Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

der im Bau befindlichen Josephskirche erbrochen in der Hoffnung, vergrabene Schätze darunter zu finden. Die Kaiserli chen hätten zur Schatzsuche gar keine Zeit gehabt." Wären die Kirchenmauem schon hochgezogen oder auch nur einen Meter hoch gewesen, würde man sicher darunter keine Schätze mehr vermutet und diefundamenta erbrochen haben,wie der Chronist der Kamaldulenser berichte te.^ Diesen Bericht verdanken wir P. Don Basilius Duvergio,einem geborenen Wie ner. An der Uni hat er seine philosophi schen und theologischen Studien mit gu tem Erfolg absolviert Dies bezeugen seine Abgangszeugnisse. Durch viele Jahre bekleidete er das Amt eines Archi vars und sandte alle wichtigen Berichte über die Eremie am Josephsberg in das Generalatsarchiv nach Monte Corona. Sein DIARIUM CAMALDULENSE exi stiert leider nicht mehr.Seine Dokumen tation wurde in den ANNALES CAMALDULENSES direkt abgedruckt oder ver wertet.^' Prior und Kommunität standen also nach ihrer Rückkehr vor einem Trüm merhaufen. Die Eremie war größtenteils zerstört. Der Weinberg verwüstet. Auch die Herrschaftsgüter Obersievering und Prinzendorf waren durch den Türken krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden. In den vielen Bittbriefen um fi nanzielle und materielle Hilfe,um Ausset zung der Steuern und Stundung der Ab gaben weisen die Eremiten auf ihre Not lage hin. Somit war wiederum nicht an den Kirchenbau oder an die Fortsetzung der knapp vor dem Ausbruch des Krieges begonnenen Arbeiten zu denken. Obst-, Gemüse- und Weingärten mußten erst wieder kultiviert werden,um die Versor gung der Gemeinschaft sicherzustellen. Weiters mußten auch die Herrschaflsgüter wiederum wenigstens einigermaßen saniertwerden.Dazu brauchteesZeitund Geld. Gerade letzteres fehlte. Erst 1690 konnte Prior Don Maurusvon ihm fehlen uns alle Daten-wieder an die Fortsetzung des Kirchenbaues den ken. Er ließ die aufgebrochenen Funda mente ausbessern und die Außenmauem hochziehen. Notdürftig, anscheinend ohne jede Verankerung, wurde auch ein Dachstuhl draufgesetzt. Aber schon mußte der BauausGeldmangelaufeinige Jahre stillgelegt werden. Unwetter und Stürme, die auf den Anhöhen des „Kahlenberges" auch heute noch sehr stark sein können, wirkten sich nicht gerade günstig aufden halbfertigen Rohbau der Kirche aus... Don Tiburtius, sein Nachfolger -auch über ihn sind uns keine näheren Daten überliefert -,schlug Alarm. Am 10. April 1693schrieb er an den Kaiser.Zuerstkam er auf die seinerzeit vom Grafen Michael AdolfAlthan gemachte Stiftung von 6000 rheinischen Gulden zu sprechen. Dann berichtete er weiters,daß die„Reparirung der Erem und Wüsten auf dem Josephs berg und die Fortsetzung des dem hl. Pa triarchen und Nährvaters Joseph gewid meten Kirchengebäu" die vorhandenen Geldmittel restlos erschöpft habe. Das Corpus der Kirche, nämlich der mittlere Teil derselben, wurde zwar unter Dach gebracht. Aber schon vor zwei Jahren mußte der Bau stillgelegt werden. Ein Weiterbauen wäre bisher gar nicht mög lich gewesen. Der „continuirliche grausambt wiettenle Sturmwindt" droht je doch das ganze Dach zum größten Scha den herunterzuwerfen.DerKonventstehe völlig mittellos da,so daß auch in diesem Jahr an der Kirche nicht weitergearbeitet werden könne.P.DonTiburtius appelliert an die„angeborene Milde"Sr.K.K.Maje stät und seine „andacht gegen obwolbemelten Heiligen Joseph" und bittet „zur Abfürung obberührterSchulden"um Hil fe,„so daß wür solches nur aufderen blosen Mauern und also gleichsamb halbs in den Lüften stehendes Tach versichern und sodann auch mit deren Khürchen fortfahren khönnen". Die Notwendigkeit einer dringenden Hilfe wird nun weiters begründet: „aber da zweifelsohne under andtrem aus sonderbahrer Fürbitt des glorwürdigsten Heiligen Patriarchen Josephi der Entsatz Euer Kais. Mai. ResidentzStatt Wienn ja wohl auch gahr dass heiU der allgemainen Christenheit über und aufdiesem St.JosephsbergIhren Er stenanfang genohmen hat"Als Dank und Gegenleistung für die zu erwartenden Hilfe versprechen Prior und Konvent: „wie dan auch wir niemahlen nachlassen wollen mit Unserem armen gebett heili gen Messopferund allen anderen Unseren geistlichen Exerzitien ferner Victoriam zu erbitten." Anscheinend aber war der Kaiser trotz dieses eindringlichen Bittbriefes zu kei ner Spende zu bewegen. Das Deckblatt der Eingabe trägt nämlich den Vermerk: „der Kayserlichen Hofkammer zuzustel len: dieselbe wird die Supplikanten zu beschaiden wissen.PerImperatorem dto 30. Marty 1693."" Auch an die Hofkammer wandten sich die Kamaldulenser und urgierten Hilfe. Noch längeres Zuwarten wäre besorgnis erregend,da schon„summum in mora periculum" ist für „unser Kürch gebäu". Schon zwei Jahre konnte an der Kirche nichts mehr gearbeitet werden,und auch in diesem Jahr sei es unmöglich, berich ten die Patres weiter,weil die Mittel dazu fehlen. Sorge erfülle sie, daß der Sturm wind das in den Lüften stehende, aber noch nicht befestigte Dach herunterwer fen könnte. Wiederum folgt der Hinweis auf die Hilfe des hl. Josef beim Entsatz Wiens als Motivierung ihrer dringlichen Bitte um Abhilfe." Am 5. Mai ergeht an den kaiserlichen Hofbuchhalter und an die kaiserlichen Räte ein Schreiben mit demselben Inhalt" Ein erneutes Bittgesuch wird an die k. k. Hofkammer am 4. September 1693 gerichtet. Anscheinend blieben bis jetzt alle Hilferufe ohne Echo und Hilfelei stung.In dieser Eingabe wird aufden be vorstehenden Winter hingewiesen, ,,wo der grausamb wiettende Sturmwind gründlich sich vermehren alsostehen wür in evidentissimoSummo periculo in mora unseres halbs in den Lüften stehenden Kürchdachs halber". Daher sollen ehe stens Hilfsgelder von der Althanschen Stiftung gegeben werden. Aber auch die ses Schreiben mußte den üblichen Dienstweg mit Gutachteneinholung und Stellungnahmen gehen.So landete es bei der K.K. Hofbuchhaltung zur Berichter stattung. Diese verweist auf das Schrei ben vom 5. Mai.Auch wird aufden gefor derten Bericht in Abschrift Bezug ge nommen. Doch dieser befinde sich noch beim Expedit zur Erledigung. Datiert mit 5.September 1693." Ob und wie diese Bittbriefe erledigt wurden, kann nicht gesagt werden. Es existieren keinerlei Unterlagen, die dar über Auskunft geben könnten. Anschei nend aber dürfte kein staatlicher finan zieller Zuschuß gekommen sein, denn es wurde noch 41 Jahre an der Kirche ge baut, bis sie endlich 1734 fertiggestellt war. An das Hauptschiff wurden noch vier Seitenkapellen angebaut. Das Dach der selben wurde mit dem Hauptschiff ver bunden,so daß sich die Kapellen wie Sei tenschiffe ausgenommen haben. Aqua relle aus dem 18.Jahrhundertzeigen dies deutlich. An der Evangelienseite des Hauptschiffes war die Marienkapelle an gebaut, die auch als Kapitelsaal diente. Der Eingangin dieselbe ist heute noch er halten. Er bildet den Nordausgang der Kirche. Dieser ist jedoch verschlossen, weil im Türstock eine Darstellung der Muttergottes von Tschenstochau hängt. An die Muttergotteskapelle schloß sich die Leopioldkapelle an. Diese befand sich also linker Hand beim Eingang durch das Hauptportal der Kirche. Gegenüber der Marienkapelle, also auf der sogenannten Epistelseite des Hochaltars, befand sich die kleine Schutzengelkapelle mit der Sa kristei. An sie schloß sich die Kapelle zu Ehren des hl. Romuald an,lag also gegen über der Leopoldkapelle." Die mit viel Mühe und untergroßen Op fern aufgebaute und eingerichtete Kirche war durch die Aufhebung der Kamaldulensereremieam 4.Februar und dem Aus zug der Eremiten am 5.Juli 1782dem Ver fall preisgegeben. Der Käufer des gesamten Kamaldulenserkomplexes, Hofrat Leopold Kriegl, fing gleich an, die Kircheneinrichtung zu verkaufen. Um seinen Schuldenberg ab bauen und dem Religionsfond auf Raten den Kaufschilling abstottern zu können, mag wohl der Hauptgrund für dieses pie tätlose Vorgehen gewesen sein. Der Hochaltarkam in die evangelische Kirche nach ödenburg",dieschönen lebensgro ßen Statuen der zwölf Apostel kaufte die Pfarre St.Martin in Klosterneuburg."Die Pfarre Nußdorfbewarb sich um die Kan zel, wurde aber abgewiesen. In den Ver kaufslisten und Schenkungstabellen der Diözese scheint die St-Josephs-Kirche am Kahlenberg nicht auf. Manche Kost barkeiten werden wohl auch in Privatbe sitz gekommen sein. Die Regierung forderte das Konsisto rium und dasKreisamtam 24.August1782 auf, die Exsekrierung der St-JosephsKirche einzuleiten. Am 10. September nahm sie der Konsistorialkanzler von Zollner im Beisein des Domherrn Kolemann und des Herrn Kreishauptmannes vor." Die „Nachfolger" der Kamaldulenser, die nun in die einzelnen Einsiedlerhäus19

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