Jahr fiel, ein richtiger kalter Wintertag. Inzwischen ging der Stiflsdechant mit dem „neuen Pfarrer" in die Sakristei. Beide zogen sich festlich an. Dechant Marcellinus hielt nun an die versammel ten Gläubigen, die zahlreich gekommen waren,eine Ansprache und stellte ihnen dann ihren Seelsorger vor. Mit dieser Amtseinführung kamen die ersten Kon takte zwischen dem Priester und der ihm anvertrauten Gemeinde zustande. Im Anschluß an diese Investition zog sich der Stiflsdechant in die Sakristei zurück und bereitete sich für die nächste heilige Handlung an diesem Festtag,der Weihe des Friedhofes, vor. Bisher gab es ja auf dem Berg keinen Friedhof. Die Kamaldulenser bestatteten ihre heimgegangenen Mitbrüder in der Klostergruft, die im Mittelgang der Kirche in der Nähe des Hauptportals den Abgang hat und heute noch erhalten, aber nicht allgemein zugänglich ist. Die in der Eremie beschäftigten und dort wohnen den Weltleute wurden vom Pfarrer aus Kallenberg, der die Leiche an der Klausurtür übernahm,im dortigen Ortsfried hofbegraben. Nun sollte ein Stück Grund am Südabhang des Berges, eine Fläche von 122,20 Wiener Klafter(= 439,30 m'^) laut Franziszeischen Steuerkataster, als Got tesacker eingeweiht werden.'^® In Begleitung der jungen Kleriker des Stiftes, die aufWunsch des Herrn Probst als Assistenz kamen,um die verschiede nen Ämter beim Pontifikalamt zu über nehmen, der Herr Pfarrer Matthäus Hönig von Kallenberg beschrieb im ProtocoUum Kallenbergense genau ihre Dienste - begab sich Stiflsdechant Mar cellinus an den Südabhang des Berges um den „Freydhof' einzuweihen. Einer dieser ideriker, Herr Lorenz Ziegler, wurde später zum Lokalkaplan von Josephsdorf ernannt. Feierliches Glokkengeläute begleitete die Prozession. Hofrat Kriegl und die Gemeinde von Josephsdorf nahmen an dieser liturgi schen Handlung, die nach dem Wiener Rituale vollzogen wurde,teil.®° Aufdem Rückwege wurden wiederum mit allen Glocken geläutet. Auch die Musikkapelle, und der Chor, die aus Klosterneuburg zu dieser Festfeier ge kommen waren,spielte und sang. Aus den Kaiserzimmem zog nun der Herr Prälat mit der großen Assistenz zum Kirchenportal, um die Einweihung des am 10. September 1782 entweihten Gotteshauses vorzunehmen.Es waren ja nur ein paar Schritte von den Kaiser zimmern bis zur Kirche. Wiederum läu teten die Glocken, die Trompeten er schallten.®' Nun war aus dem geplünderten und zu einem Magazin degradierten Gottes haus wieder ein Haus Gottes,wenn auch ein recht armseliges, geworden. Unter einer „herrlichen Vocal- und Instrumentalmusick" wurde das Pontifikalamt ge feiert. Wahrscheinlich überhaupt das erste in dieser Kirche. Vor gut 5 Jahren, nämlich am 3. Juli 1778, feierten die PP Kamaldulenser auch ganz festlich den 150. Jahrestag der Gründung der Ere mie. Als Zelebranten luden sie den actualis Merarius vom Stift Kloster neuburg, Herrn Hartmann, ein. Sie feierten eine missa solemnis cum incenso und der Chor, nämlich die Eremi ten,sangen devotissime.®® Der Grundstein fiir dieses Gotteshaus wurde bereits am 10. August von Kaiser Ferdinand n. persönlich gelegt. Erst 53 Jahre später, nämlich frühestens im Frülyahr 1682 wurden die Grundfesten 19

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=