Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

nicht repräsentieren und repräsentierte um so mehr. Er schien bei solchen Gele genheiten wie ein Fürst,ja mehr als ein solcher:denn welcher Fürst warje seines Reiches so würdig als er?-Wie lieb, wie natürlich und bescheiden,wieechtwiene risch war Kardinal Piffl! „Lassen S'diese G'schichten!" konnte man hören, wenn man dem hohen Herrn ehrfürchtig die Hand küssen wollte. Er wollte keine Aus nahme, keine Bevorzugung, er wollte nicht bedientsein,sondern nurdienen.Er fühlte sich dort wohl,woesungezwungen zuging, wo die Gemütlichkeit zu Hause war. Daher stockte bei seinem Eintritt nicht etwa die Unterhaltung und machte einer eisigen Steifheit Platz, wiees in sol chenFällen oftgeschieht;im Gegenteil,es kam eine freudige, gehobene Stimmung hinein. Er war häufiger und stets sofort erkannter Gast auf der Plattform der Tramway, die er einmal dem früheren Erzbischofvon Paris aufdessen Frage als sein Auto vorstellte.Und doch:Wer ihnje gesehen hat,wie würdig,wieerhaben und tieffromm der Kardinal seine kirchlichen Funktionen hielt,der hatte einen gewalti gen Eindruck, dem kam es mächtig zu Bewußtsein: Das ist ein wahrer Kirchen fürst. Er wollte nichtimponieren und im ponierte gerade dadurch.Werihnje in der Karwoche, besonders am Karfreitag, bei der wunderschönen Prozession mit dem enthüllten Kreuze im Stephansdom sah, der wird diesen rührenden und zugleich erhabenen Eindruck nicht mehr verges sen. Was für eine Anstrengung war doch diese letzte Karwoche für den greisen Kardinal! Am Mittwoch war er bei der übermäßig langen Goethefeier der Bun desregierung,nachmittag hielter die über zwei Stunden währende Trauermette im Stephansdom, abends wohnte er der Festvorstellung von Goethes Egmont im Burgtheater, inmitten der Bundesregie rung, bei, in einfachem Schwarz, wie ein gewöhnlicher Priester, ohnejedes Abzei chen seiner Würde, und harrte trotz der übermäßigen Dauer und der unerträgli chen Hitze bis zum Schluß,gegen Mitter nacht, aus, in den Pausen immer mit sei nen Nachbarn plaudernd.Dann folgte der anstrengende Gründonnerstag und der Karfreitag mitseinen lang dauernden Ze remonien, den letzten, die er so vorbild lich schön hielt. Alles das mußte mit Be sorgnis erfüllen, um so mehr,als den Kar dinal schon vor Jahren ein leichter Schlaganfall heimgesucht hatte. Und nun ist diese Besorgnis Wirklich keit geworden und dieser große Natur freund, der in Wien seine früheren Spa ziergänge in Gottes freier Natur so sehr vermißte, hat seine gütigen Augen für immer geschlossen und ruht,fernab vom Getriebe der Großstadt, in würziger Waldnatur.Und nun zeigt sich wieder die Parallele zwischen Lueger und dem seli gen Kardinal. Der Tod beider hat tiefste Trauer ausgelöst,eine Trauer,die so echt ist wie lauteres Gold,eine Trauer bis hin ein in das versteckte Dachstübchen, bis hinunter zu den Kleinsten und Ärmsten, eine Trauer, die das Paradebett mit den kostbarsten Perlen heißer, aufrichtigster Tränen schmückte. Nun ist er nicht mehr unser: ein hartes, bitteres Wort, Und als der Leichenwagen die Grenzen der Millionenstadt passierte, war es, als ob ein milder Schutzgeist uns verlassen hätte. Würdig hat Kardinal Piffl seinen Purpur getragen und Österreich darfstolz daraufsein,dem heiligen Kolle gium eine solche Zierde gegeben zu ha ben. Anm.: Korrespondenzblatt für den ka tholischen Klerus 1932,Nr.9(10. Mai),79 f. Dr. Karl Krczmar- ein christliches NS-Opfer(?) Seit Herbst 1941 Standortpfarrer i. N. für Groß-Wien, begann für mich die Be treuung von zum Tod durch Erschießen auf dem Kagraner Schießplatz verurteil ten Soldaten.Hörte bald von einem länger dauernden Prozeß gegen einen Karl Krczmar, dem vorgeworfen wurde, aus der Winterkleidersammlung für die Ost front passende Handschuhe mit seinen ebenfalls guten Handschuhen ausge tauschtzu haben,was von einem „Kame raden"(SSler) angezeigt worden sei. Die SS wollte nun ein Exempelstatuieren und sich dabei eines bekenntnismutigen Geg ners der antichristlichen Weltanschauung entledigen. Wer und ob überhaupt einer unserer Wehrmachtgeistlichen bei der Er schießung zugezogen worden war,ist mir unbekanntgeblieben. DieSS hattejeden falls nieeinen Geistlichenzueinem Dienst zugelassen. Erlebte selber solche Abwei sungen. Der Fall verdiente eine weitere Aufklärung, da es um einen christlichen Bekenner geht. Aus dem nachfolgenden Briefscheint mir eine ArtPeter Mayr,der Wirtan der Mahr(südlich von Brixen),ge gebenzu sein,von dem keingeringerer als Peter Rosegger schrieb: „Ich will mein Leben nicht durch eine Lüge erkaufen!" Dr.F.Loidl Nun der Brief über Krczmars Persön lichkeit: Stockerau,6. 11. 1980 Sehr geehrter Herr Prälat! Herzlichen Dank für Ihre Zuschrift! Gerne beantworteich umgehend IhreAn frage nach Dr.Karl Krczmar,dieich nicht gerne aufdielange Bank schieben wollte. Derzeit bin ich gerade in einer günstig geratenen Arbeitszeit; außerdem berei tete mir die Antwort keine große Suche rei. Meine Ausführungen beruhen auf ei nigen Unterlagen sowie auf der von mir erarbeiteten Chronik der Verbindung Herulia,und stellen demnach eine Ergän zung der Angaben in der Festschrift dar. Dr. Karl Krczmar studierteam hiesigen ERG und wurde bei Herulia am 19.11. 1916 rezipiert,ab 2.9.1919als Bursch und ab 22. 5. 1920 als Philister geführt. Er wurde am 29.11.1901 in Stockerau gebo ren; er starb am 2. 6. 1942 in Wien und ist am Hietzinger Friedhof begraben. Er war Mitglied des Jesuitenordens, studierte Philosophie und hat mehrere Bücher geschrieben (katholisches Schrifttum). Allem Anschein nach dürfte er den Je suitenorden verlassen haben und hat als Beamter gelebt(keine klaren Daten waren zu erheben).Im Zweiten Weltkrieg war er eingerückt. Die Erhebungen ergaben, daß Dr. Krczmar nicht als Widerstandskämpfer gilt, da keine Unterlagen hiezu bei der Staatspolizei und im Dokumentations zentrum für den Widerstand vorhanden sind. Die Festschrift Herulias 1968 er schien vor der Kenntnis dieser Tatsache. Dr.Krczmar galt bei unsimmerals Wider standskämpfer. Er wird nunmehr als Freiheitskämpfer geführt, worauf er si cher Anspruch erheben kann. Von seiner Schwester Margarete Sahalka,geb.Krczmar,ist folgende schriftliche Mitteilung vorhanden: „Bei meinem letzten Besuch bei mei nem Bruder Karl sagte er: ,Grete, erzieh deine Kinder im Glauben, der Herrgott hat mein Urteil nicht gefällt, zürnt ihm nicht, gehe weiterhin in die Kirche und betet auch für mich. Grüße alle von mir.' Mein Bruder Karl war sehr standhaft. Seine letzten Worte am Schießplatz wa ren:,Der Friede sei den Menschen aufEr den! Gott schütze Österreich!'" Aus weiteren vorhandenen Unterlagen geht hervor,daß Dr. Karl Krczmar durch Verrat und Anzeige einesKameraden und nach einjährigem Gefängnis im Landes gericht Wien von einem SS-Kommando erschossen wurde(Gegenstand desVerra tes nicht bekannt). In einem echten GeWissensnotstand befindlich, erkaufte er sich sein Leben nicht mit einer Lüge;„Es kommt keine Lüge über meine Lippen." Eine solche hat man ihm nahegelegt. In der Chronik Herulias heißt es weiter: „Er starb im unerschütterlichen Glauben an Österreich und an seine Religion." In der Chronik befindet sich auch ein Photo Dr. Karl Krczmars (Brustbild, in Uniform). NS: Ich kannte den Verstorbenen per sönlich. Er hat einige Male im Rahmen Herulias wertvolle religiöse Grundsatzre ferate gehalten.Ich war von ihm,von sei ner Art und vor allem von seinen Ausfüh rungen sehr beeindruckt. Soweit mein Bericht! Es ist alles, was wir wissen,Ich hoffe,damiteinigermaßen Ihre Anfrage beantwortet zu haben. Mit freundlichen Grüßen ergebenst Hugo Nike! 44

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