Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Zum Überfall auf das eb. Palais, Oktober 1938 Gendarmeriepostenkommando Krum bach Bezirk Wr. Neustadt, Niederösterreich E. Nr. 1345. Kirchliche Verlautbarung politischen Inhaltes. An die Bezirkshauptmannschaft Krumbach,am 13. Oktober 1938. Wr. Neustadt Am 11. Oktober 1938 um zirka 7 Uhr wurde in der hiesigen Pfarrkirche vom Pfarrprovisor Philipp Hackl über Auftrag des Dekanates Wiesmath ein von dort durch Boten übermitteltes Schreiben,das den ÜberfaU auf das erzbischöfliche Pa lais zum Inhalte hatte, verlesen. Das Schreiben soß ferner am 16. Oktober 1. J. in der Kirche verlesen werden. Der Inhalt des Schreibens lautet wie folgt: Überfall auf das erzbischöfliche Palais Freitag,den 7.Oktober,nach dergroßen Jugendkundgebung im Dom zu St Ste phan,versuchte HJ in Uniform zu stören. Sprechchöre: Unser Glaube ist Deutsch land. Samstag, 20.30 Uhr, planmäßige An sammlungen in dichten Gruppen vor dem erzbischöflichen Palais. Auf Kommando Steinhagel. Alle Fensterscheiben des gan zen Gebäudes auf beiden Fronten kaputt (über50 Fenster),dabeiDeutschland-und Horst-Wessel-Lied. Dann das Tor des erzbischöflichen Pa lais auf dem Stephansplatz mit Brechei sen aufgesprengt. Die Menge stürmt den ersten Stock, wo sie in sämtßchen Räu men aßes zerschlägt und zertrümmert (Empfangszimmer, Kanzlei, Privatgemä cher). Zertrümmerte Tische, Sessel, Bil der werden mit Kleidern,Biretten,Tisch decken auf die Straße geworfen und dort angezündet. Dabei Deutschland- und Horst-Wessel-Lied mit erhobener Hand... Privatkapeße wird verwüstet und aßes zerschlagen. Kreuz,Altar,Luster,Bänke. Im ersten Stock ist aßes kaputt, ausge raubt und zerstört. Kardinal kommt am nächsten Tag zur Messe in den Dom nur im Talar.Hut,Mantel,Ring und Kettesind ihm gestohlen. Gleich zu Beginn wird Polizei A-i-22 an gerufen. Antwort: Kommen gleich. Kommen aber erst in 40 Minuten(!). Täter ziehen unbeheßigt ab. Einer wird verhaf tet. Zeremoniär Jachym wird verwundet. Sekretär Weinbacher woUen siezum Fen ster hinauswerfen. Hält sich aberam Fen sterkreuz fest. Möbel und Kleiderteile lie gen halb verbrannt aufder Straße.Im er sten Stock Papstbßder und Büsten zer trümmert und zerschlagen. Aße Räume gleicheneinem Trümmerhaufen.Sekretär Weinbacher summiert im letzten Augen blick des Eindringens in der Kapeße das Sanctissimum. Kammerdiener Martin wiß photographieren. Filme von der Polizei wegge nommen. Anschließend Uberfaß auf das Kurhaus. Tor geschlossen. Einbruch durch das Fenster. Tür von innen geöff net. DomkuratKrawarik wird vom ersten Stock durch das Fenster in den Hof ge worfen und liegtschwerverletztim Spital. AßeFensterim erstenStockzertrümmert. Keine einzige Sonntagzeitung bringt eine Nachricht von dem Überfaß! Frühmorgens wird aufder Straße aßes weggeräumt Rauchspuren an der Mauer weggewaschen.Splitter aus den Fenstern genommen.Aße müssen unterschreiben, nichts von der ganzen Sache zu sagen. Kardinal und die Priester weigern sich, Personal muß unterschreiben. Sonntag vormittag wird das Haus be setzt, die Räume versiegelt, aße konfiniert Niemand darf hinein noch hinaus. Kardinal Gefangenerim eigenen Haus... Unterschrift fehlt Der Messe wohnten zirka 50 Personen der hiesigen Bevölkerung, meist Frauen, bei. Die Stimmung der Kirchenbesucher war nach Verlesung dieses Schreibens äußerst gedrückt, viele davon haben ge weint und ihrer Entrüstung mit den Wor ten: Verbrecher,Horde,Bande usw.Aus druck verliehen. Die Stimmung in der hiesigen katholi schen Landbevölkerung ist ziemlich ge drückt Eine Kirchenbesucherin konnte in der Person der Pfarrwirtschafterin Wilhel mine Eihs ausgeforscht werden,die diese Hitlerjugend als Horde hinsteßte.Sie gab an,daß jemand auch die Hitlerjugend als Verbrecher hingesteßt habe, sie sich je doch nicht mehr erinnern könne,wer dies gesagt habe. Andere Kirchenbesucher konnten über derartige Äußerungen nichts Positives angeben. Gegen Wilhelmine Eihs wird wegen Be leidigung der Hitlerjugend die Anzeigean das Amtsgericht in Kirchschlag erstattet werden. Nationale: Wilhelmine Eihs,ohne Ruf namen,am 22. August 1878 in Wien gebo ren und zuständig,deutsche Staatsbürge rin,röm.-kath.,ledig,Pfarrwirtschafterin, in Krumbach-Markt Nr.1 wohnhaft, ist Absolventin der Volks- und Bürgerschule sowie des Lehrerinnenseminars, ohne Vermögen, hat einen Monatslohn von 20RM und voße Verpflegung, für nie mand zu sorgen. Eltern: Ignaz und Maria Eihs(beide gestorben),straflos. Auch gegen den Pfarrprovisor Philipp Hackl wird die Anzeige erstattet. Nationale: Philipp Hackl,ohne Rufna men,am 19. April 1906 in Lichtenegg,Be zirk Wr.Neustadt, Niederdonau,geboren und zuständig, deutscher Staatsbürger, röm.-kath., Priester, in Krumbach-Markt Nr.1 wohnhaft, ist Absolvent des Prie sterseminars, ohne Vermögen, hat ein monatliches Gehalt von 90 RM, für niemand zu sorgen. Eltern: Peter und Anna Hackl, straflos. Gleichschrift ergeht an die Geheime Staatspolizei, Kriminalpolizeisteße Wien, Außensteße Wr. Neustadt, und an das Landesgendarmeriekommando für Nie derdonau in Wien. Zum telephonischen Bericht vom 12. Oktober 1938. Unterschrift vmleserlich Rev.Insp. Anm.:Fried-Nachlaß Maria Unbefleckte Empfängnis Zur Geschichte der Heiiigenverehrung in der Landschaft zwischen der Schmida und dem Göilersbach Msgr.Karl Keck Am 8.Dezember 1854 verkündetePapst Pius IX. feierlich vor 54 Kardinälen, 42 Erzbischöfen, 92 Bischöfen und 50.000 Gläubigen aus der ganzen Weltin derPe terskirche das Gnadenprivilegium der se ligsten Jungfrau und Gottesmutter, daß Maria ohne Makel der Erbsünde sei. Aber schon lange vor diesem unvergeßßchen Tage, der in dem Aßerheiligentage 1950,' an dem Papst Pius XII. das Dogma von der leiblichen Aufnahme der Gottesmut ter in den Himmel verkündete,eine wür dige Ergänzung gefunden hat, war der Glaube von der Unbefleckten Empfäng nis in der ganzen Christenheit verbreitet und wurde das Fest überaß gefeiert. Die ersten Spuren des Festes lassen sich für das 8. Jahrhundert nachweisen. Im 13. Jahrhundertführten dieFranziskanerdas Fest für den ganzen Orden, 1647 Kaiser Ferdinand III. für Österreich und 1708 Papst Klemens XI. für die ganze Kirche ein;PiusXI.erhob eszueinem gebotenen Feiertage ijnd setzte in die Lauretanische Litanei die Anrufung: Königin,ohne Ma kel der Erbsünde empfangen, bitte für uns. Die Verehrung der Immakulata wurde noch besonders gefördert durch die Kundevon der ErscheinungderUnbe fleckten im Jahre 1858 zu Lourdes in Südwestfrankreich. Kirchen wurden diesem Feslgeheimnisse in unserem Räume nicht geweiht. Aber eine KapeUe entstand 1859 in Zaina (Pfarre Hausleiten). Der nicht ungefaßige Barockaltar trägt das Bild der Immaku lata und mag gleich den nicht mehr vor handenen Statuen der Heiligen Franzis kus und Antonius aus dem ehemaligen Kapuzinerkloster in Tuün stammen. Zahlreich sind hingegen die Bilder und Säulen der Unbefleckten. 41

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