Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

lassen,es wurden Wohnungen und Büch senmacher-Werkstätten adaptiert. Das Kircheninnere wurde durch Dippelbäumein dreiEtagenfür dieseZweckege teilt. Der alte Stich der Sebastianikirche zeigt diese adaptierte Dreigliederung an der Straßen- und Ostfront der Kirche, es fehlt auch das Marktwappen. Vermutlich ist die heutige Fassade 1892 hergestellt worden. Diese Angaben ermöglichen die Datierung des Stiches für den Zeitraum von 1784 bis 1798. Bei der Sperre der Kirche wurden fol gende Bestimmungen erlassen; Die wei teren Einkünfte verbleiben dem Bürger spital'; die vorhandenen Paramente sind derPfarrkirchezu übergeben,licitandozu verkaufen und zur Kirche zu verrechnen. Die Orgel wurde verkauft,vom Ertrag er- . hält die Kirche200 fl,den Resterhält Herr J. Magner,welcher seinerzeit mit diesem Betragzum Ankaufder Orgel beigetragen hat.Die Altäre sind,,gleichmäßig"zu ver kaufen;derFrauenaltarverbleibtden Spi talsangehörigen. Die Reparaturen an der Kirche sind vom Bürgerspital zu leisten; Gottesdienste in ihr oder ein solcher bei der Wiedereröffnung werden von der Pfarrkirche mit den erforderlichen Para menten „derleihen".® Im Jahre 1785 wurde lt. Kirchenrechnungen im Dechantshof (Pfarrhof) altes Inventar der Sebastianikirche licitando verkauft: 1 Gelübdekerze,23Pfd.schwer.15 fl 20 k; alte Kirchenrequisiten 35 fl 5 kr 1 Bild ausderKirche 4fl22kr Ziegelabfallvon den Altären . 4fl -kr Altarkastl und„Steiner" 10 fl -kr Reblwachsvon den Kerzen, . 3fl50kr Zufolge einer Reg.-Verordnung vom 15. März 1787 wurden 14 Kirchenbänke un entgeltlich der Pfarre Weidendorf, Bez. Matzen, und die zwei Glocken der Pfarre Deinzendorf, Bez. Retz, übergeben.® Die Sebastianikirche 1784 bis heute 1784-1870 wurden die Kirche und das Bürgerspitalfür militärische Zwecke verwendet. 1798 kam die Kirche an das Kammeramt Stockerau, welches an der Turmfas sade das Marktwappen anbringen ließ.® Von 1870 bis 1872 diente die einstige Kir che weiter profanen Zwecken: sie wurde als Depot und Lagerraum ver wendet. 1892 fand die Sebastianikirche wiederre ligiöse Verwendung: Mit Unterstüt zung des Ministeriumsfür Kultus und Unterricht wurde sie von den Archi tekten Schön,Wien,und vom Stocke rauer Baumeister Fr. Klobassa reno viert und für die Dauer von 50 Jahren der evangelischen Kirchengemeinde vermietet.®Am 29.Juli1892wurdedie Kirche feierlich eingeweiht und der evangelischen Pfarrgemeinde über geben. 1941 bis heute: Nach Beendigung des Mietverhältnisses fand keine Verlän gerung des Vertrages statt, da die evangelische Kirchengemeinde an dernorts für ihre religiösen Zwecke eine Baulichkeit erworben hatte. Die Sebastianikirche wurde wieder pro faner Verwendung zugeführt: als De pot der Stadtgemeinde, als Lager raum für Geschäftsleute. 1954 und 1980/81 wurde die Baulichkeit von der Stadtgemeinde restauriert. Nach dem 6.November1938sollte die Sebastianikirche abgetragen werden. Ein Gutachten des Amtes für Denk malschutz,Wien,erklärte sie aber als „wertvolles Baudenkmal". So blieb die Sebastianikirche vor der Spitz hacke verschont und Stockerau als bedeutsames Kulturdenkmal erhal ten.' Die Sebastianikirche ist nicht nur ein sehenswertes, wertvolles Baudenkmal, sie ist auch ein schönes Motiv in unserer Stadt, das durch Maler wiederholt darge stellt wurde. Dr. Hans Krehan zählt im Heimatspiegel 1972,Heft 2/3r,solche Dar stellungen auf: Friedrich Hestera, Ölge mälde, im Bezirksmuseum Stockerau; Prof. Emil Rizek,Privatbesitz,in Stocke rau;Starzer,Geschichte derStadt Stocke rau, S. 185 und 310; 1843, 50 Jahre Stadt Stockerau, alter Stich der Sebastianikir che aufAnsichtskarten von Stockerau. Im Jahre 1990 blickt die St.-Sebastiani-Kirche auf 300 Jahre bewegte Vergan genheit zurück. Das schöne spätbarocke Kulturdenkmal,eine bauliche und histo rische Zierde unserer Stadt, hätte ein würdigeres Schicksal verdient,als ihm in den letzten 40 Jahren zuteil wurde.Würde sich die Räumlichkeit der Sebastianikir che nicht als Ausstellungsraum,wie etwa es die Dominikanerkirche in Stein tut, verwenden lassen? Auf dem kulturellen Sektor mangelt esin Stockerau an einem geeigneten Ausstellungsraum! Eine „Wiedergutmachung" zum 300. Gedenk tag sollte erwogen und verwirklicht wer den! Literaturnachweis 'Pfarrarchiv, Pfarrchronik, Kirchen rechnungen Stockerau: 1415/44/1690, III/88/1746, II 89/1748, VI/75/1783, VI/126/1783,N 10/1825,N 61/12/1712,1723, N 74/1768-1770; 1776, 1783/84. ® Diözesanarchiv, Wien: Faszikel 1658, 29.III; 1637; 1690; 1732,30.1. ® Dr. A. Starzer, Geschichte der Stadt Stockerau: S. 184, 257, 267, 314, 315, 330, 331,334. 'Heimatbuch des politischen Bezirkes Korneuburg: II. Bd.,S.268. ® Führer durch die Lenaustadt,S.38. ® Führer durch die Kirche Stockerau, S. 14. 'Dr. Krehan, Geschichte von Stocke rau, S.228. ® Hugo Nikel, Kartei. ® P. Koller, Kirchliche Heimatkunde Nö,S.224. '° Dehio NO,S.339. '' Franz Eppel, Kunst im Lande rings um Wien,S256. '® Peter Manns,Die Heiligen, S.86. '® Dr.JosefHochleitner,Deine Schutz patrone,S.128. Unsere Stadt, 1972/2. '® 80Jahre StadtStockerau,Festschrift, S.77. Gerhard Winner, Die Klosteraufhe bungen,S. 151. Heinrich Suso Waldeck. Ein vergessener Priester-Dichter? Heinrich Suso Waldeck: Ein fast ver schollener Name, nur noch von wenigen erinnert; ein Christ,der um Gott rang wie Jakob mit dem Engel; eine Menschen seele voll „dunkler Originalität"(Rudolf Henz); erdhaft schweren Leibes und gleichzeitig von einer Geistigkeit, in der „Wort und Logoseins"wurden: Verweht, vergessen,im toten Winkel wesend. Aldemar Schiffkorn holt ihn aus dieser Verschollenheit herauf, zeichnet seinen Wegnach,den Lebensweg eineszwischen Lichtund Finsternis,eines mitWirrnissen Geschlagenen ebenso wie eines mit Hell sicht Begnadeten. Er hieß August Popp, nahm den Namen des Mystikers Heinrich Seuse, latinisiert: Suso, an, dem er den Namen mütterlicher Ahnen,Waldeck,an fügte.Der,schonfünfzig und ein Fertiger, vor die Öffentlichkeit trat und „die Spu ren seiner Entfaltung hinter sich ver wischt hatte"; der zu kurzem Ruhm und hohen Ehrungen:Künstlerpreis der Stadt Wien 1928, Großer Österreichischer Staatspreis 1937, kam und bald darauf vom NS-Regime verschwiegen und in die Lautlosigkeit gedrängt wurde... Diesem geheimnisvollen,zeitweise me lancholisch verschatteten,in derStilledes Mühlviertier Dorfes St. Veit beendeten Leben in allen seinen erfaßbaren Ab schnitten ist Aldemar Schiffkom, hoher Beamter der oö. Landesregierung, Initia tor des Adalbert-Stifter-Institutes des Landes Oberösterreich, dessen jahrelan ger Leiter,Leiter auch des Landesinstitu tesfür Volksbildung und Heimatpflege,in jahrzehntelanger Forschungsarbeit nach gegangen und hat die Ergebnisse in der Monographie,die eine Verszeile des Dich ters als Titel trägt, niedergelegt Er hat viele verschollene Bild- und Schriftzeug nisse zusammengetragen und diese der Mit- und Nachwelt überliefert. Es ist ein Buch der Fakten, ein wissenschaft lich-sachliches Werk. Heinrich Suso Waldeck lebte von 1873 bis 1943,Er wurde in Wscherau,Kreis Pil sen, Egerland, geboren, maturierte in Komotau, wurde 1896 Theologiestudent im Redemptoristen-Colleg Mautern,legte 1897 das Ordensgelübde ab und empfing 1900 die Priesterweihe.Zu dichterischem Schaffen fühlte er sich schon in jungen Jahren hingezogen, doch trat er erst 1925 zum ersten Mal miteinem Buch in die Öf fentlichkeit. Einen bedeutenden Erfolg erzielte Suso Waldeck mitdem Lyrikband „Die Antlitzgedichte", denen drei Aufla gen beschieden waren. Sein kräftig und stämmig scheinender Körper war aber sensibel und anfällig und schon in mittle29

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