Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Aus der Eremie war nun ein Ort geworden. Kriegl gab ihm den Namen Josephsdorf. Die Kamaldulensereremie war ja dem hl. Joseph geweiht gewe sen.'" Die einzelnen Eremitagen, die fhiher nach dem Namen des Heiligen, dem das darin befindliche Oratorium geweiht war, benannt wurden („zum hl. Leo pold", „zur Himmelfahrt Mariens"), be kamen jetzt Hausnummern. Die mit dem Kranken- xmd Apothekentrakt,also dem Südtrakt, verbundene Einsiedler zelle bekam die Conscriptionsnummer 1: Von hier aus wurden alle Häuschen fortlaufend numeriert. Auch mit dem Nordtrakt war eine Zelle verbunden, die letzte in der jetzigen Durchnumerie rung. Sie hatte die Nummer 22. Der lange Südtrakt wurde in zwei Häuser mit den Conscriptionsnummern 25 und 26 geteilt. Haus 26 wurde gleich als „Würthshaus" bestimmt und dem Herrn Johann Redt, der auch einmal als „Kir chenvater" aufecheint, verkauft. Kriegl dachte wohl, daß Spaziergänger und Neugierige kommen werden, um die aufgelassene Eremie und was aus ihr geworden ist, zu besichtigen. Mit einem Angebot von in- und ausländischen Wei nen usw. sollte für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt werden. Aber schon nach einem Jahr hatte der Traiteur Redt abgehaust. Sein Nachfolger Ignaz Pichler erlitt nach 4'/2 Jahren das gleiche Schicksal. Er versuchte dann sein Glück als Traiteur aufdem Leopoldiberg. Die tüchtige Gauglerin als Nach folgerin hielt zwar länger durch, mußte aber schließlich auch kapitulieren. Bis 1984 erging es dann mehr oder minder den vielen Nachfolgern nicht besser. Redt bekam seine 650 Gulden zurück, Pichler mußte schon 950 auf den Tisch legen. Durch das „Würthshaus" aber kam doch ein wenig Leben in das wer dende „Josephsdorf'." Die „zugereisten Josephsdörfler", ob sie nun Dauerbewohner ihres neuerwor benen Häuschens oder nur Wochenend urlauber waren, waren daran interes siert, für die für ihre Verhältnisse über dimensionierte Dorfkirche Sankt Jo seph auch einen Priester zu bekommen, der ständig in Josephsdorf wohnen sollte. Einerseits, iim an Sonn- imd Feiertagen den Gottesdienst im eigenen Dorf mitfeiern zu können und nicht erst bei jedem Wind und Wetter nach Heili genstadt, Grinzing, Kallenberg oder Sievering gehen zu müssen. Bei Schönwet ter mag es ja ein schöner Spaziergang gewesen sein, aber im Winter waren die Wege meistens unpassierbar. Andrer seits dachten vor allem die älteren Dorfbewohner an Tage der Krankheit oder auch ans Sterben. Für diese schwere Zeit wollten sie die Gewißheit eines priesterlichen Beistandes und Trostes haben. Daher wandten sie sich an den Herrschaftsbesitzer und baten ihn um die Besorgung eines Priesters für ihre Dorfgemeinde." Dies dürfte gar nicht zuerst den Plä nen Kriegls mit der Kirche entsprochen haben. Sie war derzeit ein Magazin und Abstellraum. Man vermutete sogar, sie hätte demnächst als Tanzlokal verwen det werden sollen." Nach der Aullösung der Eremie traten ja gleich alte iind neuerrichtete Pfarren und Lokalkaplaneien an die Regierung mit der Bitte um dieses oderjenes,gratis oder gegen Bezahlung bekommen zu können, heran. So hatte es z. B. die Pfarre Sankt Martin in Klosterneuburg auf die schönen vergoldeten, lebensgro ßen 12 Apostelstatuen und die4Evange listen abgesehen gehabt und schließlich auch bekommen. Die 12 Apostelstatuen befinden sich noch heute in Sankt Mar tin." Heilige Geräte, Paramente, Kirchen wäsche, Crucifixe, AltarbUder und alles, was nicht niet- und nagelfest war,wurde ins Depositorium gebracht und von dort aus weiterverkauft oder an arme und neuerrichtete Pfarren und Lokalkapla neien verschenkt. In den erhaltenen Listen und Recipissen erscheint aber nur ein Altarstein aus der Eremitenkir che auf. Von dem anderen entfernten Inventar ist keine Spur zu finden." Abbas Ignaz Parhammer erbat sich die Reliquie des heiligen Severin.'® Die Pfarre Nußdorf wollte die Lesekanzel." Das vorhandene Kirchensilber wurde auf 1704 fl 12Xr geschätzt und mitge nommen." So war also aus der Kirche schon ziemlich alles weggeschleppt worden, bevor es in die Hände Kriegls kam. Es blieb ihm also nicht mehr allzuviel zum Verkaufen übrig. Den schönen Hochal tar hat er sm die evangelische Kirche nach ödenburg verkauft." Der Verkauf des Hochaltares wurde nicht einmal drei Monate vor der Errich tung der Lokalkaplanei Josephsdorf ab gewickelt, ein Zeichen dafür, daß Kriegl gar nicht die Absicht hatte, den Magazin-Kirchenraum wiederum für eine Gottesdienststätte einzurichten. Es wird auch die Meinung vertreten, Hofrat Kriegl hätte sich aus weniger idealen Gründen bemüht, für das neu gegründete Josephsdorf einen Seelsor ger zu bekommen. Man vermutete, Kriegl wollte damit Wiener Spaziergän ger anziehen, die nach dem Gottes dienstbesuch auch das „Würthshaus" frequentieren und so zum wirtschaftli chen Aufschwung desselben beitragen werden." Aber schließlich war er die treibende Kraft, daß die Lokalkaplanei zustande kam, und die Leute einen Priester im Dorfe hatten. Er unternahm Schritte bei der Geistlichen Hofkommission, um die grundsätzliche Genehmigung zu erhal ten. Nachdem seine Bitte positiv erledigt worden war, bemühte er sich, einen Priester aus dem Stifte Klosterneuburg, die ja für die „herumliegenden" Pfarren die Seelsorger zur Verfügung stellte, auch für den Josephsberg einen Stifts herren zu bekommen. Die Geistliche Hof-Kommission hatte zwar die prinzi pielle Erlaubnis zur Errichtung der Lo kalkaplanei gegeben, aber sie besorgte keinen Priester dafür. Sie war auch gar nicht abgeneigt, wenn der Stiftspropst aus fteien Stücken einen Stiftsherrn für die neue Pfarrei zur Verfügung stellte, aber sie drängte ihn nicht dazu,sondern überließ es seinem Ermessen „wenn er wolle"." Die Behörde wußte ja, daß der Herr Pröpsten von Klostemeuburg für das angelaufene „Pfarrgeschäft" schon viel „investierert" hatte und wollte ihm des halb auch keine zusätzlichen Lasten auflegen.Das Stift hatte Kirchen erbaut, Pfarrhöfe errichtet und ausstaffiert. Auch die Seelsorger für die neuen Seel sorgezentren wurden vom Stift gestellt. Das Stift mußte ja für den Josephsberg nicht nur einen Priester freistellen, son dern ihn auch erhalten. Die kleine Ge meinde selbst konnte ja keinen'Beitrag leisten. Viele Häusler hatten sich auch mit dem Ankauf einer Eremitage über nommen und mußten zwangsverkaufen, oder sie wurden wegen Zahlungsunfä higkeit gerichtlich belangt. Kriegl selbst leistete auch nur einen kleinen Beitrag von 30 Gulden, das war ein 133stel seines Jahresgehaltes. Dazu kam noch freie Station und6 Klafter Holzim Jahr." (WSTLA, Herrschaften-Abhlg. Liech tenstein und Josephsdorf Abhandlungen und Akten 1820-1834 A 134/1) Der Hofrat suchte auch den H. Herrn Stiftspropistim Klostemeuburgerhofin der Stadt auf, konnte ihn aber nicht antref fen. So schrieb er an den Herrn Stiftsdechant Jani Marcellinus und bat ihn um Intervention beim Herrn Pröpsten. Vom „Himmel" aus - so hieß der Sitz seines Landgutes - schrieb er diesen Bittbrief und wollte erreichen, daß bereits für diesen bevorstehenden Winter ein Prie ster zur Verfügung gestellt werde. Da der Brief mit 25. Oktober datiert ist, war also eine Erledigung dieses Ansuchens schon dringend. Der Wintereinbruch stand ja schon bald bevor. Vielleicht haben auch die Josephsdörfler den Herr schaftsbesitzer unter Druck gesetzt. In zwischen hatten sie ja schon spürbar erfahren, wie am Josephsberg der Wind „wehen" kann,so daß sie richtige Angst vor dem bevorstehenden Winter bekom men hatten. Der Herr Stiflsdechant möge sich beim Herrn Prälaten, so bat Kriegl in einem Brief, persönlich einset zen, damit der Geistliche „die ersten Täge im Novembri eintreten und die Seelsorge übernehmen könne". Ad captandam benevolentiam lädt er den Herrn Marcellinus für den 28. Oktober zu Tisch ein anläßlich eines großen Festes,das am Himmel gefeiert wird. Als Postscriptum fugt Kriegl noch an, daß die Geistliche Kommission es „gut genohmen" habe, daß das Stift einen Geistlichen für Josephsdorf zur Verfu gung stellen wird und der Regierung die „Verbescheidung"erteilt. Sollte jedoch dieser Plan scheitern und das Stift keinen Geistlichen für Josephsdorf abstellen, so müßte es doch einen Vikar nach Grinzing oder Kahlen bergerdorf als Hilfe für den Pfarrer abstellen, und es wäre somit dem Stift kein Priester erspart. Nochmals erklärt er seinen Beitrag, den er dazu leisten wolle, nämlich 30 Gulden jährlich, freie Wohnung und 6Klafter Holz." Das zuständige Kreisamt von Traiskir chen teUte mit,da die Regierungim Umbzw. Einpfarrungsgeschäfte imterm 18. et praes 21. einverstanden sei, daß der 18

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=