Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

im Kerker gesessen war, rief: „Ihr habt studiert und seid uns überlegen,ich kann euch nichts widerlegen,aber mein Glaube ist der Führer und was der sagt ist wahr und euch Pfeffen glaub ich überhaupt nichts." So ging es hin und herund wir merkten gar nicht, daß wir umsteigen sollten. Im letzten Augenblick kam der Schaffner und schrie jetzt wäre es höchste Zeit. Da packte der Polizeiinspektor und derlange Kerl unsere Koffer und riefen: „Wir blei ben beisammen." Im andern Zug gings dann wieder weiter. Auf Ersuchen der Mitreisenden setzte mein Mitbruder im Kupee mit dem Polizeiinspektor die De batte fort und ich am Gang draußen mit dem Abgefallenen.Jeder von uns war von einem Menschenknäuel umdrängt. Der lange Kerl erzählte nun, warum er vom Glauben abgefallen sei. Wie er das erste Mal im Gefängnis saß, habe er auf den Knien zu Gott gebetet,er möge ihn nicht befreien,sondernihm dasKerkerleben er träglich gestalten.Aber es habe nichts ge holfen und da habe er dem Glauben Le bewohl gesagt. Und erst da sei er wieder gläubig geworden.Er glaube an den Füh rer. Und das habe ihm die Kraftgegeben, alles zu ertragen. Ich nahm Anteil an sei ner leidvollen Vergangenheit und sagte, daß auch mich der Glaube aufrecht erhal ten habe bei all dem,was ich in meinem Leben erlitten. Ich hätte an vieles in mei nem Leben,geglaubt, was aber dann zu sammengebrochen sei. Seither glaube ich nur an das, was mir Kraft gibt, auch das Bitterste im Leben,den Tod zu ertragen: denn nach dem Tod gibteserst die Vergel tung.- Ja, gibt es denn ein Jenseits? - „Viel Unrecht ist auf dieser Welt gesche hen und niemand karm esim Leben mehr gut machen. Sie sagen Planetta und Holzweber wären Märtyrer der Bewe gung. Was haben die davon, wenn ihr sie jetzt ehrt,wenn ihrjetzt Freude habt- sie selbstaberalsarme Teufelins Gras beißen mußten.- Das.Glück muß man persönlich fühlen,sonstkann esunsegal sein.Ich bin überzeugt,daß beide ihren Sieg auch drü ben miterleben werden." Das sah auch er ein, aber er könne nicht an eine Kirche glauben,die soviel Unrecht aufErden ge bracht. Ich täte jetzt schön reden,aber in ein paar Jahren wäre ich ganz anders. Da sagte ich ihm: „Die Kirche war schon da, noch ehe es einen Christen gab;denn das Haupt der Kirche ist Christus." Und dann schilderte ich ihm Christi Lichtgestalt, so daß ihm die Tränen in die Augen kamen. Und dann sagte ich ihm:„Wenn Sie glau ben, daß ich in zehn Jahren anders reden werde als heute,dann sollen Sie das eine wissen, Christus und die Kirche sind gleich gut geblieben, ich selbst aber bin ein schlechter Kerl geworden. Was hab' ich davon,wenn ich ein Heuchler bin und mir paar gute Jahre verschaffe? Einmal kommt das große Wellgericht und da gibt es kein Ansehen der Person. Päpste und Priester können verdammt werden. Sie selbst aber an erster Stelle stehen, wenn Sie in Ihrem Leben ein ernster Gottsucher Ich hatte ihn soweit gebracht, daß er wieder an Christus, an Gott glaubte. Al lerdings von der „Kirche", von der Kon fession wollte er nichts wissen... Als derZug in Graz hielt,war allen ganz feierlich zumute. Der Abschied war von einer tiefen Ergriffenheit getragen,als ob wir durch Jahre hindurch die besten Freundegewesen wären...Wenige Stun den zuvor aber hatte man uns noch mit dem Galgen gedroht. So gewinnt man heute Menschen: man muß ihnen mit Mitgefühl begegnen und die Eisenbahn, das Auto, den Wartesaal zur Kirche machen." Anmerkungen: 'Er war der Bruder des Prof. Dr.Johann List,Spiritual des PrieslerhauseszuGraz. P.Bruno List verbrachte die Kriegszeitin Südamerika. Nach Österreich zurückge kehrt war er in der Folge Kaplan in Wien/Kaisermühlen, Exerzitienleiter in Mistelbach und Seelsorger bei den Hed wigsschwestern in Unterolbersdorf. Er starb am 7.Dezember 1977zu Mistelbach. ^ Waldemar Posch, Als die Heimat auf hörtezusein oder 25Jahrezurück,in: Mariahilfer Pfarrbote, 31. Jg., Nr. 1, Wien 1963, S. 2ff. Die letzten Seelsorger an der K. K. Leopold! Schloßkapelle am Kallenberg zur Zeit des „Josephinischen Klosteraufhebungsgeschäftes" 1782 Lic. theol.Josef Domicus Hamminger. Mit Hofdekret vom 12. Jänner 1782 wa ren die Würfelüber das weitere Schicksal vieler Klöster gefallen.Die Zeit der vor ei nigen Jahren von Kaiserin Maria Theresia angekündigten „großen Remedur" war nun ausgebrochen. Die ersten Opfer waren die Karthäuser von Mauerbach(22. 1. 1782). Auslösendes Momentwaren die Klagen der beiden Pat res Marian Herzog und Athanasius Stiepach beiJoseph II.ü ber ihre Ordensobern und Mitbrüder. Aber schon am 4. Februar klopfte die gleiche 3. Klosteraufhebungskommis sion, bestehend aus dem Regierungsrat Ignaz von Menshengen, Sekretär Sieg mund Kappus von Pichelstein, Kanzlei praktikant Johann Baptist Schinko und dem Ingrossisten Johann Worell, an die Klosterpforte der Kamaldulensereremie auf dem Josephsberg an und teilte der Kommunität(9 Patres,3Minoristen und 6 Laienbrüder) die vom Kaiser beschlos sene Aufhebung mit. Die Kamaldulenser haben sich durch ihre ständigen Bette leien bei der Regierung unbeliebt ge macht und standen daher schon auf der Abschußliste. Bereits am 5. Februar hat ten sich die Mönche schon entschieden, wie es in ihrem Leben weitergehen soll und dem Aufhebungskommissär schrift lich die Entscheidung über ihre Zukunft übergeben. Noch 5 Monate wurde ihnen Zeit zur Räumungihres Klostersgelassen. Am 5. Juli 1782 verließen sie die Eremie für immer.' Aufden Tag genau vor 99 Jahren,näm lich am 5. Juli 1683,trafder neue Prior,P. Cerbonius, von Italien kommend,in der Eremie am Josephsbergein.Am Horizont sah er schon den Feuerschein der sengen den und alles niederbrennenden Tataren, vergrubam 6.Juli unter2Einsiedlerzellen alles, wasihm wertvoll erschien und floh am 7. Juli mit der Kommunität in Rich tung Linz und weiter nach Italien.^ Am 24. August 1782 wurde die St.-Josephs-Kirche exsekriert.^ Auf Grund einer kaiserlichen Stiftung sind von den Priestern des aufgelassenen Kamaldulenserordens auf dem benach barten Leopoldiberg wöchentlich 3 hl. Messen für das Wohl des Kaiserhausesge lesen worden. Mittelsrat Franz von Wallenfeld, Verwalter des Kirchenrequisi ten-Depositums,fragte nun ex ofTo beim „hiesigen" Konsistorium an,ob diese Stif tung den beiden Benefiziaten auf dem Leopoldiberg zugewendet werden soll und erbat Meinungsäußerung.DasKonsi storium gab eine negative Antwort.^ Aber auch die Tagefürdie beiden BenGfiziaten am Leopoldiberg waren schon ge zählt. Die Gemeinde von EßUng hatte bereits am 8. April,und voll Ungeduld erneutam 18. Oktober 1782, die Hochlöbliche K. K. NO.Regierung um einen Benefiziaten für die dortige SchloßkapeUe gebeten. Letz teres Ansuchen ging auch an „Officiali et Vicary generali und des Fürst-Bischöfli chen Passauischen Consistory Alhier".® Auch die Gemeinde von Stopfenreith hat um einen Priester gebeten. Die Bitten der beiden Gemeinden werden die Beam ten wohl vor Augen gehabt haben, Am 9. November 1782 wurde seiner Kai serlichen Majestät, „die ja mit dem Leo poldiberg schon eigene Pläne vorhatte", empfohlen, die beiden Benefiziaten zu „übersetzen". Die Reaktion kam fast postwendend.„Sr.Majestät haben mittels höchsten Hofdekrets ddo 14ten et praes. 19ten dies allergnädigst zu entschließen geruhet: daß die zween auf dem Leopol diberg befindlichen gestifteten geistli chen Benefiziaten ... übersetzt werden sollen." ** Damit war das vorläufige Ende für die K.K.Leopoldi Schloßkapelle gekommen. Sie wurde an derselben Stelle erbaut,an der bis 1529 die K.K.Burgkapelle gestan den hatte.Kaiser Leopold I. ließ am 9.Au gust 1679 den Grundstein legen. Auf Bit ten von P.Marco d'Aviano ließ er sie 1693 von Grund auf restaurieren. Unter Karl VI. wurde sie vom Theatralingenieur Niccolö Beduzzi erweitert und in die heutige Form umgebaut. Die NO. Kammeraladministration

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=