Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

chen eingezogen und diese für ihre Zwecke adaptiert hatten,bedrängten den neuen Herrschaftsbesitzer, die Kirche wieder eröffnen zu lassen und einen Pfar rer zu besorgen. Als Gründe gaben sie die Entlegenheit der anderen Kirchen, die Witterungsverhältnisse und vor allem die seelsorgliche Betreuung im Krankheits fall an. Kriegl erklärte sich bereit und wandte sich an die Behörden um die nöti gen Erlaubnisse. Den Stiftspropst hat er um Beistellung eines Priesters gebeten. Er bot freie Station, 30 Gulden im Jahr und sechs Klafter Brennholzan.'° Die Be hörde stellte es dem Propst von Kloster neuburg frei, ob er einen Priester für das St-Josephs-Dorf stellen wolle oder nicht.^' Abt Floridus präsentierte am 12. De zember 1783 den Chorherren Gelasius Sinnreich als den ersten Lokalkaplan „in examine approbatum" dem Konsisto rium.Bereitsam 19.bekam ersein Anstellungsdekret.^^ Kriegl als Patron der Kirche ließ diese ausweißen. Die letzte Renovierung fand laut Kapitelbuch 1757 statt.^^ Sie machte armseligen Eindruck, denn alle Bilder und Statuen hatte Kriegl kurz vorher ver kauft. Am 4. Adventsonntag, 21. Dezem ber, hielt der Stiftspropst Floridus nach erfolgter Weihe der Kirche ein feierliches Amt mit „herrlicher-Vokal- und Instru mentalmusik". Stiftsdechant Marcellinus Jang weihte den Waldfriedlrof, den „Kahlenbergerfriedhor'ein.^''In diesem Fried hof wurden 148 Personen: 27 Männer,39 Frauen, 40 Buben und 42 Mädchen zur letzten Ruhe bestattet. Die Herrschaftbe sitzer Traunwieser,Finsterle, Ziegler,die Hofdamen Hossner und andere bekannte Persönlichkeiten wurden hier bestattet. Auch der berühmte Prinz de Ligne und seine Gattin liegen in diesem Waldfried hof begraben. Das Stift stellte elf Priester für die Jo sephskirche. Auch für die Besoldung mußte der Prälat sorgen.Von den 30 Gul den im Jahr konnte keiner leben. Laut ei ner Fassion von 1801 hatte der Seelsorger 200 F1 dem Dienstboten zu zahlen. Für Licht, Wachs und Meßwein hatte er 21 Gulden zu begleichen. 45 Kreuzer waren die Stolgebühren im ganzen J^r.^' 1808 hielt Erzbischof Sigismund eine Pfarrvisitation in dem.zürn Stift Kloster neuburg gehörigen Pfarren und Seelsorgeslellen ab. In seinem Visitationsbericht stellte er allen großes Lob und Anerken nung für ihre Arbeiten aus. Ganz arg hausten die Franzosen in Jo sephsdorf.In alle Wohnungen drangen sie ein und plünderten. Der Pfarrer mußte fliehen und wurde geschlagen. Auch die Kirche wurde ausgeräumt. Kelch, Mon stranz, Kirchenwäsche usw. wurden mitgenornrnen.^® Frau Traunwieser,Besitzerin der Herr schaft Josephsdorf,schrieb am 12.August 1809 dem Stiftspropst einen „freund schaftlichen Antrag", in dem sie ihn zur Auflösung der Kaplanei aufforderte. Ein Seelsorger an der Josephskirche sei ent behrlich,schrieb sie,ja sogar unnötig.Im Winter wären nur wenige Leute hier, im Sommer gut 50.Es könne weder ihr noch dem Stift zugemutet werden,für die Kir che alles nachzuschaffen,was die Franzo sen geplündert haben.Beidem bestehen den Priestermangel könne der Seelsorger woanders besser eingesetzt werden. Au ßerdem habe sie auch gegen den Pfarrer Gründe zur Beschwerde.^' Die Landesregierung hatte bereits am 30.Mai 1806 an das Konsistorium und die ses an den Propst Gaudenz die Anfrage gerichtet,ob die Kaplanei an der Josephs kirche wegen der 50 und einigen Seelen nicht aufgelöst und die Bewohner nach Kahlenbergerdorf oder Grinzing eingepfarrt werden sollen.'" Am 16. Jänner 1810 fand sich in der Stiftsprälatur eine kreisamtliche Kom mission ein zu einer Besprechung wegen der Lokälkaplanei. Man einigte sich auf die Auflösung. Das Stift woUte die Seel sorge an die Josephskirche beim Pfarrer von Nußdorf wissen. Die Schule sollte dem Lehrer von Heiligenstadt zugeteilt werden.Manfand diese Lösung nicht gut. Eltern, Kinder und Lehrer sollten zu ein und derselben Pfarre gehören. Nach Hei ligenstadt wäre auch der Weg besser.Eine hohe Landesstelle ließ das Kreisamt wis sen, daß es eine Einpfarrung von Leo poldsberg und Josephsberg nach Nuß dorf vorschlagen würde. Auch das Stift Klosterneuburg wurde befragt, ob Jo sephsdorfNußdorfoder Heiligenstadtzu geteilt werden soUe. Laut ProtokoD vom 28. Oktober 1811 wurde die Einpfarrung nach Heiligenstadt dekretiert." 1831 fand eine kanonische Visitation statt.Im Punkt4desVisitationsprotokolls steht zu lesen: ,,Die Einpfarrung der auf gelassenen Josefsbergerpfarre nach Hei ligenstadtist keineswegszweckmäßig.Es scheine zweckmäßiger, selbe nach Kah lenbergerdorf einzupfarren, weil der Weg dahin näher ist und diese Pfarre ohnehin sehr wenig Seelen zählte. Wenn diesem Antrag sonst nichtsim Wegestehen sollte, wäre dazu die Bewilligung vom'Eb.Kon sistorium einzuholen."'^ 1832 suchte Propst Jakob um Auspfarrung von Josephsberg und Leopoldsberg von der Pfarre Heiligenstadt und Einpfar rung nach Nußdorfan. Vielleicht war der alte kränkliche Pfarrer, Herr Thomas Schmidt,der Anlaß dazu.Am 13.Februar 1832 trat eine Kommission in Heiligen stadt zusammen, zu der die Pfarrer von Nußdorf, Kahlenbergerdorf, die Lehrer, Örtsschülaüfseher und Gemeindevor stände geladen waren.Daten über Bevöl kerungszahl, der Häuser und Kinder wa ren mitzubringen. Die nö. Regierung sprach sich gegen eine Änderung des derzeitigen Status aus mit der Begründung: Nach reiflicher Überlegung habe man 1811 die Einpfar rung nach Heiligenstadt vorgenommen. Heute gelten noch dieselben Gründe damals. Was Heiligenstadt anbelangt, so soll entweder der alte Seelsorger gegen einen jüngeren ausgewechselt werden, oder man möge ihm einen Koadjutor bei geben." Josephsdorf blieb bei Heiligen stadt bis zum Jahre 1873."Im seinerzeiti gen Auflösungsdekret der Lokalkaplanei laut Regierungsverordnung, ZI. 37895 vom 5. Dezember 1811, wurde festgelegt, daß die Josephskirche weiterhin zu ver bleiben habe. Der Pfarrer von Heiligen stadt wurde mit der Seelsorge, der Auf sicht über die Kirche und der Pflege der inneren Einrichtung beauftragt.'® Aus einem Schreiben der Regierung an das Konsistorium vom 10. April 1844 geht hervor, daß damals das Äußere der Jo sephskirche mehr einer Ruine als einem Gotteshaus glich und das Innere sich in einem sehr verwahrlosten Zustand be fand. Bereits im Jänner dieses Jahres habe ein Stürmwind das Dach auf einer -Fläche von mehreren Quadratklaftern ab gedeckt. Das dadurch eingedrungene Re genwasser habebereitsim Gewölbe ober halb des Hochaltars großen Schaden an gerichtet. Das Giebelkreuz an der Kir chenfrontseiim Begriffe,herunterzustür zen und andere Teile des Daches mitzureißen. Dies alles sei nicht nur eine große Gefahr für die in der Nähe wohnenden Menschen,sondern auch gegen die Würde desGotteshauses,in dem nochimmer hei lige Messen gelesen werden. Die Regie rung könne diesen Zustand nicht weiter dulden und fordere das Konsistorium auf, dagegen einzuschreiten. Die ganze Ange legenheit werde demselben um so dringli cher empfohlen, da der Kahlenberg von vielen Einheimischen und Fremden besucht-werde,und da esfürjeden,der noch einen Sinn für Religion habe, betrübend sei zu sehen,wie die letzten Uberreste des religiösen Sinnes der Vorfahren dem un vermeidlichen Verfall entgegengehen, während die um die Kirche gelegenen Gebäude und Anlagen täglich eine schö nere Gestalt gewinnen. Auch die in der Kirche sich befindliche Gruft möge gesperrt und die in den halb verfallenen Särgen modernden Gebeine der hierruhenden Kamaldulensermönche nicht den Blicken der Neugierigen preis gegeben werden, Weiters wurde beanstandet und als ge schmacklos befunden,daß an der Seiten tür der Kirche eine Tafel die Wohnung des Schneiders ankündige. Auch zweifle die Regierung nicht,wenn der Nutznießerder Lokalität, Prinz Liechtenstein, von allem Kenntnis hätte, diese Mißstände sofort abstellen würde.'® Vom zur Josephskirche gehörenden Friedhofheißtes:„Wie unangenehm muß es da nicht jeden Besucher ergreifen, ei nen Begräbnisort in so verwahrlostem Zustande anzutreffen. Das Tor ist unversperrt. Die Umzäunung teils ganz nieder gerissen, teils in schlechtem Zustand, so daß das Vieh hineingelangen und die Gräber der Verstorbenen aufwühlen kann. Da der Ort zu einem der besuchte sten der Umgebung Wiens gehört,mithin bittere Bemerkungen der Einheimischen und Fremden unermüdlich eingelangen, ist es notwendig, daß das Konsistorium die^ Verantwortliphen zur Behebung der Übelstände veranlasse."'® Das Konsistorium ging nun der Frage nach, wer eigentlich der Verantwortliche sei. Die einen verwiesen aufdas Stift Klo sterneuburg,die anderen aufFürstLiech tenstein. Die Regierung und das Konsi storium,letzteres unter Druck der staatli chen Behörde, setzten einen Termin zur Behebung der Schäden und verlangten eine Vollzugsmeldung." Mitten in einem Antwortschreiben findet sich auch die 20

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