Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Carl Popp-ein Laienbruder als Gutsinspektor der Gräfin Fuchs und des GFM Daun. P. Dr. Waldemar Posch Im Herbst1982wurdeim Michaeler Kol legsarchiv ein interessanter Fund ge macht: Mehr als 150 Briefe der Gräfin Fuchs, Obristhofmeisterin der Kaiserin Maria Theresia, und mehrere Briefe des Grafen Daun. Alle Briefe waren an den Laienbruder Carl Popp gerichtet, einer Persönlichkeit,von der bisher nicht aUzu viel bekannt war. Carl Popp wurde 1694 zu Hirschau ge boren'.Im Alter von 30 Jahren legte eram 17. September 1724 bei den Barnabiten seine Profeß ab. Es ist unbekannt, wel chen Beruf er vorher ausübte.Da er aber 1723eine vorzügliche„ZeichnungzurZie rung des Frontispicii der Set. Michaels Kirchen zu Wienn"2 entwarf,so dürfte er im Baufach wohl bewandert gewesen sein. Außerdem entpuppte er sich in sei nem weiteren Lebensgang als hervorra gender Wirtschaftsfachmann. Zumindest seit 1730/31 dürfte er auf der gräflich Fuchsischen Herrschaft Scharfeneck in leitender Stellung tätig gewesen sein®. Nebenbei war er von 1735 bis 1742 Grund schreiber bei St. MichaeP. Immer mehr zog ihn die Gräfin in ihr Vertrauen, so daß sie sich auch in ihren Privatangelegenheiten auf das Urteil des Fr.Carl verließ.Als GrafAnton von Nostiz und Rineck Josepha, die älteste Tochter der Gräfin Fuchs,heiraten wollte, mußte er sich zur Jahreswende 1738/39 bei Fr. Carl erkundigen, welches Heiratsgut die Tochter voraussichtlich erhalten werde®. Fr. Carl setzte auch den Heiratskontrakt aufund sandte ihn an die Gräfin nach Flo renz, wohin sie sich zusammen mit Carl von Lothringen zur Begleitung Maria Theresias am 17.Dezember 1738 begeben hatte®. Wahrscheinlich durch Vermittlung der Gräfin Fuchserhielt Fr.Carl 1740 den Auf trag.für die Aufstellung eines Kreuzaltars in'Mautern in'der Obersieiferrhark Sorge zu tragen'.Die Angelegenheit war mit viel Geheimnistuerei umgeben. Vor allem sollte niemand erfahren,wer den Auftrag gegeben hatte. Aber es wird nicht schwer zu erraten sein,daß die Stiftung des Altars von Maria Theresia oder ihrer engsten Umgebung ausging8. Der Umsicht Fr. Carls verdanken wir, daß der Briefwechsel und die wegen des Altars geschlossenen Kontrakte erhalten geblieben sind und so für die Kunstge schichte nicht unwichtige Namen der Nachwelt erhalten werden konnten. Am 29. April 1740 schrieb Abt Antonius von Admont an P. Balduin Gügkell in Mau tern, der Bildhauer „Stäml" habe gleich nach seiner Rückkehr von Mautern für den neuen Kreuzaltar den Riß mit Beisatz des Maßstabes gemacht®. Dieser Altar aber solle in Wien angefertigt werden,„da die Kinstler Und alle anderen Profehsionisten zahlreich gefunden werden,khöhte" solcher in Kurzer Zeit Verfertigt seyn,wo Unsere wenige guethe leuthe dem altar Vor Verlauf 1 1/2 Jahr in Vollkommenen Stand nicht seyen khönten". Auf einem undatierten Zettel bezeichnete Abt Anto nius Fr. Carl Popp als den „Directoren" des Kreuzaltars.P.Balduin setzte sich un verzüglich mit Fr. Carl in Wien in Verbin dung. Die respektvolle Anrede lautete: „Hochwürdiger in Gott Geistlicher und Hochgelehrter." Ob der Abt vermutete, wer den Altar stiften wolle, ist ungewiß. Jedenfalls trug er der Anonymität des Stifters Rechnung,als er am 22. Mai 1740 P. Balduin berichtete,er wolle wegen der hl. Messen am künftigen Kreuzaltar ein Decret„Vor dem derzeit unbekanten Gutthäter und dessen familia" abfassen las sen. Nachdem der Riß des Thaddäus Stam me!in Wien eingelangt war'", berechnete Fr. Carl ungefähr 550 fl. Herstellungsko sten für den Altar. Die Summe war be stimmt für 12 Professionisten; 2 Bildhau ergesellen, 5 Tischler- und Laubschnei dergesellen, 3 Vergolder- und „Plänirgesellen" und 2 Marmoriergehilfen. Am 12. Juni 1740 schloß Fr.Carl mit Ja cob Sladyk (Sladig), bürgl. Tischlermei ster und Laubschneider,aufdem Spittel berg zu Wien im Pelican wohnhaft,einen Kontrakt für einen Altar aus weichem Lindenholz,30 Schuh hoch und 15 breit, der bereits am 14. September, dem Fest Kreuzerhöhung, in Mautern aufgestellt sein mußte. Dazu 4 Leuchter,3 Kanonta feln, ein Kruzifix ohne Corpus. Samt ei nem Gesellen zum Aufstellen des Altars betrugen die Kosten 250 fl. Georg Carl Pachmann. Bildhauer auf dem Mariahilfergrund, wohnhaft im Weißen Schwan, erhielt den Auftrag,nach dem Modell von Thaddäus Stammel folgende Statuen an zufertigen: Maria, Johannes und Magda lena(5 Schuh und 3Zoll hoch),4 Kindlein (2 Schuh hoch),Gottvater mit 4 Evangeli sten(5 Schuh und 3 Zoll), eine Taube,ein Kruzifix ohne Stamm(9 Zoll). Als Liefer zeit wurden knappe 3 Monate ausbedun gen. Auch der Preis der Statuen war er staunlich niedrig: 90 fl. Der Vergolder Se bastian Schröffl und der Marmorierer Ge org Ludwig Prinz bekamen laut Kosten voranschlag vom 21.Juni 1740 den relativ hohen Betrag von 200 fl. Ein Laienbruder im Diensteiner Gräfin und dazu noch in solch einer Stellung war manchen ein Dorn im Auge". Fr. Carl Popp wurde von anonymer Seite „Verschidener übler Aufführung aufder Herr schaft Mannersdorf' bezichtigt. Zur Klä rung des Falles ließ die Gräfin Fuchs ein Verfahren einleiten. Am 21. November 1741 wurden durch den Verwalter der Herrschaft Mannersdorf Joachim Rausch die Anklagepunkte gegenFr.CarlPoppzu Protokoll gebracht.Ihm wurde vorgewor fen,er gehe mit den Leuten auf der Herr schaft grob um,so daß man ihn den „gro ben Schrollen"(mhd. Schrolle, Scholle, Klumpen)nenne.Auch hätte erdem Herrschaftsverwalter solche Grobheiten ange tan,daß dieser sich veranlaßt sah.zu resi gnieren. Außerdem habe er den Leuten mit dem Kotier gedroht. Damit er auf die Leute einen Druck ausüben könne, habe er Neuerungen eingeführt. Selbst habe er so gut wie nichts gearbeitet,sondern sich vergnügt. Die Leute ärgern sich über die Gräfin,daß sie den Frater aus St. Michael auf diesen Posten berufen habe. Die Zeugeneinvernahme verlief zugun sten des Fraters. Mädl,der durch 27 Jahre Gutsverwalter war, sowie der Kastner Carl Joseph Frexer, der HerrschaftsAmtsschreiber Franz Xaver Grether, der Herrschaftsjäger zu Mannersdorf Joh. Adam Flachmayr und der zu Sommerein Johannes Schrodt konnten über Fr. Carl Popp nichts Nachteiliges aussagen. Der Marktrichter zu Mannersdorf,Peter Putzr gab an, Fr. Carl hätte nie etwas Ärgerli ches getrieben. Auch gehe erjiie aus dem Herrschaftshaus - außer in die Kirche. Ähnliches bestätigte der Marktrichter zu Sommerein, Joh. Bapt. Paumanh. Der Marktrichter zu Hof,Johann Georg Paur, wurde gefragt,ob er gehört habe,daß die Untertanen den Herrn Fr. Carl „Verwuntschen" haben. Er gab zur Antwort: „Er wüßte nichts, außer daß einige Nachbahrn wegen der Robbath bey der Mühl geschmähet haben, welches sie aber bey allen Robbathen thetten". Die Aussagen, die die Schuldlosigkeit Fr. Carls bestätig ten, wurden vom Sekretariat des Land marschall-Gerichtes attestiert. Vom Kol leg St. Michael wurde eine vidimierte Ab schrift der Attestation an das Generalat nach Rom gesandt". Zugleich wurde eine anonyme Anzeige,die Fr.Carl der Brand stiftung beschuldigte, abgewiesen, da sie jeder Grundlage entbehrte. Um die Stel lung Fr.Carls auch seitens des Kollegs zu legalisieren, erteilte ihm der Propst von St, Michael,P.Don Ignatius Heidenreich, die Lizens, die Herrschaft Mannersdorf verwalten zu dürfen'®. Dieser Erlaubnis lag eine Absicht zu grunde. Die Kollegien in Österreich un terstanden bis dahin der Mailänder Pro vinz. Gelänge es, noch ein weiteres KoUeg auf dem Boden der habsburgischen Erb lande zu errichten,dann wäre der Weg frei für eine eigene österreichische Provinz. Hier setzte die Kongregation ihre Hoff nung aufFr. Carl Popp,dem Gutsinspek tor der Reichsgräfin Fuchs, die als Aya und Obersthofmeisterin einen nicht ge ringen Einfluß auf Maria Theresia aus üben konnte. Und da schien sich etwas in der Nähe von Mannersdorf, in der Herr schaft Margarethen am Moos, anbahnen zu wollen. Maria Cäcilia Gräfin von Harsch setzte sich noch zu Lebzeiten des dortigen Ortspfarrers in ihrer Eigenschaft als Herrschaftsinhaberin von Margare then am Moos mit dem Barnabitenfrater Carl Popp in Verbindung.Am 10. Dezem ber 1743 teilte sie ihm mit, sie habe „in großer geheimb Vernommen,das der Cartinal unsern pfarr Verpoten habe zu resignirn"'®. Nun müsse man die Königin dazu bringen,daß sie sich in diese Sache einschalte. Am 22. Dezember l743 gab sie ihrer Freude Ausdruck, dälJ Fr. Carl ihr Hoffnung mache. Am 5. Jänner 1744 wurde sowohl das Ordinariat als auch das 29

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