Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

ging man wieder zur Führung von Ge samtprotokollen über. Diese weisen fol gende Ordnung auf®: 1. Rathssessionen: Hier wurde die Prä senz der Räte bei den Sitzungen des Kon sistoriums festgehalten. 2. Bischöfliche Befehle: Unmittelbare Dienstaufträge des Passauer Bischofs an das Officialat und Entscheidungen in Rechtsfallen,die wegen ihrer besonderen Bedeutung dem Ordinarius vorbehalten waren. 3. Hof- und Regierungsdekrete: Ver ordnungen der Hofstellen und der niederösterreichischen Regierung, meist in geistlichen Angelegenheiten. 4. Präsentationen: Vorschläge der Patronatsinhaber für die Besetzung vakan ter Pfarren und Benefizien und die Ent scheidungen des Konsistoriums über diese. 5.Pfarrsachen: Unter diesem Titel wur den alle seelsorglichen, aber auch weltli chen Angelegenheiten der Pfarren be handelt Das Spektrum reicht dabei von Ablaßbreven bis zu Zehentstreitigkeiten. 6.Inquisitionssachen:Berichte über die aufgrund verschiedener Anzeigen und Mißstände durch Beauftragte des Konsi storiums durchgeführten Untersuchun gen und Beratung der notwendigen Ge genmaßnahmen. 7. Cridasachen: Testaments- und Ver lassenschaftsangelegenheiten der Geistli chen; hier wurden oft auch Testaments abschriften eingetragen. 8.Schuldsachen:finanzielle Streitigkei ten. 9. Ehesachen. Ab 1684 wurden die Pfarr- und Inquisi tionssachen, ab 1687 die Crida- und Schuldsachen zu einer Rubrik zusam mengefaßt.Ab 1724 wurden die Bischöfli chen Befehle, die Regierungsdekrete und die Präsentationen ebenfalls unter die Pfarrsachen gereiht. Ab 1749 finden sich im Anschlußan diePfarrsachen die„Catalogi ordinatorum",die die Weihekandida ten im Officialat unter der Enns verzeich nen; diese Kataloge wurden bis 1775 ge führt. Seit dem Jahr 1680 weisen alle Proto kolle alphabetische Indizes auf; diese wurden nur nach den Antragsstellern, nicht aber nach Stichwörtern geordnet. Dabei gibt es für jeden Betreff(Pfarrsa chen,Ehesachen usw.)separate Indizes. Die Protokolle wurden im 16.Jahrhun dertfast ausschließlichlateinisch,ab etwa 1600 teils lateinisch,teils deutsch,ab 1640 deutsch geführt. Zu beachten ist, daß bis 1649 nach dem Nativitätsstil datiert wur de; der 25.Dezember 1505 ist daher nach heutiger Zählung als 25.Dezember 1504 aufzulösen'. Neben den eben besprochenen Ge samtprotokollen gibt es auch viele Einzelprotokolle; solche wurden etwa über besonders lang währende Rechtsstreitig keiten geführt; dazu gehören das Proto koll über den Eheprozeß der Baronin Ma ximiiiana Unverzagt gegen Adam Lampl super nullitate matrimonii (1649-1656) und das Protokoll über den Rechtsstreit zwischen Johann Adam Gans von Herbishaim und Johann Georg Reycowitz und Catharina Polixena Schauer, geb. Reycowitz,in einer Verlassenschaftsange legenheit. Uber alle Angelegenheiten,die Pfarren, die Klöstern inkorporiert waren,undson stige Jurisdiktionsstreitigkeiten zwischen exempten Prälaten und dem Ordinarius betrafen, wurden Kopialbücher geführt; dabei wurden auch oberösterreichische Pfarren und Klöster berücksichtigt. Das erste derartige Kopialbuch reichtvon 1675 bis 1721,das zweite von 1675 bis 1765. Für die Geschichte der Pfarren sind die Bücher über die Einsetzung der Geistli chen besonders aufschlußreich. Für die zweite Hälfte des 16. und die erste Hälfte des 17.Jahrhunderts ist ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis der neuinvestier ten Pfarrer erhalten; es umfaßtleider nur diePfarren des Buchstabens D.Ein ähnli ches Verzeichnis aus der Mitte des 17.Jahrhunderts gibtes auch für diePfar ren desBuchstabensA.FürdieJahre 1671 bis 1694 und 1716 bis 1783 gibtes mehrere Protokolle, die die „confirmationes Parochorum" zum Inhalt haben; in diese wurde in chronologischer Ordnung die Einsetzung neuer Pfarrer eingetragen. Ahnliche Bücher wurden auch für die Kooperatoren (1686-1735) und über die für Privatkapellen erteilten Meßlizenzen (1689-1695)geführt.Schließlich gibtesein „Einschreibbuch über die seriesParochorum", das alphabetisch nach Pfarren ge ordnet für das 18.Jahrhundert(bis 1785) die jeweiligen Pfarrer verzeichnet. Ein AdvokatenprotokoU, das von 1666 bis 1747 reicht, handelt über die Bestal lung der Advokaten des Passauer Officialats in Wien. Ausdem Jahr1641 stammtein gedruck tes Directorium fürdieLanddechantenim Officialatunterder Enns.Von den Officialen Dr. Damian Inama (28.Dezember 1642-1645)'" und Anton Graf von Losen stein (1684-1692) sind handschriftliche Formularien erhalten, die auch von ihren Amtsnachfolgern verwendet wurden.Im Formularium Inamas sind die„Forma Installationis Praelatorum"-das Formular wurde hier für die Installation Rudolph Mülners als Propst von Klosterneuburg im Jahr1643ausgefüllt-und die„Installatio ad saecularem praeposituram",für die die Installation des Olmützer Domherrn Laurentius Rudawski auf die Propstei Eisgarn durch den Official Jodocus Höpffner (1659-1671) als Beispiel ge nommen wurde, von besonderem Inter esse. Auch verschiedeneBistumsartikel wur den 1788 an das Erzbistum Wien über geben. Seit dieser Zeit besitzt das Diözesanarchiv Wien vier Abschriften der soge nannten „Passauer Konsistorialmatrikel von 1429"" und ein umfangreiches Frag ment der „Officialatsmatrikel"'^ Erst aus dem 19.Jahrhundert stammt eine Ab schrift der„Schottenmatrikel von 1476" Ebenfalls 1788 wurden vom ehemaligen Passauer Officialatin WienzweiMatrikeln aus den Jahren 1659 und 1666 übernom men; diese betreffen nur das Officialat Unter der Enns'"*. Noch im 16.Jahrhundert wurde ein Verzeichnis der Lecturae,Beneficia,Mes sen und Pfarren in Wien,im Viertel Unter dem Wienerwald und Unter dem Manhartsberg verfaßt; es liegtjetzt gleichfalls im Wiener Diözesanarchiv. Um 1700 wurde ein Verzeichnis der Einkünfte der Pfarren im Officialat Unter der Ennsange legt. Schließlich wurde im Jahr 1738 ein „Catalogus parochiarum cum earundem Patronatu ad Episcopatum Passaviensem in inferiori Austria pertinentium" ange fertigt;diesernenntjeweils diePfarre,den Patron und den Pfarrer. Sehr wertvoll sind zwei Testamenten bücher aus dem 16. Jahrhundert, die ebenfalls an das Erzbistum Wien gekom men sind. Das erste umfaßt die Testamendeder Geistlichen des Officialats Un ter der Enns in Abschriften für die Jahre 1550 bis 1559; außerdem enthält es kaiser liche Mandate in Religionssachen aus den Jahren 1560 bis 1564. Das zweite Testa mentenbuch reicht von 1560 bis 1618. Beide Bücher werden durch Register er schlossen. Erhalten geblieben istauch ein inBuch form vorgelegter Visitationsbericht über das Dekanat an der Leitha aus dem Jahr 1710. Zu nennen sind auch verschiedene Steuer- und Rechnungsbücher für die Jahre 1655 bis 1660 bzw. 1681 bis 1689. Mathaeus Rott, ein ehemaliger Notar des Passauer Officialats in Wien,verfaßte verschiedene „Notata", in denen er mit großem Fleiß zu verschiedenen Jurisdik tionsstreitigkeiten bzw. den exempten Prälaten anderseits aus dem Officialatsarchiv einschlägige Präzedenzfälle aus dem 16.Jahrhundert verzeichnete. Schließlich sind noch verschiedene Inventare und Repertorien, diezum Officialatsarchiv angelegt wurden,"zu bespre chen:DasältesteInventarstammtausdem Jahr 1850 xmd wurde wohl beim Amtsan tritt Melchior Klesls als Passauer Official in Wien angelegt. Die ältesten Ratsproto kolle, die hier verzeichnet werden (1495-1497,1501-1503)fehlenjetzt,ebenso die hier genannten Protokolle für die Jahre 1508 bis 1511 und 1534 bis 1540.Die Akten wurden nach Officialen verzeich net. Den Anfang bilden dabei die Akten aus der Amtszeit des Officials Laurentius Glüngl(1556-1560).DasVerzeichnisendet mit den Akten des Officials Thomas Raidel (1575-1580), des unmittelbaren Vor gängers Klesls. Da das Verzeichnis den Inhalt der Akten meist in Stichworten wiedergibt,darfesin manchenFällen alswenn auch bescheidener~ Ersatzfür ver lorene Akten angesehen werden. Das nächste Archivinventar wurde erst im Jahr 1706 verfaßt. Ein Vergleich mit je nem von 1580 zeigt, daß bereits damals manche Bücher und Akten,die 1580 noch vorhanden waren,fehlten. Dies gilt leider auch für die schon genannten Ratsproto kolle der Jahre 1495-1497, 1501 bis 1503 und 1534-1540. In der Einleitung legte derVerfasser des Inventars von 1706 auch seine Ordnungs prinzipien dar; so heißt es über die Pfarr sachen:„Hierauffolgen die Pfarr-Sachen in ordine Alphabetico und seindt die acta jeder Pfarr soviel es sich thuen lassen, in diesem modum eingerichtet worden,daß nemblichen Primo die temporalia, realia und Stiftungen, dann auch die consens und leibgeding, item permutationes et 18

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