Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

mirdasHerzzusammen,und während ich ihm laut vorbetete,krachten die Schüsse, und er war eine Leiche.In diesem Augen blick fiel der nebenstehende Gerichtsoffi zier ohnmächtig in den Schnee. Erst nachdem ich die Gebetefür den Unglück lichen verrichtete, kam besagter Haupt mann wiederzu sich und konnte den Tod konstatieren. Nach der Gefangennahme durch die Russen sagte ein ehemaliger Gerichtsoffizier zu mir:„Oft habe ich an Sie gedacht, da Sie in demMeervon Geistlosigkeiteine InseldesHaltes waren.Noch heute bin ich Ihnen für die öfteren Gespräche dankbar, da Sie sich meiner angenommen haben. Praktisch haben Siein mir auch den weit gehenden Entschluß gefestigt, den sinn losen Exekutionen einen Riegel vorzu schieben und dem Festungskommandan ten dieAufschiebung derExekutionen bis zum endgültigen Siege vorzuschlagen; damit hatte ich ja Erfolg,trotz der abwei senden Ansicht des Oberfeldrichters,und zwar auch noch in der Zeit,wo es allmäh lich dem Ende zuging. Ich hatte ja dann mitder Sache nichts mehrzu tun. Wir ha ben dadurch immerhin einer größeren Anzahlvon Menschen das Leben gerettet Auch mein Gewissen als Richter und als Mensch ist dadurch weniger beschwert Jedenfalls bin ich Ihnen sehr dankbar!" Besondere Aufmerksamkeit widmete ich den Abiturienten und den Studenten, die den Hörsaal mit der Front vertausch ten,und denjungen Akademikern,die be reits im Berufe standen; gerade sie emp fanden die veränderten Lebenslagen oft sehr schwer. Sie sehnten sich geradezu nach einem tröstenden Wort,nach einem „Stübchen des Vertrauens". Viel war ge wonnen, wenn sie im Kriegspfarrer den väterlichen Freund oder gar den Ver bands- oder Bundesbruder erkannten, dem sie alle Sorgen und Anliegen anver trauen konnten, bei dem sie auch für alle Fragen volles Verständnis fanden. Sie zeigten sich oftdankbar,indem sie mithal fen, den Gemeinschaftsgottesdienst zu ermöglichen,und indem sie in ihrer Ein heitin religiöser und moralischer Hinsicht ein vorbildliches Beispiel gaben.Das Ziel meiner militärseelsorglichen Tätigkeit war: aüen Kameraden alleszu werden,zu helfen, wo immer ich nur konnte. Ich nützte jede Gelegenheit aus, um für die Hebung des seelischen Wohles meiner Kameraden zu sorgen.Wenn es ging,hielt ich fast jeden Tag drei Feldmessen, je desmal bei einer anderen Einheit. Nach mittags waren es Truppenbesuche und Besuche in Feldlazaretten. Erst 1946 nahm ich Abschied von meinen Kamera den und kehrte nach Wien heim.Dankbar gedenke ich all dessen, was ich als Wehrmachtspfarreran Erfahrungen gesammelt habe,weil auch diese mich befähigen,die mir im Osterreichischen Kamerad schaftsbund anvertrauten ehemaligen Soldaten des Ersten und Zweiten Welt kriegessowie desBundesheeresim Geiste der Kirche und des Vaterlandes zu be treuen. Aiim.;P.HubertBraschkeSDS,geb.12.3. 1902in Ratibor,Schlesien,29.6.1935Prie ster, 10. 1. 1947 Pfarrverweser von Maus trenk,NO.,1.6.1973Dechantdes Dekana tes Zistersdorf,.NO.,Eb. Geistlicher Rat, Eb. Konsistorialrat. Personalstand der ErzdiözeseWien,1978,8.239,312,313,368. Das „quasi Todten-Protocoli" der Pfarre St. Michael In Wien 1433-1626 Dr.P. Waldemar Posch Das erst jüngst aufgefundene Extrakt, dasdie Sterbefälle der Jahre 1433 bis 1626 aus den alten Kirchenrechnungen enthält und daher nicht zu Unrecht auch „quasi Todten-Protocoli" genannt wird, ist zwar ein bescheidener, aber dennoch wertvol ler Behelffür die Familienforschung und sei deshalb vorgelegt. Um 1859 stellte der Wiener Wissenschaf ter Karl Lind Verzeichnisse der in der Michaeierkirche beigesetzten Adelsge schlechterzusammen.'Als Quelle dienten ihm die „diessfäßigen Todtenprotokolle" dieser Pfarre. Da Linds Aufzeichnungen mit dem 16. Jahrhundert beginnen, wäh rend das älteste Michaeler Totenprotokoll erst mit 7. Februar 1631 seinen Anfang nahm^,blieb es rätselhaft,welches Toten protokoll er benützt haben könnte. Bei Durchsichtderin einem Depotraum des KollegsSt.Michaelabgelegten Belege zu Kirchenrechnungen aus dem 19. Jahr hundert fand sich nicht nur das Konzept zum „Repertorium über das Archiv des CoUegii... errichtet Anno 1758"^, son dern auch ein .^Extract Aus denen alten Set Michaels in Wienn Kirchen-Rech nungen Von A°. 1433-1626, Welche Ver storbene Persohnen Nemblichen darinn Bennenet seynd,Von denen eine gebühr, weillen Sie alda Begraben worden. Ver rechnet wird. Und die zwar eines quasi Todten-ProtocoUszu gebrauchen,Weißen sonsten Von Bemelten Jahren keines vor handen ist*"'. DasowohldasRepertorium alsauch der Ejrtrakt die gleiche Handschrift und das gleiche Format aufweisen, so kann als Entstehungszeit des „quasi Todten-Protocolls" 1757/58 angenommen werden.® Der Extrakt konnte nämlich hur ab Mitte des 18.Jahrhunderts verfaßt worden sein und nicht schon früher, weil erst ab 1750 den Barnabiten die hiezu erforderlichen Archivalien zur Verfügung standen. Bis 1626 wurde dasKirchenvermögen von St. Michael von einem Kirchmeister,der Mit glied des Wiener Stadtrates war,verwal tet. Aus diesem Grund betrachtete sich der Wiener Magistrat- auch nach Uber gabe des Kirchenvermögens an die Bar nabiten -zuständig für die archivalische Verwahrung der Kirchenrechnungen aus d^'Zeitvor 1626.Dahaifen auch nicht die Krieg verlorenSorgen der Feld priester Wien,am 24.Jänner 1923 Euere Eminenz! Ich bin 69 Jahre alt, 46 Jahre Priester, Feldsuperior der ehemaligen österreichi schen Armee im Ruhestand, und wohne seit dem Jahre 1916 in Wien II, Volks wehrplatz 20,woich in der Jubiläumskir che der Trinitarier in der Seelsorge aus helfe. Ich lebe nur von meiner geringen Mili tärpension und den Meßstipendien. Seit dem Kriege warich nichtin derLage,mir das Notwendigste anschaffen zu können. Und da wende ich mich an Euere Emi nenz mit der innigsten Bitte, mir von der Hilfsaktion für bedürftige Priester eine Unterstützung gnädigst angedeihen las sen zu woUen. Euerer Eminenz gehorsamster Josef Charvät* Feldsuperior i. R. tit Konsistorialrat Wien II, Volkswehrplatz 20. Anm.: Handschriftlich: 10 DoUar sen den. 25. I. 23. Piffl ♦ Diözese Brünn, geb. 1854 in Kl.-Bukowin in Mähren,Pr. 1877. kaiserlichen Dekrete und Regierungsbe fehle vom 31. Juli 1626 bis 4. Februar 1660*', die den Magistrat aufforderten, die Archivalien den Barnabiten zu überge ben. Erst unter Karl VI. und seiner Tochter Maria Theresia erhoben die Barnabiten erneut mit Nachdruck ihre alten Forde rungen. Es kam zu einer Reihe von Pro zessen, die von 1729 bis 1750 dauerten"'. Zunächst erhielten sie meist nur vidimierte Abschriften von Urkunden. End lich übergab der Wiener Magistrat am 29. Oktober 1750 auch die Original-Kirchen rechnungen®, die bei der Wiener StadtBuchhalterei gewesen waren. Sie umfaß ten die Jahrgänge 1433 bis 1625 und wie sen zahlreiche Lücken auf. Es fehlten die Jahre 1438-1443,47,49,59,67,99'. Derzeit ist auch über den Verbleib der Kirchen rechnungen von 1513 bis 1539 nichts be kannt'" BeiderRekonstruktion des„quasi Tod ten-ProtocoUs" schöpfte der Verfasser seine Angaben aus den in den Kirchenrechiiungen verzeichneten Einnahmen aus den Begräbnissen. Dies war um so leichter, als ihm meistens ein gut geglie derter Kontenrahmen zur Verfügung stand. Als Beispiel mag der des Kirchmei sters PaulHiersch aus dem Jahre 1594 ge nommen werden": „Raitt Resst(Kassa rest vom Vorjahr); Empfang der Remanenntz (Zahlungsrückstände); Empfang des VerfaUnen Purckhrecht tzünß; Emp fang der Grundtdiennst von Weingartten, Ackher und Holden auch gwör(Gewähr « rechtskräftig gesicherter Besitz) und Satzgeldt (vertraglich festgelegte Zinsen 35

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