Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Sprache hergeben sie dem heutigen Men schen nicht mehr viel, was nun nicht hei ßen soll,daß dies nicht alles fürdenHistoriker oder Interessenten wertvoll ist, um einen Einblick in frühere Zeiten zu be kommen. Möge das alles bedenken, wer vorhat, sein Material an Jüngere weiler zugeben-in seinem Interesse und im In teresse derer, die es sichten müssen. Martin Krexner NS:Biographisches. Geb.am 9.8.1909 in Wien, trat Bischof am 7. 9, 1929 in die Gesellschaft Jesu in St.Andrä im Lavanttal ein. empfing am 10.3. 1940 die Prie sterweihe. Die Stationen seines Ordensle bens waren PuUach,der Freinberg(Linz), „Der Sündenfall" Innsbruck, Steyr, Kaprun, Wölfnitz, Kla genfurt. Laxenburg und die Häuser der Gesellschaft Jesu in Wien. Von 1940 bis 1943 leistete er den Kriegsdienst bis zu seiner Entlassung als wehrunwürdig,weil Mitglied der Gesellschaft Jesu; 1951-1956 war er Diözesanmännerseelsorger und Assistent der KA-Männer in Klagenfurt; in der Canisiuskirche, Wien 9, wirkte er von 1958 bis 1964 als Prediger, Beichtva ter, Exerzitienleiter, Kongregationsprä ses. von 1964 bis 1976 als Pfarrverweser. Der glühende Marienverehrer war 23mal mit Krankenpilgerzügen in Lourdes. Er starb am 28. November 1981(Todesanzei ge). Dr.F.L. Eine Plastikgruppe an der romanischen Kirche von Schöngrabern in Nö (Fortsetzung von voriger Nummer) DDr.JosefLieball Der Beitrag in Nr.3 vom 1. Dezember 1981 dieser Blätter: .X>ie drei Apostel in der romanische Kirche von SchöngrabenT'hattebereitsaufdenPlastikenzyklus außerhalb der Kirche kurz hingewiesen, ohne aber näher daraufeinzugehen. Eine dieser Plastiken genauer zu be trachten, gleichsam sie unter die Lupezu nehmen, möge nun hier erlaubt sein. Da für die meisten Leser dieser Zeilen ein Besuch der genannten Kirche in Schöngrabern und eine solche In-Augenschein-Nahme der Figuren an Ort und Stelle und mit den entsprechenden tech nischen Mitteln nicht oder doch nicht als bald möglich sein dürfte, können für die folgende Betrachtung die hervorragenden Photos in den beiden Werken von Rupert Fcuchtmüllen „Die steinerne Bibel von Schöngrabern",Wien 1962und 1979,beste Dienste leisten. Die Hinweise darauf ste hen im folgenden Text jeweils unter der Abkürzung;RF62-RF79.Diekleinen illu strierten „Führer" dürften freilich kaum genügen.Damit muß gleichzeitig aufden umfassenden und mit aller wissenschaft lichen Akribie dargelegten Text zum ge nannten Objekt in den beiden Büchern hingewiesen werden. Die Ergebnisse der Studien dürfen nicht übersehen werden, und werden hier zum Gutteil vorausge setzt. Da nun diese Ergebnisse der bisherigen Forschungen über die Apsisplastiken der Kirche dazu führten,diese als Darstellun gen von wichtigen Berichten der Bibelzu werten und zu deuten, beginnen die Be trachtungen anerkannterweise mit jener Gruppe, deren Figuren jeden Besucher alsbald auf das erste Menschenpaar der Bibel verweisen: auf,,Adam und Eva im Paradies". Mögen alle anderen Plastiken noch so rätselhaft und geheimnisvoll in ihrer Ikonographie erscheinen, bei der Deutung der Adam-Eva-Gruppe scheint es keine Schwierigkeiten zu geben. Jeder Mensch,und sicherjeder Europä er,auch wenn er nur wenigeStunden Re ligionsunterricht genossen und nur we nige Abschnitte der orthodoxen Bibelder Christenheit gelesen hätte, weiß oder glaubt jene Texte wortgenau zu wissen, die von den ersten Menschen und ihrem Schicksal berichten, und wie sie in die Sprache dos Bildes umgesetzt werden können und müssen. Ungezählte Künstler der Jahrhunderte haben diese Erzählungen der Bibel an Wänden, auf Leinwand und Tafeln und auch in Stein und vor allem in Buchillu strationen vor die Augen der Betrachter gestellt. Allerdings mag es manchen Betrachter der Adam-Eva-Gruppe an der Kirche von Schöngrabern bei näherem Hinsehn auf fallen, daß diese „Steinerne Bibel" nicht mit Darstellungen der Schöpfungsge schichte beginnt, sondern erst mit dem „Sündenfall" der ersten Menschen. Von ihrer Erschaffung ist hier nichtszu sehen. DieseTatsache muß wohleinen oderauch mehrere Gründe haben. Jeder rechte Bibelieser darf nach dem Wanun fragen. Warum beginnt diese „Steinerne Bibel", wenn sie schon als Bibel benannt werden will und soll, mit der Übertretung des strengen Gebotes Gottes: „...vom Baum aberder ErkenntnisdesGutenund Bösen des Gartens darfst du nicht essen..." (Genesis 2, 17). Hat der Künstler,der Bildhauer des 13. Jahrhunderts, der diese Gruppe dem Stein entlockte, eine gekürzte Bibel vor Augen gehabt oder auch eine, die von da maligen Bibelkennern revidiert worden ist? Jedenfalls läßt er den Ursprung des Menschen,seinen Eintritt ins Leben un erwähnt, zeigt ihn nicht durch ein Bild werk. Essei hier die Frageerlaubt: Was müßte es bedeuten, wenn Michelangelo in der Capella Sistina die Darstellungen der Bi bel nicht mitderSchöpfung und Erschaf fung des Menschen begonnen hätte, son dern auch erst mit dem Sündenfall? Emerich Schaffran reduziert in seiner „Kunstgeschichte Österreichs" (Wien 1948, S. 82) in seiner Beurteilung der Bildwerke von Schöngrabern diese auf „tiefen und satyrischen Ernst des Inhalts voll echt österreichischen Witzes und in der Form von einer geradezu bäuerlichen Derbheit". Damit ist freilich um das Rät sel der Aussage, um ihre Ikonographie, und natürlich auch nichts über „unsere" Figurengruppe an Deutung gewonnen. Somit wird es angezeigt sein, nicht mit den Worten derBibeloderden Meinungen der Autoren die Betrachtung der Figuren gruppe „Der Sündenfall" anzusetzen, sondern allein das Bildwerk selbst spre chen zu lassen,ohne die Figuren schon in das Schema Adam-Eva einzuordnen. Da ihnen der Künstler keine Namen gab,sol len sie auch hier noch keine tragen und nur als Mann und Weib „behandelt" wer den, die durch ein Bäumchen von einan der getrennt stehen. Aus der Hand des Künstlers wie jedes vollendete Kunstwerk entlassen, ist es selbständig und in seiner Einmaligkeit fä hig geworden, über sich selbst alles aus zusagen, was ihm der Künstler eingab. Wohl kann sich dieser wie alle Menschen irren, aber das Kunstwerk als solches kann sich nicht zusätzlich irren in der Darstellung dessen,wasihm der Künstler eingab. Es wird für immer seinen Fehler mit Wahrhaftigkeit bezeugen. Wie schon angezeigt,soll an Hand der ausgezeichne ten Photos in RF 1962: SS. 94, 95,96, 97 und RF1979:SS.106,114-116die Betrach tung und ikonographische Aussage der Gruppe vom „Sündenfall" versucht wer den. Wie angedeutet, besteht diese Gruppe aus einem Mann und einem Weib und ei nem Bäumchen zwischen beiden und zwei anderen Figuren: einer häßlichen Gestaltan der Seite des Mannes und einer schlangenartigen Tiergestalt an der Seite des Weibes,die allerdings schwer beschä digt ist Da sich beide Mensch^ mit d,ep Früchten des Bäumchenszu schaffen ma chen oder,schon machten, wie das Weib, könnte die ganze Gruppe mit einem ge wissen Recht,als „Darstellung des Sün denfalls der ersten Menschen im Para dies" nach dem Bericht der Bibel angese hen werden. Bei genauem Hinsehen fallt, wie schon vermerkt, auf, daß zwischen den beiden Menschen eigentlich kein Baum,sondern ein „Bäumchen" steht, das kaum ihre Körpergröße übersteigt, und eher als Zwergbäumchen deklariert werden wilL Noch auffalliger an ihm als seine Maßeist die Form seines Wuchses, der geradezu kunsthandwerklich gestaltet ist. Aus ei nem mit Fleiß und Können geflochtenen halbkugelförmigen Knäuel von Ranken schlingen sich seine schlanken Zweige symmetiisch geordnet empor, an denen ebenso wohlgeordnet zierliche Blätter und Früchte hängen.Man könnte diese als eine Art Edelfrüchte bezeichnen, die mit Recht an diesem edlen, nicht nur veredel ten Gewächs sprießen. Soll dieses Künstlerbäumchen wirklich jenen Baum des Pardieses darstellen können und wollen,von dem esin der Ge nesis 2, 16-17 heißt: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen. Vom Baum der ErkenntnisdesGuten und Bösen aber darfst du nicht essen."? Jeder Betrachter des Bildwerkes wird ohne jedes Beden ken diese Frage mit einem klaren „Ja!" beantworten wollen.Allerdings mag doch auch auffallen,daß diesesedle Bäumchen in seinem Gezweig keine Schlangenge stalt-als den Versucher birgt, wie.die mei14

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