Österreichzukommenließen.Ich habedie feste Zuversicht, daß der Tag einmal kommen wird,an dem man einsieht, daß Kolpings Werk niemals staatsfeindliche Bestrebungen gefördert hat, wo wieder Kolpings Söhne am Grabe Gruschas knien werden und Gott dem Herrn Dank sagen,daß er uns nach Trübnis und Dun kel auch wieder eine Auferstehung erle ben ließ. Genehmigen Eminenz den Aus druck der Ehrerbietung und Verehrung Ew.Eminenz ergebensten Th.Hürtle Generalpräses (Mit roter Schrift; 2099/38) Zettel. Einen Brief von Sr. E. Kardinal Innitzer an Herrn Reichsstatthalter Dr. Seyss-Inquart übernommen. Wien, am 1. X. 1938. Anm.:DAW,Bischofsakten,Innitzer 18. Hochwohlg.Herrn Dr. Arthur Seyss-Inquart, Reichsstatthalter Wien,am 1. Oktober 1938. Geehrter Herr Reichsstatthalter Laut Wiener Zeitung vom 7. IX. wurde die österreichische Kolpingsfamilie von der Geheimen Staatspolizei „wegen För derung Volks- und staatsfeindlicher Be strebungen" aufgelöst und die Vermö genseinziehung vom Stillhaltekommissar verfügt. Auf Anfragen wurden als Tatsa chengründe genannt: Zugehörigkeit von Mitgliedern zu früheren Wehrverbänden, besonderszum SK,und Waffenfunde. Dazu ist folgendes zu bemerken: Das Kolpingwerk war von seiner Gründung im Jahre 1852an in seinem Wesen immer rein sozial-karitativ: Es hat Gesellen, Lehrlingen und anderen Jungmännern gegen billiges Entgelt Wohnung,Verpfle gung und berufliche Ausbildung geboten und das Ziel verfolgt, sie zu tüchtigen Berufsmenschen, Familienvätern und Staatsbürgern heranzubilden.Eshatihnen dasElternhausersetztund warfürsieeine Berufs- und Lebensschule. Religiös-sittli che Vorträge,allgemeine und Fachkurse, Vorbereitungskurse auf die Meisterprü fung,Pflege des Sparsinnes,Fürsorge für wandernde Gesellen, das alles zeigt die Tätigkeit des Gesellenvereines. Die jun gen Leute haben auf Grund dieser Schu lung auch in schwerer Zeit sich eine Exi stenz und eine Familie gründen können. BeiAblegung der Meisterprüfung sind die Mitglieder durch ihr Können immer be sonders aufgefallen und ernteten sogar von gegnerischer Seite,von den roten Ge nossenschaftsvorstehern, die Anerken nung,ihre Leistungen seien einzig daste hend. Im Sinne seiner Stifter und der Satzun gen war der Verein unpolitisch und hat sich als solcher nie einer politischen Par tei angeschlossen oder eingegliedert. Wenn Mitglieder im wahlfähigen Alter sich politisch betätigt haben, so war das ihre rein persönliche Angelegenheit. Auf Grund von Erhebungen war in allen Wie ner Gesellenhäusern nur ein Mann beim SK;in Linz waren esderen mehrere,sonst aber in keiner Gruppe der österreichi schen Kolpingsfamilie. Waffen wurden nur in Linz gefunden; diese waren seiner zeit von der Polizei gegen Bestätigung ausgefolgt worden.InSteyrhatdiedortige Polizeistelle eine Notizin die Zeitung ge geben des Inhaltes, daß alle Gerüchte über Waffenfunde im ehemaligen Gesel lenhaus vollständig unbegründet sind. Bei den Wehrverbänden warenzwar mehr Mitglieder gewesen,aber auch da war es nur ein geringer Prozentsatz von der Ge samtzahl der Mitglieder. Der Schritt zur Auflösung kam ganz überraschend und unerklärlich. In den letzten sechs Monatenlagja die Vereinstä tigkeit stiU,andererseits war vom Stillhal tekommissar und der Gestapo mit dem Zentralsekretär die ganze Zeit einver nehmlich verhandelt worden,Organe der Gestapo hatten eine Anzahl Häuser und Vermögenswerte wieder frei gegeben,ein Zeichen, daß man den Standpunkt der Gauleitung (Amt des Stillhaltekommissars):„Das Kolpingwerk bleibt bestehen, die Vermögenswerte sind freizugeben" bis zur Auflösung faktisch eingenommen hat. Es ist kaum möglich,den Tausenden von Mitgliedern,AltmitgliedernundFreun den - durch den Wiener Zentralverein allein sind bereits mehr als 30.000 junge Leute gegangen-die Gründe begreiflich zu machen, warum diese rein karitative, für junge Arbeiter und Handwerker be stimmte Institution aufgelöst und das Vermögen eingezogen werden soU.In den Vermögenswerten stecken ganz wenige staatliche Gelder, die meisten stammen von kirchlich-karitativer Seite, zu denen sehr viele Spargroschen der ärmsten Schichten des Volkes und unentgeltliche Leistungen der Mitglieder kamen. Die Mitglieder können es nichtverstehen,daß katholische Werte Zwecken entzogen werden sollen,zu denen durch mehrals80 Jahre katholische Menschen geopfertund gearbeitet haben. AufGrund dieser Tatsachen verwahren wir uns entschieden gegen die Auflösung der Gesellenvereine und müssen vor al lem die ungerechtfertigte und unbewie sene Begründung der Maßnahme zu rückweisen, wir stellen den Antrag, die Maßnahme zu überprüfen und die Ver mögenswerte kirchlichen Zwecken zu er halten. Im Auftrag der österreichischen Bi schofskonferenz Anm.:DAW,Bischofsakten,Innitzer 18. RückZiehung des Klerus aus der Politik Eine vorübergehende Maßnahme und ihr Echo in der Presse Die Zurücklegung politischer Mandate von Seite der Geistlichen hat naturgemäß in der gesamten Presse Stellungnahme ausgelöst. Scheinheilig, wiePharisäer all zumal,hoben die Gegner die großen Ver dienste politischer Mandatsträger aus dem Klerus hervor,aber man spürteförm lich ihr höhnischesGegrinse,daßeinealte Forderung des Liberalismus und Mar xismus nun endlich in Erfüllungzu gehen scheint. Sie wissen nur zu gut,daß es für den Mandatsträgerausdem Klerusimmer eine Ehre bedeutete,nicht bloß um seines Standes willen,sondern in erster Liniefür die Bedürfnisse des Volkes den nichtim mer leichten oder gar schönen Aufgaben eines Politikers gerecht zu werden. Sie wissen ganz gut, daß er in ungezählten Fällen auch materiellfürseineLandsleute eintreten konnte,ja vielfach dieses Hilfe bringen einen Großteil seiner Tätigkeit ausmachte. Sie wissen ganz gut, daß durch sein politisches Mandatder Geistli che Gelegenheit hatte, rechtzeitig von drohenden Gefahren Kenntnis zu erhal ten und rechtzeitig im Interesse des Vol kes und seines Standes Vorkehrungen zu treffen. Sie wissen ganz gut,daß Hinder nisse nichtselten von der Hochbürokratie ausgingen,der gegenüber fast nur der po litische Mandatar imstande war, ein ent sprechendes Gegengewicht in die Waag schale zu werfen. Daß der Klerus selbst nicht gerade mit jeder Aktion der politischen Mandatare ausseinen Reihen einer Meinung war,daß es Zeiten gab,in denen ein Geistlicher in der politischen Kampffront anscheinend eine gewisse Belastung für die Seelsorge bedeutete und daß der Klerus im Kir chenbereicheselber kein politisches Wort will, hätten die gegnerischen Blätter aus so und so vielen Kundmachungen endlich einmal wissen und glauben können.Frei lich gibt es in den eigenen Reihen Einzel gänger, welche glauben,sich und der Sa cheden größten Dienstzu erweisen,wenn sie sich vor jedem politischen Worte die Ohren zuhalten. Freilich gibt es in den eigenen Reihen Blätter, Informationsblätter nicht ausge nommen, welche diese vorübergehende Maßnahme mit ganz merkwürdigen Sät zen begleiteten.Aber schließlich istesun sere eigene Sache, wie wir den nun geän derten Verhältnissen beikommen. Der Klerus bat nicht erstjetzt erkannt, daß ein Umbruch der Zeitvorsich geht,er hat seit dem Umstürze in unermüdlicher, fast bis zur Selbstaufopferung reichender Arbeit, der neuen Zeit Rechnung getra gen. Er hat sich dort, wo es möglich war, Laienführer herangebildet, er hat aber auch das Hauptkontingent an Arbeit ge stellt für die Aufrechterhaltung einer ver läßlichen Schar in der Bevölkerung. Die Gegner wissen ganz gut, daß die kommendeVerfassung,soll siezutiefstim Volke wurzeln, viel Erklärung und viel des Hineintragens bis in das letzte Dorf braucht. Sie haben nun vielleicht Gele genheit,dies in ihrem Sinne auszunützen. Ob nicht gerade hier für den erfahrenen Klerus ein Feld gewesen wäre,dasim In teresse unseres Volkes und seiner ange stammten Güter angelegentlichst zu be bauen gewesen wäre. Eines haben alle Blätter übersehen oder übersehen woUen: Eine vorübergehende Maßnahme! Anm.: Korrespondenzblatt für den ka tholischen Klerus 1933, Nr. 22,S.55 f. 42
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