Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

abtragen,und dann hegte man Zweifel,ob der untere Teil des spätromanischen Hauptportals noch vorhanden sei. Erst späterfand man beiLind'^'die Notiz:„Bei Gelegenheit des Portalbaues ist hervor zuheben, dass die Thürsteine des alten Haupteinganges mit Vorsicht herausge nommen wurden, da man sie an einem anderen Ort verwenden wollte." Jedoch weder die Quelle,aus der Lind die Nach richt schöpfte,noch derOrt des Verbleibs der Türsteine konnte bis jetzt gefunden werden. Kieslinger hat bei seinen Untersuchun gen damals im nördlichen Querhaus ein romanisches R.undbogentor geortet, das HellmutLorenz 1982aufGrund einesPla nes der Michaeierkircheim Barnabitenarchiv zu Mailand freilegte. Zusammenfassung; Es bestand der Plan des Bamabitenfraters KarlPopp,die Umgestaltung der Westfassade der Michaelerkirche in einem Zug durchzufüh ren,um die Einheitlichkeit und damit die Harmonie zu wahren. Durch Beduzzis Eingriff mit seinem von Popp abweichen den Portalhaus wurdedieses Ziel nichter reicht, allein schon deswegen, weil die Geldmittel, die für die gesamte Fassade vorgesehen waren, für das Vorhaus ver braucht wurden. Erst 1792 wurde die Fas sade- diesmal im Sinne des Klassizismus - neu gestaltet. Der Portalvorbau blieb weiterhin nur im losen Zusammenhang mit der Fassade. Dadurch aber lenkt er den Blick aufseine Eigenständigkeit-er ist mit Mattiellis Engelfiguren ein wichti ger Zeuge des italienischen Barock auf Wiener Boden. Schließlich sorgte er für eine Überraschung:ergab 1951 ein durch fast zwei Jahrhunderte gehütetes Ge heimnis preis - das spätromanische Hauptportal der Michaeierkirche. Anmerkungen: ' Original-Schriften... mit Deckblatt vermerk des Baujahres 1710 das Haus Kohlmarkt II betreffend. MiKA(Michae ler Kollegsarchiv), DC. Abtlg.81.Lade,Nr. 10(Abk. IX.81.10). ^ Fr. Karl Popp, Fassadenentwurf, MiKA, XrV-P(ostament), 204 u (unteres Fach).95 a. 'P.D.Adalbert Strobl, Notata memo-. rabiüa...1778,S.94/95,MiKA,XVI.189.1.. ■* Über das Erbauende Vor-Häusl... 1724, S. 17. MiKA, XVI.193.3. ^ Ebenda, S. 22. '• Alois Kieslinger, Der Bau von St. Mi chael u. seine Geschichte, in: Jb. d. Ver, f. Gesch. d. Stadt Wien, Bd. 10 (1952/53), Wien 1953. S. 58. ' Gertraut Schikolä, Wiener Plastik d. Renaissance u. d. Barocks, in: Gesch. d. Stadt Wien, NR. Band VII, 1, S. 135. ® Extract dasPortal betreffend, 1781/82, MiKA, XIV.177.7. ® Die Engel kommen wieder, in: Mchaeler Pfarr-Brief, 1. Jg., I^r. 7, Wien 1951. , Felix Czeike, Das große Groner Wien Lexikon, 1974, S. 300. " Neue Wiener Tageszeitung, Nr. 40,. 18. Februar 1951. Berichtigung u. Begleitschreiben v. 21. Februar 1951. Bruno Thomas, Die Wiener Michaelerkirche des 13. Jahrhunderts, in: Milt Ver. Gesch. d. Stadt Wien, Wien 1937, S. 4. Mr. Schikola, Photo des Hauptpor tals, in: Die Presse, 4. Jg. Nr. 931, Wien 15. Juü 1951. Kieslinger zit Anm. 6, S. 31, u. Abb. 32-34. Kieslinger hat das Westportal nicht entdeckt, sondern beschrieben. Vgl Hellmut Lorenz, in: Ergänzungen zur Baugeschichte d. Wr. Michaelerkirche, in: österr. Zs. f. Kunst u. Denkmalpflege, XXXVI. 3/4, 1982, S. 102, Anm. 15. "■ Karl Lind, Die Michaelerkirche zu Wien, in: Ber. u. Mitt. d. Altertumsverei nes Wien, Bd. 3, S. 27, Anm. 78. " Kieslinger zit. Anm. 6, S. 32. Vgl Hellmut Lorenz ziL Anm. 15, S. 102 u. Abb. 88, S. 100. Nach dem Mailänder Plan ist hinter dem heutigen Armenseelen-Altar noch ein weiteres Portal verborgen. Bei der Restaurierung d. Westfassade (1982) wurde zwischen d. Portalvorbau und d. Fenster der Turmkapelle in dessen obe ren Teil ein romantisches Rundfenster fr eigelegt. Kieslinger (S. 47) hat schon sei nerzeit in der Turmkapelle eine Empore vermutet. Nikolaus Woisch Pfarrer in Poysbrunn, Falkenstein und Poysdorf Eine Ehrenrettung Franz StubenvoU Vorbemerkung; Dieser Beitrag wurde nicht wegen einer besonderen Bedeutung dieses Priesters für die Wiener .Diözesangeschichte er stellt. Er entstand vielmehr nach dem Ausschöpfen der vorhandenen Quellen. Und dieses Nachgehen lohnte sich: Denn die Quollen gaben ein ganz anderes Bild von Woisch als die gesamte kirchenhisto rische Literatur des 19. und 20. Jahrhun derls'. die sich ausfuhrlich mit ihm befaß te. Diese machte ihn zu einem Ausbund des Bösen und zum „berühmtesten und berüchtigtsten Pfärrer von Falkenstein", stempelte ihn zum Wiedertäufer und zum brutalen Schläger, der dann nach einer wohlverdienten Haft auf Burg Greifehstein schandebeladen spurlos im Dunkel der Geschichte verschwunden sein soll. Gutgläubig übernahm einer vom an-- dem d'ieäe Anschuldigühgen, ohne deren Berechtigung zu prüfen. Sie haben Niko laus Woisch um seinen guten Ruf ge bracht. Darum wollen diese Zeilen ein ge rechtes Bild von ihm zeichnen, ohne seine Mängel zu vertuschen. Seine Herkunft Die Woisch (auch Woysch, Boysch u. ä. geschrieben) waren reiche Bürger oder kleine Landadelige im Pulkautal. Um 1380 hatte Bibel der Boysch den Meierhof zu Niederfladnitz (BG Retz) von Herzog Albrecht III. zu Lehen^; um 1395 besaß Albrechtder WoischdreiLehen in Nieder fladnitz.^ Der spätere Pfarrer „Nikolaus Woisch ex Haugsdorf begann im Sommerseme ster 1508 sein Studium an der Universität Wien", war also wohl vor 1490 geboren und wurde um 1510 wahrscheinlich in Wien zum Priester geweiht Denn am 17. Mai 1511 war dieser Passauer Diözesanprlester bereits in Falkenstein Vikar.® Pfarrer in Poysbrunn*^ (1530-1541) Erst am 31. August 1530 scheint sein Name wieder auf. Er legte als Pfarrer von Poysbrunn - der er freilich schon länger sein konnte - ein genaues Einbekenntnis des Besitzes und Einkommens der Pfarr kirche und Pfarre Poysbrunn vor.' Darin fallt auf, daß er auch von etlichen Jahr tagen berichtet, die aber nicht gehalten werden. Aus der Zeit Woischs ist wenig überlie fert; 1537 wird er als solcher bloß genannt; schon als Pfarrer von Falkenstein genoß er 1544 noch ,,ein kleines Dienstl" in Ginzersdorf, damals Filiale von Prinzendorf (GB ZistersdorO®, welches aber zur Bestiftung der damals unbesetzten Pfarre Poysbrunn gehörte' und die er bis 1549 mitversah. Alber Cordinger ließ 1551 sechs Pfarrer vor das Consistorium zitie ren, weil sie bei ihm Geldschulden hätten, unter ihnen auch Woisch, der in seiner Poysbrunner Zeit bei ihm 102 d geborgt hatte. Pfarrer in Falkenstein (1541-<1561) und in Poysdorf (1544-?) Beide Pfarren waren damals im Ver band des Stiftes Kremsmünster in Ober österreich: Falkenstein (samt einigen sei ner Filialen) war diesem seit 27. November 1506 inkorporiert, die Filialpfarre Poys dorf aber seit 14. April 1508 der Mutter pfarre Falkenstein einverleibt. Beider Lö sung aus dem Stiftsverband erfolgte am 23. Oktober 1581. Woischs Bestellung Falkenstein wurde von Woisch schon vor dem 17. Mai 1541 übernommen. An diesem Tag kam ein vorläufiger Vergleich zwischen den Erben seines Vorgängers in Falkenstein Wolfgang Palbein und dem Stift zustande, wobei Woisch schon als Vikar bezeichnet wurde." Der Streit dar über dauerte freilich noch bis August 1546 und füllt die Consistorialprotokolle. Zur Zeit der allgemeinen PfarrVisitation 1543/44 war Pfarrer Woisch „außer I^an. des", und zwar „beschwerungshalber" in Kremsmünster: vielleicht, um ein Anstel lungsdekret zu erreichen. Die Visitatoren gaben darum den Auftrag, er solle sein Urbar und sein Einkommen ,,gen Wien überantworten", was er aber keineswegs tat. Das Anstellungsdekret stellte ihm Abt Gregor von Kremsmünster am 24. AprU 1544 aus.'" Mit diesem umfangreichen Dokument wurden ihm „auf sein Leben 24

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