serLeopold I.,„das Land mitHufeisenzu zertreten und es dem Feuer und Schwert auszuliefern"', in Erfüllung gegangen: Nach einem Bericht des OfGcialats in Wien an den Diözesanbischof in Passau waren im niederösterreichischen Anteil der Diözese 89 Pferrkirchen niederge brannt worden.'® Mindestens elf Geistli cheausdiesem Gebiet-nämlich die Pfar rer von Altlengbach, Baden, Enzesfeld, Himberg, Inzersdorf, Margarethen am Moos, Oberwaltersdorf, Obritzberg, Pet tendorf Schwadorfund Sollenau-hatten während des Türkeneinfalls den Tod ge funden." In der Diözese Wien war der „ruin...aller kirchen im Bistumb Wienn auf dem Landt'- mehr alß wohlbekandt undt ieder männiglich khundtbar"." So ,finden sich in den Wiener imd Passauer Konsistorialprotokollen zahlreiche Ansu chen um Beihilfen zum Wiederaufbau der zerstörten Kirchen und Pfarrhöfe: etwa aus Abstetten, Baden, Deutsch-Broders dorf, Ebersdorf,Himberg,Kottingbrunn, Oberwölbling, Pischelsdorf, Pottenstein, Probstdorf, Regelsbrunn, Reisenberg, Schwadorf, Tribuswinkel, Unterwalters dorf,Wilfleinsdorfund Wolfsthal bzw.in der Diözese Wien aus Atzgersdorf,Laxenburg, Penzing, Perchtoldsdorf, Schwechat,Simmering und Währing'®. Noch im Jahr 1686 konnte der Dechantdes Tullner Dekanatskeine Visitation vornehmen,da in diesem Dekanat die Wiederaufbauar beiten außer in Sieghartskirchen noch nirgendsbeendetwaren und diePfarrerin den Häusern der Pfarruntertanen wohnen mußten.'® Im selben Jahr bedachte der gewesene Pfarrer von Laxenburg,Jakob Michelberger,in seinem am 13. Mai abge faßten Testament „die vom Erbfeindt abgebrente... hernach benandtearme Kür chen und Gottsheußer" Hemals, Ottakring, Perchtoldsdorf, Mödling, Atzgers dorf, Unterliesing, Altmannsdorf,Laxen burg und Guntramsdorf mit Legaten. Die Türkensteuer,die zur Finanzierung der Offensive der kaiserlichen Truppen gegen die Türken in Ungarn eingehoben wurde, bedeutete für viele Pfarren eine zusätzliche finanzielle Belastung. So klagte der Pfarrer von Zelking,seine Un tertanen seien verschleppt oder getötet worden, er habe daher keine Einkünfte und suchte um Befreiung von dieser Steuer an; sein Ansuchen wurde ebenso wie das des Pfarrers von Poysdorfabge wiesen.'® Das Himmelpfortkloster mußte die vorgeschriebene Steuersumme als Darlehen aufnehmen. Das Wiener Konsi storium gab dazu seine Erlaubnis mit der Begründung:„Weil nun uns diese Anlage gantz wohl bekhandt und zur fortsetzung des wieder den Erbfeindt bevorstehenden kostbahren Kriegs angesehn ist, undt khein Entschuldigung noch ausredt angenohmen würdt..."" Der Päpstliche Nuntius in Wien, Kardinal Buonvisi, rief zu Spenden für ein kaiserliches Feldspital für diegegen die Türken in Ungarn kämp fenden Truppen auf.Die finanzielle Geba rung dieser Einrichtung wurde dabei dem Bischof von Wiener Neustadt, Leopold Graf KoJlonitsch, der sich bereits wäh rend der Belagerung von Wien bewährt hatte, übertragen; für die Betreuung der Verwundeten waren Barmherzige Brüder vorgesehen.^® Neben der Sorge um die materiellen Voraussetzungen für den neuen Türken krieg war man auch um eine Hebung des sittlichen Lebens der Bevölkerung be müht.So forderten die kaiserlichen Räte den Official desBistums Wien auf,die Be völkerung zu einem bußfertigen Leben aufrufen zu lassen. Vor allem sollten, „Hass, Neyd und Zanckh, Klaider- und andere Pracht und Luxus, Ubbigkheit, Gailheith,Unzucht,Ehebruch"und „alles Geschwäz und alle ärgerliche Händl in denen Kirchen und Gottshäusem" abge stellt und „tugent, Erbarkheith und Gottesforcht" sowie „die liebe unpartheische Justiz" wiederhergestellt werden.^' Am 31.Dezember 1685 befahlder Passauer Bi schof seinem Konsistorium in Wien,den Ablaß des Papstes Innozenz XI. „pro adiuvantibus bellum contra Turcos" zu verbreiten und gegebenenfalls nachdrukken zu lassen.^^ 1686 und 1687 stellte die niederösterrei chische Regierung an das Passauer Kon sistorium in Wien das Ansuchen, ange sichts der kriegsbedingthohen Preise der Fastenspeisen,besondersder Fische,und der Anwesenheit vieler nichtkatholischer Soldaten ausdem Reich das Fleischessen in der Fastenzeit zu erlauben. Entspre chend bewilligte das Konsistorium den Genuß von Fleischspeisen auch in derFa stenzeit biszum Sonntag„Judica"(vierter Fastensonntag),jedoch mit Ausnahme al ler Mittwoche,Freitage und Samstage." Die Auswirkungen der Türkenmvasion für klösterliche Gemeinschaften sollen am Beispiel des Augustiner"BärfüsserKiosters in Mariabrunn und des Kapuzi nerklosters in Mödling veranschaulicht werden. Über das Geschehen in Mariabrurm berichtet die dortige Klosterchro nik folgendermaßen:„Alsim Ottomanenkrieg im Jahr 1683 die Türken einem un erwarteten Sturzbach gleich über Öster reich hereinbrachen,wurde nur mit Mühe unsere hochheilige Marienstatue dieser Gefahr entrissen und von seiner Hoch würden P. Bonifacius a Jesu aus Öster reich,schonzum dritten Mal Prior dieses Konvents,und dem Novizen Laienbruder Joachimus a S. Benedicto auf die Burg Rabenstein des Grafen Karl Ludwig von Zinzendorff unweit der Stadt St. Pölten gebracht Diese ganze Gegend soll nach authentischer Überlieferung von der Türkenvimt verschontgeblieben sein,obwohl einige Tausend Tataren gegen die umliegenden örtschaften mit Feuer und Schwert wüteten, so daß das "Volk allge mein glaubte und die Stimmeherumging, man habe Schutz und Sicherheit nur der heiligsten Jungfrauzuzuschreiben,deren Standbild beiihnen verwahrt wurde.Die sem Barbarensturm entzogen sich recht zeitig unsere Novizenbrüder mit ihrem SubmagisterP.UdalricusaS.Caeciliaaus Bayern und übersiedelten in unseren Konvent nach Graz in der Steiermark, während die übrigen Patres und Brüder sich auf verschiedene Konvente unseres Ordens zerstreuten. Getötet wurden von den Türken der hochwürdige P. Markus a S Philippeaus Krain.Subprior und Noviztnmeister, und der Laienbruder Rochus a Assumptione Beatae Mariae Virginis, die zur Bewachung des Konventszurück geblieben waren und sich aufkeine Weise überreden Eeßen, sich durch Flucht zu retten.Außerdem wurden von den Barba ren der hochwürdige P. Florianus a S. Matre Monica und der Frater Felicianus a 8. Abrahamo, Kleriker und Diakon, er schlagen,die zu spät Wien verlassen hat ten und zu ihrem Verderben zu unserem hiesigen Konvent geflohen waren. Die letzte Zerstörung unseres Gottes hauses sollte die entfesselte Wildheit der Ottomanen bringen: sie zerschmetterten die heiligen Altäre,rissen die Heiligenbil der und -Statuen herab und mißhandelten sie, verwüsteten den Marienbrunnen, warfen alles durcheinander und legten schließlich ein frevelhaftes Feuer, von dem unsere Kirche mit ihrer ganzen Aus stattung und das Kloster mit allen Gerät schaften verzehrt wurde. In diesen un glücklichen Brand wurdeauch die Biblio thek verwickelt, die sowohl durch die sorgfältige Auswahl als auch durch die Zahl ihrer Bücher hervorragend war und die... der hochwürdigste Herr von Arup" durch letztwillige Verfügung un serem Konventvermachthatte.Esgleicht einem Wunder, daß die längliche Tafel ,,Silentium" aus Papier, die im Schlaf raum des Noviziatsjetzt noch aufbewahrt wird, geschrieben vom hochwürdigen P. Adalbert a S. Alexio, einem äußerst frommen Mann und... Novizenmeister, in diesen feindlichen Flammen unver sehrt blieb, obwohl der Holzrahmen ver brannte, und von den Unseren,die nach der Belagerung Wiens nach Mariabrunn zurückkehrten,heilausSchuttund Asche hervorgeholt wurde."" Die Kapuziner von Mödling^® flüchteten nach Venedig, Tirol, Bayern, in die Schweiz und anden Rhein.DerGuardian, P.Erasmus aus Linz,wurde mit drei Mitbrüdem von den Türken gefangenge nommen. Ein Laienbruder konnte vom venetianischen Gesandten an der Pforte freigekauft werden. Den übrigen Laienbrüdem gelang die Flucht nach Ober österreich. Der Kirchenschatz konnte nach Wien gerettet werden. Für die zu rückgekehrten Brüder wurden noch im Herbst1683 Notunterkünfte errichtet;das Kloster war zerstört worden. 1684 wurde mit seinem Wiederaufbau begonnen, an dem sich auch KardinalKoUonitsch betei ligte. Die Wiener und I^ssauer Konsistorialprotokolle veranschaulichen die Verluste an Menschenleben und die Leiden der Zi vilbevölkerung während der Türkeninva sion in besonderer Weise: Während die türkische Hauptarmee Wien belagerte, suchten die Tataren Niederösterreich südlich der Donau mit Raub,Brand,Tot schlag und Plünderung heim. Viele Män ner und Frauen wurden getötet oder ver schleppt.So hatten viele ihren Ehegatten verloren,ohne dessen Tod auch nachwei sen zu können. Bald nach dem Ende der Türkeninvasion häuften sich dann die wilden Ehen derart, daß darüber sogarin einem kaiserlichen Patentgeklagt wurde: „Was massen höchst mißfallig vorkom men,wie daß an unterschiedlichen Orten aufdem Lande,dieInwohnerein soärger34
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