Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Heiligenverehrung in der Landschaft zwischen Schmida und Göiiersbach Die Wallfahrtskirche zum Heiligen Kreuz auf dem Kogelberg bei Groß-Weikersdorf Msgr.Karl Keck Zu den kleineren Wallfahrtsorten in un serer Landschaftgehörte die Kreuzkirche aufdem Kogelberg.Entstanden ist sie auf folgende Weise: Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges war vom passauischen Konsistorium in Wien an die Pfarren der Befehl gekommen, in jeder Pfarre sollten drei Kreuze mit der Auf schrift„Lob und Dank dem Friedensgott, der- uns erlöst aus Kriegesnot", gesetzt werden. Der Marktrichter und Fleisch hauer Thomas Wödl von Groß-Welkersdorf kam dieser Aufforderung nach und setzte 1651 auf einem Hügel, wo die Ge meinden Weikersdorf, Baumgarten und Rupperstal zusammenstießen und drei große Steine die Marken bezeichneten, ein derartiges Kreuz.Im Jahre 1692 kam der Gewölbediener(sein Name ist leider nicht bekannt)des Handelsmannes Chri stoph JohannPeer von Kirchbergam Wagram auf seinem Heimwege von OberHoHabrunn in ein Wetter.Er wurde so er schöpft,daß erfürchtete,seinletztesEnde seigekommen.AlserdasKreuzerblickte, gelobte er, eine Tafel mit dem Bild der Schmerzhaften Muttergottes am Kreuze anbringen zu lassen, wenn er gesund heimkäme. Als er dann die Tafel dem Pfarrer Michael Conte (1686/98)übergab, faßte dieserden Entschluß,statt des von Alter und Wetter mitgenommenen und abgewaschenen Kreuzes ein KapeUerl zu errichten. Der Patron der Pfarre, Graf FranzFerdinand von Enckevoirt,Freiherr zu Grafenegg,der bald darauf mit seinem Verwalter Johann Bartholomäus Rapp zum Pfarrherm aufBesuch kam,gab dazu gerne die erbetene Erlaubnis. Es fanden sich auch bald Wohltäter.Der Marktrich terJohann AndreasSaiffer,ein geborener Ober-Elsässer, hatte auf dem Schafberg vier Klafter Steine, die er beim Aufbau seines abgebrannten Hauses zu verwen den gedachte, liegen. Diese wollte er schenken.Herr Thomas Jakob Wödl ver sprach 1000 Ziegel und derPfarrer die Be zahlung der Maurerarbeit. Als aber im Sommer 1694 die Einwoh ner von Baumgarten und die von Rup perstal gegen den Bau, weil er angeblich aufihrem Grunde ausgeführt werden soll te, protestierten und mit Niederreißen drohten, entstand eine Verzögerung des edlen Vorhabens. 1696 riet der Dechant Garzawoll von Stockerau (Ob Bisamberger Dekanat)an,das Kreuz stehen zu las sen und auf dem nach Weikersdorfgehö rigen Kogelberg zu bauen. Und zwar auf dem Platze, wo die seit 1692 alljährlich stattfindende Mariazelier Prozession von den Teilnehmern des dritten Bittages ver abschiedet wurde. Es war ein herrlicher Punkt,der von Pulkau,Wartberg,Stocke rau und Wilhelmsburg aus sichtbar war. Saiffer wurde nun die Seele des Baues.Er brachte die vier(und noch zwei Klafter Steine), die er beim Kreuz an den drei Steinen abgelagert hatte, samt dem zu sammengeführten Sand aufdie Baustelle. Wödl stellte seine 1000 Ziegel hin. Georg Khuen gab fünf Gulden zum Kauf von Kalk und derPfarreracht Guldenfürden Maurer und den Tagwerker. Aber wo auf der Höhe Wasser nehmen? Ein starker Regen füllte am 16.Juli Gräben und Gru ben auf der Berghöhe mit etlichen hun dert Eimern Wasser. Nun konnte der Grundstein gelegt werden.Saiffer tat dies und gab drei Kupferkreuzer aus 1695 mit der Richtung gegen Mariazell, Grafenegg und Weikersdorf dazu. Am 4. August brachte der Pfarrer aller lei Reliquien,die von Saiffer selber an ei ner Stelle, oberhalb der das Gewölbe be gann,eingemauert wurden.Und nun fan densich täglich,ja oftstündlich Leuteein, um zu beten. Bald wurden Krücken auf gehängt,Wachsopfer dargebracht und et liche hundertGulden geopfert.Wegen des nahenden Winters wurde das Kapeilchen mit Laden verschlagen. Am 20. Septem ber kam die erste regelrechte Prozession unter Anführung des Kapuziners Pater Oswald (von Ober-HoUabrunn oder Tulln?). Weil die Kapelle allmählich zu klein wurde,so dachte man an eine Vergröße rung. Am 14. April 1707 weilten die Dechante von Stockerauund Krems mitdem Patronatsherm; in Sa. 4Ö Personen, auf dem Berge und zwei Wochen später wurdezum Ausheben der Grundfeste ge schritten. Den 26. Mai wurde der Grund stein gelegt und der Graf legte einen sit bemen Pfennig,der so groß war wie eine mittlere Kelchpatene und das Wappen und eine diesbezügliche Aufschrift trug, bei; der Bau wurde 1709, zwei Tage vor Maria Himmelfahrt,mitderSteckung des Kreuzes auf der Laterne der Kuppel be endet. Am 20. Oktober kam das heilige Kreuzvom alten aufden neuen Platz und am 3. Mai des kommenden Jahres feierte der Dechant von Krems im Beisein der Herrschaft und vieler Tausender daserste heilige Meßopfer in der Kapelle; zwölf Kanonen von Grafenegg gaben dazu Sa lutschüsse ab. Und jetzt setzten die Pro zessionen ein, und so blieb es bis zum traurigen Tag der Aufhebung. Die ersten mit Geistlichen und Fahnen kamen aus Rupperstal und Langenrohr(jenseits der Donau). In Langenrohr hatten 1742 die Kinder Matthias und Andreas der Maria Wittersperger in der hinfallenden Krank heit Hilfe erlangt und war 1725 Johannes Kopp gesund geworden, weil sie ein Ge lübde zum Heiligen Kreuz gemacht hat ten. In der ersten Liste der Wallfahrten, die im ersten Viertel des 18.Jahrhunderts kamen,stehen Mittergrabem,Meiseidorf, Ottental, Stamwört, Elsdorf, NiederRußbach, Stelzendorf, Königsbrunn, Amestal,Groß-Wiesendorf,Ober- und Unter-Them sowie KJein-Wiesendorf. Sogar von Kaltenbrunn im Wienerwald kamen Leute.1762opferte derSchreiberaufdem TaborvonWien,PeterErber,eine Votivtafel,weilerdurchsein Verlöbnisvonseiner Kopfkrankheit gesund geworden war. Besonders Zuflucht suchte m«in beim großen Viehumfall (1711), der die Ställe ausräumte.Dankwallfahrten gab es nach dem Pestjahr 1713 aus Nieder-Rußbach, Stelzendorf(500 und 209 Personen),Wei kersdorf, Breitenwaida, Mittergrabem, Kirchberg am Wagram (1423). Aus Stet teldorf und Absdorf kamen 800 Personen mit den zwei Seelsorgern, weil sie durch ihr Gelübde,zum Heiligen Kreuz zu zie hen,vom Schauer keinen Schaden erlit ten hatten.Zudiesen Prozessionenkamen später noch Altenwörth und Gigging, Neudeck,Fels,Radelbrunn,Hippersdorf, Zassenberg, Gösing, Neustift, Unter stockstall sowie Grübem (? „die Gribinger"). Auch Burgschleinitz kam, um so mehr,als 1726 die lahme Christine Lang eine merkliche Besserung ihres Leidens spürte. Die größten Feiertage waren: der Karfreitag und das Fest der Schmerzhaf ten Gottesmutter.Amletztgenannten Tag gab es um 700 Beichtleute. Die Wallfahrt zum Heiligen Kreuzund zur Schmerzhaf ten Muttergottes hat neben der großen Ausdehnung der Pfarre(Them und Wetz dorf waren damals noch eingepfarrt) ge wiß auch die Wiedererhebung der Kaplanei (der alten Frühmesse)und eine Zeit die Anwesenheit auch eines zweiten Ka plans notwendig gemacht.Am Karfreitag ging Groß-Weikersdorf nach den Zere monien in der Pfarrkirche auf den Berg, woselbst Predigt, Litanei und Schmerz hafter Rosenkranz gehalten wurde. Bei der Prozession wurde die Kreuzpartikel mitgetragen. ••'i -i Zum Heiligen Kreuz wallfahrtete die Pfarre noch am dritten Bittage; dabei wurde wegen des Wettersegens das hochwürdigste Gut mitgetragen. Zu Do nati(7.August)trugen bei der Prozession vier Knaben die Donatusstatue mit und fand aufdem Berge das zweite der wegen des Schauers von der Bürgerschaft ver lobten Ämter statt. Im Sommer 1762 versuchte ein mit An hängern aus Wien kommender Priester, Graf Karl Bucceleni, in die Kapelle zu kommen.Er gewann einige Jägerfür sich und wollte um Mittemachtin der Kapelle das Meßopfer feiern und dann mit dem Christophorusgebet den bösen Geistern gebieten, zu weichen. Sowohl der Orts pfarrer als auch der von Rupperstaldulde ten das nicht, und der sonderbare Schwärmerverschwand,ehedem Auftrag des Konsistoriums,ihn nach Wien zu lie fern,entsprochen werden konnte. Die Kapelle,die nur einen Altar besaß, wurdeeine Zeitlangvon Waldbrüdemaus dem Dritten Orden des hl.Franziskusvori Assisi behütet. Einer von diesen Einsied lern,BruderJosefGenessy,starbam Vor abend des Joschifestes 1772 in Weikers dorf Nr.85 als Greis von 77 Jahren. Kaiser Josef II., der allem Wallfahren abhold war und im Bestehen von Neben kirchen eine religiöse und finanzielle Ge fahrfür die Pfarrkirchen befürchtete,ließ im Jahre 1787 unser Kirchlein schließen. Es wurde abgerissen und nur ein Kreuz bezeichnet die Statte, zu der an den Nachmittagen der Fastensonn- und Feier46

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