Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Welche Mühen hatte Friedrich durch 24 Jahre unserem Verein und seinem Organ gewidmet.' Ist auch unsere „Korrespon denz" dem Umfange nach ein kleines Blattchen, so ist die Administrationsar beit beieinersolchen Ausbreitung und bei dem ihm verfügbaren bescheidenen Ad ministrationsapparat doch sehr bedeu tend. Und wie gerne leistete er diese Ar beit. die ihm viele, viele Stunden Schlaf raubtel Galt es doch,damitaufTausende von priesterlichen Mitbrüdern einen Ein fluß auszuüben, der dem göttlichen Erlö serherzen gewiß gefallt. Und all diese Ar beiten leistete er ganz selbstlos, ohne je des wie immer geartete Entgelt Da die Ausbreitung der Associatio besonders in jenen Diözesen gedeiht,in denen ein eifri ger Diözesanleiter deren Interessen rege vertritt, gab er sich viele Mühe,edle Prie ster, besonderssolche,diederVerstehung des Diözesanseminars angehörten, zur Übernahme dieses Amtes zu bestimmen, und er machte sie sich durch den gewin nenden.liebevollen Ton seiner Briefe viel fach zu Freunden. Wenn er gelegentlich seiner Reisen, besonders zu den General versammlungen der Katholiken Deutsch lands. ins Deutsche Reich kam und von Priestern der verschiedenen Diözesen als Generalsekretär der Associatio erkannt wurde,dann fand er wiederholt ein über aus herzliches Entgegenkommen,dasihm den Beweis erbrachte, welcher Beliebt heit sich die ihm ans Herz gewachsene ,,Korrespondenz" erfreue. Msgr. Friedrich war ein herzensfrommer Priester und von glühender Liebezu unserer heiligen Kirche erfüllt. Als Bi schofErnest M.Müller noch als Regensin einem Freundeskreise zu dem Worte des hl.Paulus an Timotheus(1 Tim.6, II):Sectare fidem!jenen ergreifenden Kommen tar gab.den er bald daraufin der..Linzer Thcol.^rakt. Quartalsschrift". Jahrg. 1881. S. 1 ff., veröffentlichte, da äußerte Friedrich zu einem Freunde,er erinnere sich nicht, jemals etwas so Packendes über dieInnigkeitdesGlaubensgehörtzu haben.Dieses Wort scheint ihm sein gan zes Leben als Leitstern vorgeLuchtet zu haben. Diese Innigkeit suchte er in sich und in anderen immer wach zu erhalten und vor jeder Abschwächung zu bewahren. Wie er jede Verknöcherung und Er starrung im kirchlichen Leben und alles, wasdazu führen könnte,verabscheute,so lehnte er aber auch alles das mitEntschie denheit ab, was man Modernismus, fort schrittlichen Katholizismus u. dgl. zu nennen pflegt. In seinem ganzen Leben dachte er, wie ein Nekrolog eines Mitbruders ihm nach rühmt. nur an andere, wenig an sich. Er war ein stets hilfsbereiter Förderer aller caritativen Unternehmungen.Durch viele Jahre war er für das..Haus der Barmher zigkeit" für Unheilbare in Wien-Währing und für den Marien-Missionsverein für Afrika tätig. Seine Büchersammlung hinterließ er dem f.-e. Klerikalseminar. Friedrich war päpstlicher Kämmerer und f.-e. geistli cher Rat. Aufgerieben durch seine vielen Arbeiten, verfiel der noch in den besten Jahren stehende Manneinem frühzeitigen Siechtum, das ihm leider bald auch den Gebrauch seiner Geisteskräfteraubte.Am 30. Juni 1910 erlöste ihn der Tod von sei nem schweren Leiden,das ihm allerdings durch die wahrhaft bewundernswerte Aufopferung seiner ihn pflegenden geist lichen Töchtersoviel wie möglich erleich tert wurde.Diesterbliche Hülle wurde un ter den höchsten kirchlichen Ehren zur letzten Ruhe bestattet. Weihbischof Dr. Marschall zelebrierte das Requiem, wor auf Erzbischof-Koadjutor Dr. Nagl die feierliche Einsegnung vornahm. *Anm.: Korrespondenz des Priester-Ge betsvereines „Associatio Perseverantiae Sacerdotalis".Wien 1910,Nr. I. S. 116-119. Kriegsgefangenenlager Cherbourg Erster Anstoß zur Gründung des RSK Als Nachruf für P.Petrus Paviicek OFM Prof.Franz M.Eich Nie kann ich die Begegnung vergessen mit dem Jünger des heiligen Franziskus, mit dem im Alter von 80 Jahren verstor benen P.Petrus Paviicek.dem verdienst vollen Gründer des heute in der ganzen Welt verbreiteten Rosenkranz-Sühne kreuzzuges. Es warim Jahre 1944 während des Krie ges in der Normandie. P. Petrus war im Kriegsgefangenenlager Cherbourg als Lagerpfarrer tätig. Er hatte den Soldaten rock abgelegt und den Franziskanerhabit angezogen, der ihn auswies als Bettel mönch. als Priester und Seelsorger. In dem riesigen Lager reihten sich kleine Zweimannzelte aneinander, eines ums andere. Oft waren es auch nur mit den Händen in den Erdboden gegrabene Mul den, die notdürftig mit einer Zeltplane bedeckt waren. Die deutschen Kriegsge fangenen waren apathisch, lust- und freudlos nach den sinnlosen Kämpfen ge gen eine Ubermacht,der sie nicht hatten standhalten können. Nach dem Durchbruch der Invasions truppen bei Avranches waren die Vertei diger der Festung Brest/Bretagne ringsum eingeschlossen worden. Sie hat ten das Ende der Kämpfe erwartet mit dem Mutder Verzweiflung.49lange Tage der Not, der Untergangsstimmung^ hatte auch ich zu bestehen und sie mit den vie len andern Männern im Feuerschein der brennenden Stadt geteilt. Nach der Ge fangennahme waren wir zermürbt, abgeschlafft, eine Schar zerlumpter Jam mergestalten. Auf amerikanischen Ge ländewagen hatten uns die Sieger nach Cherbourg gebracht. Und dort wares,wo ichjeneBegegnung hatte, die ein erstes Aufleuchten der Sonne überdem Dunkeldes Unterganges war. Mitten in der riesigen Stadt der klei nen Zelte und Erdlöcher,zwischen denen die Gefangenen wie Ameisen hin und her liefen, stand ein Mönch in der Kutte des heiligen Franziskus. Es war ein Licht,ein kleineszwar,aberdochein deutliches,das den Anbruch eines neuen Tages ankün digte. Es erinnerte mich an ein Bild, das ich einst in Assisi gesehen hatte: Franzis kus predigt den Vögeln,ein Bild aus dem Malerkreise um Giunta Pisano.So war er also wiedererstanden, der heilige Franz von Assisi,am 21.September 1944 in der Stadt der Verlorenen, im Gefangenenla ger von Cherbourg. Alsich mich durch die Reihen der Mit gefangenen bis zu P.Petrus durchgerun gen hatte und mich als Priester zu erken nen gab,streckte er mir beide Arme ent gegen und lächelte mir zu mit seinen güti gen Augen in einem jugendlichen Ge sicht, dessen Blässe durch das dunkle Gewand noch deutlicher hervortrat und die schmalen Lippen noch blutleerer er scheinen ließ. Aber es war ein neues Le ben, das da begann, die „vita nuova",die für Dantein einem Blick und Gruß beider Begegnung mit einem Freund begann und mich nun auch ergriffen hatte. Wir sprachen nicht viel. Was hätten wir auch zu sagen gehabt bei dem Elend,das unaussprechlich und doch sichtbar war? P.Petrusnahm mich beiderHand,bahnte einen Weg durch die Reihenderausglanz losen Augen uns anstierenden Kamera den und führte mich vorbei an den wie große Maulwurfhügel sich auf dem Erd boden erhebenden Zeltlöchern zu einem Platz am Rande des Lagers. „Wir haben jetzt Zeit, viel Zeit zum Beten",sagte er. Dann standen wir vor einem größeren Zelt, das an seinem Giebel eine weiße Fahne mitdem roten Kreuztrug und mich an eine KrankenStation denken ließ. Ich folgte P. Petrus hinein und stand unver sehens in einem Heiligtum. Aufeiner Ki ste stand der geöffnete Klappaltar eines Meßkoffers. Das kleine vergoldete Kruzi fix,dasein Sonnenstrahldurch eine Luke am oberen Rand des Zeltes in gleißendes Licht verwandelte, war wie eine Epiphanie des Herrn. „Zelt Gottes unter den Menschen" war es wie damals bei Mose und den Israeliten auf ihrer Flucht vor Pharao und derSuchenach dem Gelobten Land.„Gott mit uns",stand aufdem Kop pelschloß der deutschen Soldaten. Hier war Gott mit uns. Waren die vielen Solda ten auch mit Ihm? Noch war der Krieg nicht zu Ende. Er trat vielmehr in seine schrecklichstePha se,als dieHeimatzum brodelnden Kriegs schauplatz wurde. Am Abend dieses 21. September 1944 trafen wir uns zum gemeinsamen Gebet vor dem Altar.Jetzt waren wir fünf,P.Pe trus, drei Theologiestudenten und ich. P. Petruszitierteausdem Sonnengesang des heiligen Franziskus: Gelobt seist Du.Herr,durch die.so verge ben um Deiner Liebe willen und Pein und Trübsal geduldig tragen. 38

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