Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

St. Georg Zur Geschichte der Heiligenverehrung in der Landschaft zwischen der Schmida und dem Göllersbach Msgr. Karl Keck Noch lange wird vielen Bewohnern des Dekanates Stockerau in schöner Erinne rung sein der erste Bekenntnistag der ka tholischen Jugend,dernach dem Zweiten Weltkrieg zu Siemdorfim Schloßpark ab gehalten wurde.Den Höhepunkt des Ta ges machte ausdasSpiel vom heiligen Rit ter Georg. Es begeisterte für das Reine und Rechte,daß man dafür mutig eintrete und ihm tatkräftig zum Sieg verhelfe. Uberden Heiligen weiß msin wenig,nur, daß er ein hochgestellter Offizier des rö mischen Heeres war und mit anderen um 303 im Heiligen Lande den Martertod ge funden hat.Sein Blutzeugnis machte aber solches Aufsehen, daß schon im 6. Jahr hundert in Italien allenthalben Georgs kirchen und -klöster zu seinen Ehren be standen. Wallfahrer ins Heilige Land wa ren auch später noch die Bannerträgerder Georgiverehrung.So erwählte dertapfere König Englands,Richard Löwenherz,den heiligen Rittersmann zum Schutzpatron seines Kreuzzugheeres. Dieser König steht auch zu unserem Viertel in einiger Beziehung. Vor Ptolomais hatte er den österreichischen Herzog Leopold tödlich beleidigt, weswegen dieser den König,als er verkleidet durch Osterreich heimzog und in Erdberg bei Wien erkannt und ge fangengenommen ward,als Häftling nach Dümstein abführen ließ. Die Eskortie rung des hohen Staatsgefangenen wird den Weg wohl über die Taborbrücke nach Stockerau und dann entlang desWagrams in die Wachau genommen haben.Und mit dem Lösegeld hat dann der Herzog u. a. auch die Mauern der neuen Grenzfestung Laa aufführen lassen. Im Mittelalter werden dem heiligen Rit tersmann St. Georg neben dem heiligen Pankratius und der heiligen Katharina gerne Burgkapellen geweiht.So bestand eine Georgskapelle in der alten Burg auf dem Leopoldsberg.Uberhaupt wird erein Liebling des Volkes und rückt auf zum Mitglied der 14 Nothelfer.Bis ins 19.Jahr hundert heraufist der Georgitag ein wich tiger Zinstag: die Untertanen leisten da die erste Hälfte ihrer Geld- und Natural abgaben. Auch heute noch tritt in nicht wenigen Kirchen am Georgitag die Som mergottesdienstordnung in Kraft. Das Fest des Heiligen wäre am 23., ist aber in der Erzdiözese Wien am 24., weil am Vortage das Gedächtnis der 1340 er folgten Weihe des Stephansdomes gefei ert wird. Das Volk hat sich diese Umle gung so zurechtgelegt, der Heilige hätte auf seiner Reise nach Österreich in der Steiermark übernachtet und sei erst am 24. nach Niederösterreich gekommen. In unserer Landschaft treffen wir nur zwei Georgikirchen an.Die eine stehtganz nahe dem Ursprung des Göllersbaches, unweitder Georgskirche von Wullersdorf, die um 1100 die erste Pfarrkirche vieler heutiger Pfarrdörfer bis an die mährische Grenze gewesen ist, in Aspersdorf. Sie stammt aber nicht aus der obgenannten Pfarre, sondern gehörte einst zur nahen Mutterpfarre Eggendorf im Tale und dürfte bald nach 1200 aus dieser ausge schieden sein. Das Dorf hieß damals Espinsdorf und mag seinen Namen,so fern er nicht von Einwanderern aus dem Reiche mitgebrachtworden ist,von einem Personennamen Espo haben und ist ein Espines (Espeins)dorf. Espersdorf hieß übrigens einst auch'das heutige Grafenegg. Der 1433 genannte Hof Espersdorf wurde bald danach zur Burg Neu-Wolfen reut ausgebaut, erhielt von 1454 den Na men Techenstein und etwa hundertJahre später von dem aus Steiermark einge wanderten Ulrich von Grafenegg, einer bedeutenden politischen Persönlichkeit, den heutigen Namen. Ab 1477 hieß das Schloß, da es kaiserlicher Besitz gewor den, wieder Neu-Wolfenreut und auch Espersdorf; von 1495 bis 1534, da es der Familie Hardegg gehört, aber Neu-Stettenberg. Die Pfarre Aspersdorf gehörte im Mit telalterzum großen Dekanate St.Stephan aufdem Wagram (Kirchberg),später liegt sie in dem zu Gars und im 17.Jahrhundert im Dekanate Ob dem Bisamberg.Sie um faßte in alter Zeit die Dörfer Wieselsfest, Ober-Stinkenbrunn (bis 1783), Aschendorf und Hart(bis 1782), Hetzmannsdorf (bis 1750)und Klein-Stetteldorf(kam 1782 zu Eggendorf und wollte 1804 wieder zu rück); 1773 hätte Roggendorf eingepfarrt werden sollen. Der Gründer der Pfarre scheintein Mit glied des im Dorfe ansässigen Edelgeschlechtes gewesen und die Kirche aus einer Burgkapelle hervorgegangen zu sein. Merkwürdig ist, daß es 1592 heißt, daß die Kirche und Pfarre aufdem Grund und Boden derGrafenzu Hardegg,die vor 1589 diesen samt drei Halblehenwirt schaften in Aspersdorfvon derHerrschaft Idolsberg am Kamp eingetauscht hatten, stehen und diesen acht Pfennige Burg rechtdienst zu leisten haben. Zur Kirche stiftet die Gemeinde 1487 eine Frühmesse,also einen zweiten Geist lichen. Kurios ist im Stiftbriefe die Be stimmung, der Pfarrer müsse alljährlich dem Schulmeister für seine Dienste ein Paar Halbstiefel im Werte von 60 Pfenni gen geben. Die Pfarre wurde im 14. Jahrhundert durch die Herren von Liechtenstein ver geben, 1452 treffen wir die Puchheim auf Winkelberg bei Kirchberg am Wagram und dann die auf Göllersdorf als Patrone an; sie werden dann von denjetzigen,den Grafen Schönbom und Buchheim abge löst. 1686 bestanden in der Kirche außerdem Hochaltar St. Georg auf der Epistelseite ein Altar zu Ehren des hl. Sebastian und auf der Evangeliumseite ein solcher der hl. Katharina; 1704 ist der letztere schon durch einen zü Ehren der Muttergottes abgelöst.1718 bis 1721 erfolgt dergründli che Umbau nach Plänen des berühmten Johann Lukas von Hildebrandt, dem das Schloß Schönbrunn und die Kirche in Göllersdorf und Stranzendorf ihr Entste hen verdanken. Das Hochaltarbild, das wie in Stranzendorf von Engeln gehalten wird,istein WerkdesWienerSchmidt,des aus Böhmen stammenden Johann Georg, der viel für Klostemeuburg und auch für Stetteldorf gearbeitet hat,aus 1730. Später ist der Sebastianaltar durch ei nen zu Ehren des hl. Joh. Nepomuk er setzt; 1761 heißt es, die Konsekration der Kirche und der Altäre sei vom Herr schaftsbesitzer, dem Grafen Karl Fried rich Schönborn,derBischofvonBamberg war, vollzogen worden und das Kirch weihfest wird alljährlich am 17. Sonntag nach Pfingsten gefeiert. Vom 1749im Ru hestand verstorbenen Pfarrer Johann Ge org Neugebauer erbte die Kirche 1000 Gulden; damit sollte die Kirchhofmauer erstellt werden. 1783 wurde dasBild deraufkaiserlichen Befehl abgerissenen Mariabründlkapelle zu Ober-Stinkenbrunn in die Pfarrkirche Aspersdorfübertragen.Von 1759 bis 1777 stand der Pfarre vor der aus Andernach am Rhein stammende Johann Michael Reff,der als Dompropstzu Linzgestorben ist. Er brachte den Pfarrhof um 20.506 Gulden 17 Kreuzer in die heutige Gestalt und stiftete am 17. Jänner 1789 für die Be kleidung von zwei armen Knaben der Pfarre 1400, für die immerwährende Brennung desEwigen Lichtes300und zur Aufbesserung der Bezüge des Seelsorgers in Ober-Stinkenbrunn 300 Gulden. Die zweite Georgskirche in unserer Landschaft ist die im Markte Groß-Weikersdorf (oder in alter Zeit Weikersdorf am Wagram). Der Dorfname geht auf ei nen Witigo zurück und Weikersdorf wäre die Ansiedlung eines Mannes dieses Na mens. Der Dorfname ist möglicherweise von Ansiedlemim Deutschen Reiche oder von solchen südlich der Donau mitge bracht worden. Im Dorfe, das 1550 zum Markte geworden ist, wohnte ein zwi schen 1134 und 1220 öfters genanntes Edelgeschlecht. Es scheint in Beziehung zu den Herren von Seefeld,die gleichfalls im Göllersbachtale begütert waren, aber auch zu den Grafen Plain-Hardegg ge standenzu haben.Dessen Hausmagin der Nähe des Pfarrhofes zu suchen sein. Die Herren von Weikersdorf sind möglicher weise die Stifter des Georgigotteshauses und diesesistetwazuerst die Burgkapelle gewesen.Die 1733 bis 1740 durch den jet zigen Neubau ersetzte Kirche stand in ei ner sumpfigen Gegend,hatte aber gleich wohl eine Gruft. In dieser Gruft lagen: Hans Turzo auf Wiedendorf(gest. 1587), Benigna Turzo, geb. von Saurau, Gattin des Bernhard Turzo, und 1592 zu Wien verstorben Martin von Starhemberg(gest. 1599),Wolfvon Saurau(gest.1604)und der nach 12 Jahren ausgestandenen Wahn sinns 1627 gestorbene Wolf von Saurau der Jüngere. Nach dem Neubau der Kir-- ehe scheinen die Särge übertragen wor denzusein,1756abersind die Metallsärge, der Zentner per 37 Gulden,verkauft wor den. Die Herrschaft Grafenegg und das Konsistorium hatten zugestimmt, weil 44

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