Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

dienste sind zumeist einige Eisenbahnbe dienstete. Leute aus der nächsten Umge bung und aus meinem Bekanntenkreise, ferner etliche aus Kledering. Nur äußerst selten finden sich sehr wenige Ausflügler und Reisende bei diesem Gottesdienste ein. Der Grund,warum diese den Gottes dienst nicht aufsuchen, ist aber nicht seine lange Dauer, sondern die ungün stige Lage des Lokals (Oslbahnhof, An kunftseite; der eigentliche Ausflugs bahnhofistaberderSüdbahnhoDund die mangelhafte Bekanntmachung durch entsprechende ständige Plakate auf den Bahnsteigen,an den Kirchentüren,in den Hotels usw.Ichhabegleich beiBeginn die unentgeltliche Aufnahme der auf den Bahnhofgoltesdienst bezüglichen Noti zen in die Touristenblättererwirkt,ferner behufsPlakatierung beider Eisenbahndi rektion, bei der Verkehrswerbung, beim Gremium der Wiener Hoteliers usw. Schritte unternommen und fand überall volles Verständnis und größtes Entge genkommen. Doch scheiterten meine Bemühungen an dem Kostenpunkte für die Herstellung der Plakate, deren An bringungsowie die Überlassung desPlat zesfür sie ohnehin kostenloserfolgt wäre. In München wurde der Gottesdienstauf dem Ostbahnhofe nach zweijährigem Be stand aufgegeben wegen mangelhaften Besuches, verursacht durch die ungün stige Lage des Lokals. Wenn bei uns ein ähnlicher Fall eintreten sollte, so würde dies gewiß nicht durch die angeblich lange Dauer des Gottesdienstes,sondern durch ganz andere Gründe verursacht werden. Dr.RudolfLöwenstein. Korrespondenzblatt für den katholi schen Klerus,1931,S. 155. Predigt bei der Barbara-Feier 1982 (Wasserwerke der Gemeinde Wien in Naßwald/Schwarzau im Gebirge, Nö.) Dr.Franz Loidl Geehrter Herr Stadtrat,geehrte Festge* meinde! Wieder sind wir zur Feier der BarbaraMesse zusammengekommen, zum sieb zehnten Male, nun nach Wildalpen und Neuberg hier im romantischen Hinter naßwaid. Stimmungsvoll die umsäu mende Bergkulisse, mild das darüberge spannte, im Abendlicht allmählich ver dunkelnde Himmelsdach,zauberhaft das Spalier der den Aufstieg säumenden hun dert brennenden Fackeln,hell angestrahlt der Stolleneingang, Lourdespilger erin nernd an den Wunderfelsen von Massa bielle mit der vorbeifließenden Gave, drinnen im Stollen die rauschenden Was ser in den dicken Rohren; statt der Glokken stiegen sprühende Raketen gen Himmel und verteilten ihren Funkenre gen,knallend,um für über 150 festlich ge stimmte Teilnehmer der Belegschaft der Wiener Wasserwerke und anderer hoher Gäste aus nah und fern, den Meßbeginn anzukünden. Schon hat der Bläserchor aus Wildalpen die unvergänglichen Wei sen der Schubertmesse unsinsGemütgespielt, haben die Texte des Gotteswortes unseren Verstand angeregt, wollen wir uns bereit dem Inhalt der festlichen Ver anstaltung zuwenden, St. Barbara,auch Patronin der Wiener Wasserwerke. Uber Kirchenkalender und Kirchen raum hinaus zählt St. Barbara gewiß bei bestimmten harten und härtesten Män nerberufen,wieesdiedem Berg-und Stol lenbau dienenden Mitarbeiter sind. Zur selben Zeit, manchen Orts sogar zur sel ben Stunde sammeln sich Bergleute als St.-Barbara-Verehrer und ziehen unter den Klängen ihrerin schmuckerKnappen uniform oder wie hier in farbiger Landes tracht gekleideten Werkskapellen zur Feierstätte, sei es Gotteshaus oder Ar beitsplatzin freier Natur.Ichdenkean Ei senerz mit dem eindrucksvollen Erzberg, an die Salzbergwerke und ihreSalinen,an aufgelassene Gruben wie in Hinterbrühl oder an ehemalige Bergwerksorte,so das benachbarte Reichenau, dessen Kirche St. Barbara geweiht ist und worin ein prächtigesSt.-Barbara-Bild den Hochaltar ziert. Gedacht sei auch an Kohlengruben wie in Wolfsegg (Oö) und anderswo. Selbst ölfundstätten wie Matzen, Ernslbrunn begehen seit ihrer Entdeckung richtige Barbara-Feiern. Nun zur Heiligen selbst! Die Legende erzählt, daß sie Tochter eines Heiden in Nikomedien war;daß derängstliche Vater sie in einen Turm einsperrte; daß er siewahrscheinlich aus Angst um seine Per son und die Familie-an die Christenver folger auslieferte. Und da sie sich zum Christentum bekannte, mußte sie als Christin unter dem grausamen Kaiser MaximinusDazaim Jahre306einen qual vollen Tod sterben. Den Vater soll ein Blitz auf dem Richtplatz erschlagen ha ben. Sicher ist Barbara eine historische Per sönlichkeit,denn bald begann ihre Vereh rung, die sich im Mittelalter so steigerte, daß sie den vierzehn Nothelfern beige zählt und als solche in vielfaltigen Anlie gen angerufen wurde. Seither gilt sie als Patronin der Bergleute,Türme,Gefange nen, Architekten, Glöckner, Festungen, Artillerie,sogarderPulverkammern,wiein franz. Ste. Barbe, weiters sogar der Hut macher,Köche u.a.(LfThuK.)und wurde um Schutz bei Gewittern, Feuer, Fieber und Pestangerufen,was bei der Hilflosig keit und Unkenntnis der Vorfahren ver ständlich sein mag. Weniger bekannt ist, aber heute noch bei Frommen in Übung steht,daß sie als Helferin gegenjähen,unversehenen Tod angerufen und „vom christlichen Volk wie andere Heilige als mitdem Privilegium der Gebetserhörung für die Sterbestunde ausgestattet, ange sehen wird",wasbeiderZunahmederfast täglichen Bedrohung an Leib und Leben durch das Raffinement der Technik, der Rasanz des Verkehrs, des grauenvollen Verbrechertums u.a. Übel unserer viel fach glaubensentwurzelten, gewissenlo sen und brutalen Zeitgenossen erklärlich erscheinen mag. St.Barbara gilt als Wasser-Patronin und somitauch derer,die sich mitdem Wasser und seiner Verteilung an die Menschen befassen, also der Wiener Wasserwerke und ihrer Belegschaft. Wasser,notwendigeund köstlicheGabe desSchöpfers! Ur-Element,dem allesLe ben sein Werden und Gedeihen verdankt. Leben bleibt ans Wasser gebunden. Illu sion, was scherzweise ausgesprochen wurde: „Wenn unser Labor einen Weg findet, daß der Mensch ohne Luft und Wasser leben kann, dann haben wir das Problem des Umweltschutzes gelöst"; denn allein gilt, seitdem der Geist Gottes über den Wassern schwebte, was in der Bibelangekündigtist und bleibtals Reali tät: „Aus Gestein und Wüstensand / wer den frische Wasserfließen;/ Quellen trän ken dürres Land, I überreich die Saaten sprießen"(Gotteslob 106). Und ist's nicht so, seit unsere Vorfahren vor mehr als hundertJahren anfingen,in dieser herrli chen, unberührten Bergwelt nach dem köstlichen Nsiß zusuchen,eseinzufangen und in technisch meisterhaft angelegten Fernleitungen nach Wien zu liefern, wo durch unser Wien zur beneidetsten Welt stadt wurde, weil sie bestes Wasser, als Wienerwasser gerühmt, anzubieten ver mag.Es sollten daher möglichst viele un serer Mitbürger - und vor allem die Ju gendlichen-das von Ob.-Amtsrat Regie rungsrat Josef Donner in emsiger For schung und Sammlung aufgebaute und seit 1973 öffentlich zugängliche Wasserlei tungsmuseum Kaiserbrunn aufsuchen, um die Pionierarbeiten von einst und die Erhaltungssorgen von jetzt, um die Wie ner Wasserwerke kennen und dankbar schätzen zu lernen! Bedeutung, Verwendung und Lob des Wassersim Kreislaufder Natur!Zahlreich sind die kürzeren und längeren Zitate in der Hl. Schrift des Alten und Neuen Te stamentes.Fastjeder Dichter und SchriftsteUer hat des Wassers in Quelle, Bach, Fluß, Strom, See, Meer und Wolken ge dacht. Nun sind's die verantwortungsbe wußten und amtsverantwortlichen Um weltschützer,dieimmer drängender,viel leichtinletzterStundezurBesinnungund zum Schutzund zurreinen Erhaltung und sparsamen Benützung dieses nach der Luft wichtigsten Ur-Elementes und wun derbaren Schöpfungsgeschenkes Wasser aufrufen. Sie seien von jedermann be dankt und unterstützt in ihren wahrhaft idealen Bemühungen und Unternehmun gen, miteingeschlossen die gesamte Be legschaft der Wiener Wasserwerke, der verantwortlichen Leitung und den Mitar beitern. Ehrfurchtsvoll dankend gedenke ich meines Vaters,der als Gemeindevertreter es alsseineoberstePflichtempfand,seine Heimatgemeinde mit dem von ihm stets bezeichneten köstlichen Trunk, reinem Bergwasser,zu versorgen; weiters meiner Mutter,die uns bei jeder Wanderung an hielt, mit Dank gegen Gott aus einer QueUe odereinem Brunnen dasgute Was serzutrinken!Bei dergegenwärtigen und zunehmenden Bedrohung des lebenser haltenden Wassers drängt sich mirimmer wieder der Gedanke auf, der Vater-unser-Bitte:„Gib uns unser tägliches Brot", die noch aktuellere Bitte; „Gib uns unser tägliches Wasser", voranzusetzen. Ja, ohne Wasserkein Brot,jaüberhauptkeine 46

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=