Skizze der Kirche mit eingezeichnetem Dachschaden. Aus dieser kann man erse hen, daß damals, also 1844, die beiden ,,Seitenschiffe", nämlich die Kapellenanbauten, nicht mehr vorhanden waren. Wann diese abgetragen wurden, konnte, bisjetzt nicht eruiert werden. '• - Der Wiener'Schlossermeister JohannFinsterle hat am 31. Oktober 1849 die Herrschaft Josephsdorf von Fürst Liech tenstein käuflich erworben.'® Säine erste Sorge galt der Restaurierung der St.-Josephs-Kirche. Für die Kosten kam er al lein auf. Am 12.September konnte Stifts propst Wilhelm Sedlaczek die Weihe der Kirche vollziehen. Dies war am 169. Jah restag der Befreiung Wiens von den'Tür ken.Am Fest der Immaculata hielt Exzel lenz Michael Viale'Prela einen Festgottes dienst und schenkte der Kirche einen schönen Kelch."Fallweise wurde wieder Gottesdienst in der Eremiekirche gehal ten. Eine erneute große Aufwertung erhielt dieSt.-Josephs-Kirche vorgut100Jahren. In Aix-en-Provence wurden im Stadtar chiv die Memoiren des Monsieur le Masson duPont,kurzDupontgenannt,aufge funden. 30 Jahre lang hat er im Dienste des Polenkönigs Jan Sobieski gestanden und seine Feldzüge mitgemacht.Auch bei der Befreiung Wiens von den Türken war er dabei. Alle seine Eindrücke und Erin nerungen aber schrieb ererstim Alter von 77/78 Jahren nieder,als er seinen Lebens abend in seiner Heimat Frankreich ver brachte. Auch über die Entscheidungs schlacht um Wien berichtet er. Sie lag schon42/43Jahrezürück,.als er mitseinen Memoiren begann. Sobieski war damals schon,29 Jahre tot. Duponterwähnt auch die historische Messe, die P. Marco d'Aviano vor der Entsatzschlacht am 12. September 1683 in der „Leopoldi Capelln am Callenberg",also der heutigen Kirche St. Leopold am Leopoldsberg,feierte. Er selbst warzwar nicht dabei gewesen,aber er wußte vom Hörensagen darum. An je nem denkwürdigen Morgen war er als Ar tillerieoffizier mit dem Aufstellen der Ge schützein der polnischen Stellung im Ge biet des Dreimarksteins voll beschäftigt. Am 13.war er bereits als Kurier unterwegs nach Krakau, um der Königin Kasimira die Siegesbotschaft und auch Siegestro phäen aus dem Zelte Kara Mustafas zu überbringen, Im Gegensatz zu allen ein heimischen und ortskundigen Histori kern sowie zum Nuntius am Kaiserlichen Hof,Kardinal Buonvisi,und dem damali gen venetianischen Botschafter Dome nico Contarini,die alle einmütig die„Leo poldi Capelln" als Ort der historischen Messe auswiesen®', verlegte er sie in die Kirche der Kamaldulenser, also in die 'St.-Josephs-Kifche.®''Dupont wir'd als.sfuverlässiger Berichterstatter für alles be zeichnet, was er persönlich erlebt hat. In Berichten, die er nur vom Hörensagen kannte und weitererzählte, unterliefen ihm viele Fehler, wird ihm nachgesagt. Vor allem soll er viele geographische Irr tümer begangen haben. So ein Irrtum ist ihm auch aufder den Memoiren beigefüg ten Kartenskizze über die Entsatzschlacht unterlaufen. Er hat nämlich das „alte und neue Gschloß am Kallenberg", also das heutige Kirchenrektorat und Burgrestau rantam Leopoldsberg,für ein Kloster ge halten und als solches eingezeichnet.Am Leopoldiberg, dem alten Kallenberg, stand eine Burg, die auf die Zeit der Ba benberger zurückging, aber nie ein Klo ster. Hat Dupont vielleicht gär'hier das Kamaldulenserkloster vermutet? Da erja nur einige Stunden im ,,Kahlengebirge" verbrachte und dazu noch ortsunkundig und äüch sprachunkundig war, konnte ihm dieser Fehler leicht passieren".®' Die Hypothese Duponts wurde vor gut 100 Jahren vom Historiker Renner aufge griffen und als gesicherte Dokumentation übernommen.Sein Werk „Wienim Jahre 1683", das er im Auftrag des Wiener Ge- ■meinderates anläßlich des 200-Jahr-Jubiläums der Befreiung Wiens von den Tür ken verfaßte, brachte diese Sensation.®' Selbst ein Prof. Wolfsgruber OSB, der viele wertvolle und grundlegende Werke geschrieben hat, ließ sich damals zu der Bemerkung hinreißen: „Renner hat über zeugend nachgewiesen, daß am 12. Sep tember sowohl der Kriegsrat als auch die Messe im Kamaldulenerkloster stattge funden hat."®' Aber ganz so überzeugt dürfte Wolfsgruber von der Behauptung Renners doch nicht gewesen sein, denn schon im nächsten Satz schrieb er: „Eine Bestätigung dürfte man vielleicht in der folgenden Stelle, der einzigen, wie die Ur kunden der Eremie über die Türkenbela gerung Bezug nehmen, finden . .." Er zi tiert nun einen der bereits bekannten Bittbriefe der Eremiten von 1693, in dem sie „auf die Fürbitt des hl. Josephs und Hilfe bei der Befreiung Wiens" verwie sen.®® Wie aber kann man so einfach von der Berufung auf den hl. Joseph als Not helfer auf die Feier der hl. Messe durch P. Marco d'Aviano in der Kirche der Kamal dulenser schließen? Dazu wußte Wolfs gruber, daß die Kirche 1683 noch gar nicht existiert hatte. Duponts Memoiren sind bis heute in keiner Bibliothek Österreichs und des süddeutschen Raumes vorhan den. Hätten die Kamaldulenser auch nur einen vagen Anhaltspunkt dafür gehabt, wie gelegen wäre ihnen doch diese "Ver sion als Motivation für ihre Bittbriefe ge kommen! Sie erwähnen die historische Messe überhaupt nie! Eine Unkenntnis derselben ist ganz auszuschließen. P. Marco erwähnt in seinen Briefen an Kai ser Leopold I. immer nur die „Leopoldi Capelln", für die er Restaurierung und Aufstellung eines Mariahilfbildes erbittet. Beide Wünsche erfüllt der Kaiser.®® Die Kamaldulenser hingegen erwähnt er nie. Viel zur Verbreitung der Version Ren ners half auch die Tatsache mit, daß noch kaum jemand daran dachte, daß der Kah lenberg von 1683 der heutige Leopolds berg gewesen ikt und die Namensübertraguhg durch Kaiäer Leopold'I. erst 1693 stattgefunden hatte. Man ging damals sogar soweit, in der Kirche selbst genau den Ort zu fixieren, an dem die hl. Messe stattgefunden haben soll, nämlich in der Schutzengelkapelle der Eremie. Diese aber konnte erst an die Hauptmauer der Kirche angebaut wer den, als diese bestanden hatte, und nicht schon vorher errichtet worden sein. In dieser Kapelle zeigte man noch bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts den- sogenannten „Sobieskialtar", auf dem P. Marco d'Aviano das hL Opfer ge feiert haben soll.®' Sobieski soll ihn eigens • für diesen Zweck erbauen haben lassen! Daß dazu überhaupt keine Zeit und Mög lichkeit gewesen wäre, bedachten die Er finder dieser Fabel nicht. Da infolge des steilen .und vom Regen aufgeweichten Waldbodens jedes Gepäck zurückgelas sen werden mußte, konnte auch kein Altar mitgetragen werden. Eines Tages war dann dieses,,Kulturdenkmal" spurlos aus der Kirche verschwunden. Geblieben und weiter verbreitet wurde und wird bis auf den heutigen Tag Duponts Hypothese als historische Tatsache.®® Dr. Gustav Benischko, Finsterles Nach folger als Besitzer der Kahlenbergerherrschaft, hat bereits am 23. Oktober 1883 Bi bliothek und Archiv der Kamaldulenser - beide lagen oberhalb der Sakristei und Schutzengelkapelle - als freie Dienst wohnung für den Seelsorger an der St-Josephs-Kirche gestiftet. Am 31. März 1889 wurde der Kirchenraum für immer als Kirche gewidmet. Am 4. April 19Ö6 wurde dann ein notarieller Schenkungsakt auf gestellt. Am 22. April desselben Jahres er folgte schließlich die Schenkung der Kir che an die polnischen Patres der Resurrektionisten. Am 3. Mai erfolgte die Bestä tigung mit der Auflage „Verwendung für ewige Zeiten als Kirche".®' Die St.-Josephs-Kirche war für jeden Herrschafts besitzer eine unerträgliche Last wegen der Instandhaltung, so daß sie jeder gerne losgewesen wäre. Bereits 1846 hat sich Don Maurizio de Rossi, .Prior einer polnischen Kamaldulenseremie, an die Regierung gewandt, um die Rückkehr der Eremiten auf den Kahlenberg zu erbitten. Gleichzeitig nahm er auch mit Fürst Liechtenstein, dem Eigentümer des ehemaligen Kamaldulenserareals, Verbindung auf, um seine Einstellung zu diesem Projekt zu erfah ren. Liechtenstein war sofort bereit, die Kirche den Kamaldulensern zu schenken. Über das Areal und die Verkaufsbedin gungen hätte er mit sich reden lassen, wenn vorher von seiten der Regierung al les geklärt sei. Das Eb. Ordinariat hätte an sich keine Einwände dagegen gehabt un ter der Voraussetzung, daß vorher die Existenzfrage eindeutig geklärt sei, um später Unzukömmlichkeiten zu vermei den.®® Die K. K. vereinigte Hofkanzlei hat sich in ihrer Sitzung am 4. Februar 1847, Protokoll-Nr. 2961/354, mit dieser Bitt schrift beschäftigt und energisch abge lehnt. Vielleicht waren auch die seinerzei tigen vielen Bittbriefe der Patres daran schidd.®' Die Resurrektionistenpatres gingen mit viel Liebe daran, die St.-Josephs-Kirche so nach und nach zu restaurieren und auf den früheren Glanz zurückzuführen. Aber die beiden „Seitenschiffe" mit Marienund Leopoldikapelle an der Nord- und der Romualdkapelle an der Südseite wurden nicht mehr errichtet. Schutzengelkapelle und Sakristei sind ja erhalten geblieben. Die große Verehrung ihres Nationalhelden Jan Sobieski erweckte in den polni schen Patres den Plan, ihm eine Gedächt niskapelle zu errichten. Der Erste Welt21
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