Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

dürfte man sich schließlich aufeinen Per sonenkreis geeinigt haben, der sich aus Beamten und Dienern des Hofstaates zu sammensetzte, die zum Großteil außer halb der Burg in anderen Häusern der in neren Stadt wohnten xmd überdies meh reren Pfarrsprengeln angehörten. Jeden falls war der Jurisdiktionsbereich der Hofpfarre St. Michael schwierig zu über schauen. Resigniert bemerkt RudolfGey er": „Worin die Zuständigkeit der Mi chaeler Pfarre für diesen Personenkreis begründet ist, weiß ich nicht zu sagen." Die Ubergabe der Pfarre St. Michael an die aus Italien eingeschleuste Kongrega tion blieb nicht unwidersprochen. Frei lich wagte man sich nicht an die Person des Kaisers, dafür aber mußten die Barnabiten alsPrügelknaben herhalten.Nach ihren Angaben^'hatten sie von selten des Wiener Magistrats unsagbare Schwierig keiten sowohl wegen der Ubergabe der Grundbücher als auch wegen alles, was sich auf Kirche und Kolleg bezog. Doch war es nicht so, als ob der Wiener Magi strat alle Pfarreinkünfte zurückbehalten hätte. Die Satz- und Burgrechte, die zu St. Michael gehörten, wurden bereits am 18. August 1626 ausgefolgt^. Kardinal Melchior Klesl (1598-1630) hatte zur Übertragung der Pfarre St. Mi chael an die Barnabiten seine Zustim mung gegeben^^ Was hätte er auch nach den leidvollen Erfahrungen mit Ferdi nand II. tun sollen? Seine Offiziale waren aber anderer Meinung.Sie nahmen gegen die Barnabiten eine feindselige Haltung ein,von der auch der Kardinal nicht ganz unberührt blieb. Aber er war großherzig genug, ihren Seeleneifer anzuerkennen. Vor allem zeigte er Hochschätzung ge genüber P. D. Linus Vacchius, der seit 30. Maiin Wientätig warundP.D.Anaclet Sicca,der später in Mähren als Volksmis sionar wirkte^"^. Als nun Klesl in Wiener Neustadt in eine schwere Krankheit fiel, ließ er diese beiden Patres zu sich kom men.Kaum waren sie an sein Krankenla ger getreten, bat er sie bitterlich weinend um Verzeihung für die Kränkung,die ih nen zugefügt worden war.Er gab das Ver sprechen, falls Gott sein Leben verlänge re, wolle er nicht nur ihr Bischof,sondern auch ihr Vater sein^^ Zwar konnten die Mißverständnisse des Kardinals bezüglich der Barnabiten noch vorseinem Tod bereinigt werden,die Rei bereien mit dem bischöflichen Konsisto rium gingen weiter. Noch im Todesjahr des Kardinals (1630) führten sie beim Nuntius Klage wegen unbilliger Abtren nung vom Michaeler Pfarrdistrikt vor der Stadt^®. Auch mitden übrigen in Wien an sässigen Ordensgemeinschaften gab es wiederholt Konflikte. So wurde 1637 ein bischöfliches Dekret wider die Michaeler und Schotten Kuraten erlassen, weil sie bei den Begräbnissen „allerlei Zankhän del anfangen und sogar mit Steinen ein ander traktieren"^'. "Die Hetze gegen die Barnabiten aber erreichte den Höhe punkt, als bekannt wurde, Ferdinand II. habe am 6.Juni 1633 die reiche und ange sehenePfarre St. Martin in Mistelbach ih nen als ewigen Besitz ausgefolgt®". Das Konsistorium der Diözese Passau verweigerte zu dieser Schenkung seine Zustimmung.Die Auseinandersetzungen zogen sich fast durch drei Jahrzehnte hin. Wie ernst man in Wien diese Angelegen heit nahm, geht daraus hervor, daß der Hofkanzler persönlich die Schachzüge gegen Passau lenkte. Der Hofkanzler Johann Baptist von Werdenberg stand bei Ferdinand II. in hohem Ansehen. 1630 hatte er ihn in den Grafenstand erhoben. Werdenberg be kleidete die Würde eines Erbstallmeisters der fürstlichen Grafschaft Görz und war wirklicher geheimerRatbeiFerdinand II. und III.®'.:Er warüberausfreigebig gegen Klöster und Kirchen im In- und Ausland und stets hilfsbereit gegen die Armen.Die Barnabiten bezeichneten ihn nach dem Kaiser als ihren größten Wohltäter. Und mitRecht;denn er war es letztlich,derih nen den Weg nach Mistelbach frei mach te®®. Ersorgte dafür,daß Passau von oben her unterDruck gesetzt wurde.Zudiesem Zweck ließ der Kanzler seine Verbindun gen nach Rom spielen. Ja er zahlte sogar die Kosten, die damit verbunden waren, aus seiner eigenen Tasche. Den Gesand ten Sabellius wies er an, die Empfeh lungsschreiben an Urban VIII.in gefällige Form zu bringen.Herr Mutmann,Auditor der Rota Romana wurde veranlaßt, mit Entschiedenheit die Partei der Barnabi ten bei Urban VIII. zu ergreifen, damit schon im voraus die Schwierigkeiten,die eventuell der Passauer Bischof bereiten könnte, beseitigt werden. Dieser Aktion war eine umfangreiche Durchforschung aller in Frage kommen den Archive vorangegangen.Der Kanzler setzte in den von ihm ausgeführten Schreiben alle jene Urkunden in Paren these, die ihm als beweiskräftig erschie nen. Der Registratur Georg Rudolf von Fridenreich hob diese aus und fügte sie dem Schreiben bei. Aber nicht nur des Kanzlers Handlanger in Rom wurden mit Beweismaterial versorgt, auch den Bar nabiten wurden nützliche Informationen zugespielt.So teilte ihnen Fridenreich alle Schriften, die mittelbar und unmittelbar mit Mistelbach zu tun hatten, unentgelt lich mit.Gab es Schriften,die erim Origi nal nicht ausfolgen durfte, erbat er sich vom Kaiser die Erlaubnis, nach Informa tion des Kanzlers, für sie vidimierte Ab schriften ausfertigen zu dürfen. Bis zu seinem Tod, der am 16.Februar 1644 er folgte®®, war Georg Rudolf von Friden reich den Barnabiten eine starke Hilfe im Kampfum die Pfarre St. Martin in Mistel bach. Das erste Wiener Barnabitenkolleg war der alte Pfarrhofvon St. Michael®^ Er lag am Kohlmarkt an jener Stelle, wo sich heute das Große Michaelerhaus befindet. An diesen Pfarrhof grenzte ein Haus,das sich-wenn man der Uberlieferung Glau ben schenken darf- der Küchenmeister des hl. Markgrafen Leopold (1095-1136) hatte errichten lassen. Im Volksmund hieß es das Brassicanische Haus®®.Da der alte Pfarrhofsich kaum für ein Kolleg eig nete,so kaufte Stephan Abissi,ein reicher Handelsherr und Freund der Barnabiten, dieses Haus unter seinem Namen und schenkte es denselben. Zusätzlich zahlte er auch noch alle damit verbundenen Ta xen. Doch hatte das Haus einen Schön heitsfehler: es trug die Last des Hofquar tiers. Wiederum kam Johann Baptist Graf v. Werdenberg zu Hilfe, er setzte beim Kaiser die Befreiung von dieser Last durch. Dieser Gunsterweis wog um so mehr,da dieses Gebäudein unmittelbarer Nähe der Hofburg lag und der Kaiser im Bedarfsfalldringend Quartiere fürdas Mi litär, aber auch für seine Gäste mit ihrem Troß benötigte. DemihnenseitBeginn ihrerTätigkeitin Wien mehr als wohlgesinnten Kanzler Joh.Bapt. Graf v. Werdenberg ließen sie völlig freie Hand,als er 1627/29 bei Errich tung eines Erbbegräbnisses für sich und seine Familie die nördliche Apsiskapelle der Michaeierkirche derart im Sinne des Barocks umgestaltete, so daß man erst nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckte, daß „der gotische Altbestand vollkom men erhalten isf'j^- Ein großer Gewinn für das Kolleg St. MichaelwarderzuComogeboreneP.Don Marcus Malaguzirus®®.Er kam am 2.Sep tember 1626 nach Wien und traf hier sei nen ehemaligen Mitschüler und Freund Ponzone,der es in seiner Wahlheimat zu Ansehen und Reichtum gebrachthatte.Er war sowohl kaiserlicher Rat als auch Hochfürstlich Salzburgischer Rat®®. Dieser Dr. utriusque juris Fabius Ma ximusPononusdePonzonis®'wurde einer der größten Wohltäter der Barnabiten. Um Kardinal Harrach nicht ganz zu ent täuschen,schenkte Ferdinand II. 1627 die KircheSt.Benediktaufdem Hradschinzu Prag den Barnabiten. P.D. Florius Cremona,derseinerzeitschon für die Mission in Böhmen bestimmt worden war, über nahm sie am 11. Oktober 1627 im Namen seiner Kongregation"'®'. Sofort trug auch Ponzone seinen Teil für diese Neugrün dung bei,er übergab den Barnabiten ein Haus nicht weit weg von Strahoff. Ein ge wisser Maximilian Pirenz hatte seinerzeit einen Fonds mit einem Kapital von 4500 fl. errichtet,über denPonzone verfü gen konnte. Er ließ den Barnabiten zu nächst den Fruchtgenuß davon zukom men.1630 gab er ihnen aus diesem Fond 900 fl. und aus den Einnahmen des Salz amtes (a Praefectura Salis) 600 fl. Über dies machte er dem Kolleg St.Michaelein schönes Haus mit Garten im Schätzwert von 3000 fl. in Währing zum Geschenk. Aber auch um das leibliche Wohl einzel ner Barnabiten war er besorgt. Als 1632 einige Patres nach Italien berufen wur den, ließ er 116 Eimer erlesenen Weines verkaufen,damitihnen fürihre Reise eine ausreichende Wegzehrung zur Verfügung stünde. Ganz großzügig bedachte er das Kolleg St. Michael in seinem Testament. Sie erbten eine Reihe möblierter Häuser und Stallungen, und zwar: in Wien ein Haus in der Gasse „vulgo Weyburg" (Weihburggasse),ebenso eines in Hezellstorff (Hetzendorf), femer in Himberg Weinberge und Gärten, in Waltelsperg (Waldlesberg) bei Traismauer eine noble Behausung mit Weinbergen,Äckern und Gärten.Als Ponzone 1640starb"*',nahmen die Barnabiten ihren ,,Maximus Benefactor" in ihre eigene Begräbnisstätte in der Michaelerkirche auf. Am 16.Juni 1640 er folgte die Confirmation des Barnabitengenerals wegen des dem Kolleg vermach22

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